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Verlassene Gefängnisinsel Santo Stefano

Das „Alcatraz von Italien“ soll zur Touristen-Attraktion werden

„Alcatraz von Italien“
Die verlassene Gefängnisinsel San Stefano nahe Neapel gilt als das „Alcatraz von Italien. Jetzt soll sie für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Foto: dpa picture Alliance
Angelika Pickardt
Redaktionsleiterin

17. Juni 2021, 14:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Wegen ihrer abgeschiedenen Lage im Meer und der schroffen Felsen, die Fluchtversuche nahezu unmöglich machten, gilt die Gefängnisinsel Santo Stefano bei Neapel auch als das „Alcatraz von Italien“. Nun soll das verlassene Gefängnisgebäude saniert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Pläne im Detail.

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Bereits 1965 wurde der hufeisenförmige Gefängniskomplex auf Santo Stefano geschlossen und ist seitdem verlassen. Nun gibt es Bestrebungen, das Gebäude zu sanieren und die Insel für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wie die italienische Zeitung „Latina Corriere“ berichtet. Dringend benötigte Instandhaltungsmaßnahmen sind demnach bereits erfolgt. Zudem hat die Regierung weitere Gesamtinvestitionen von rund 42 Millionen Euro genehmigt, mit denen das „Alcatraz von Italien“ in einen Besucher-Magneten umgewandelt werden soll.

Derzeit sucht man dem Bericht zufolge in einem Wettbewerb nach den besten Ideen zur Restaurierung des Gefängnisses. Dabei sollen nicht nur architektonische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Die Sanierung und Zugänglichmachung der Insel sollen auch möglichst umweltschonend erfolgen.

Santo Stefano Italien
Blick von der knapp zwei Kilometer entfernten Insel Ventotene auf Santo Stefano Foto: dpa picture Alliance

Die Geschichte des „Alcatraz von Italien“

Schon in der Antike nutzten die Römer die rund 40 Kilometer vom italienischen Festland entfernte Insel Santo Stefano und die größere Nachbarinsel Ventotene als Deportations-Ort für Verbrecher und politische Widersacher. Ende des 18. Jahrhundert ließ Ferdinand IV. auf Santo Stefano einen Gefängniskomplex mit 99 Zellen errichten. In den folgenden Jahrhunderten saßen dort zahlreiche Straftäter und Gegner des Königshauses ein, unter anderem Gaetano Bresci, der im Jahr 1900 den italienischen König Umberto I. erschossen hatte.

Die „Associazione per Santo Stefano in Ventotene“, die sich für den Erhalt und Wiederbau des Gefängnisses einsetzt, hat eine historische Abhandlung über die Insel geschrieben. Darin heißt es, dass jede Zelle 4,50 x 4,20 Meter groß war und kleine vergitterte Fenster hatte. In der Mitte des Innenhofs stand eine sechseckige Kapelle. Die Insassen konnten die Messen durch das kleine Guckloch in ihren Zellentüren verfolgen. Zudem gab es im Erdgeschoss zwei fensterlose Zellen, die zur Isolierung und Bestrafung von besonders gefährlichen oder widerspenstigen Sträflingen genutzt wurden.

Durch die Struktur des Gebäudes, die an ein Amphitheater angelehnt ist, war eine permanente Überwachung der Gefangenen gewährleistet. „Man hat versucht, bei den Gefangenen einen Zustand der Angst und des permanenten Unbehagens zu erzeugen“, schreibt die „Associazione per Santo Stefano in Ventotene“. Und weiter: „Der kleinste Verstoß gegen die strenge Disziplin konnte leicht entdeckt werden und führte zu einer körperlichen Bestrafung. Die psychologische Bestrafung entstand durch das Gefühl der ständigen Überwachung.“

Zeitweise mehr als 1000 Insassen im „Alcatraz von Italien“

Eigentlich war das Gefängnis von Santo Stefano für maximal 500 Insassen ausgelegt. Zeitweise saßen dort jedoch mehr als 1000 Verurteilte ein, also acht bis zehn Häftlinge pro Zelle. Luigi Podda, der einst eine lebenslange Haftstrafe auf Santo Stefano absaß, schreibt in einem Buch über diese Zeit: „Man kam auf den Gedanken, dass es weniger schmerzhaft wäre, zum Tode verurteilt zu werden. Lieber direkt zu sterben, als Tag für Tag aufs neue zerstört zu werden, ganz ohne Hoffnung.“

Wie viele geglückte oder missglückte Fluchtversuche es von der Gefängnisinsel gab, ist nicht bekannt. Die Zeitung „L’Isclano“ beschreibt aber einen besonders spektakulären Fall aus dem Jahr 1956. Damals gelang es dem wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten Insassen Giovanni Scalfi, mit einem Bettlaken aus dem Gefängnis zu entkommen. Er schwamm bis zur Nachbarinsel Ventotene und schlich sich dort auf ein Segelboot. So gelangte er bis auf die Insel Ischia. Aber Pech für Scalfi: Am Strand wartete bereits die Polizei auf ihn.

Alcatraz von Italien
Diese Aufnahme zeigt das bereits stark verfallene Gefängnis auf Santo Stefano im Jahr 2011 Foto: dpa picture Alliance
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Zunehmender Verfall

Im Jahr 1965 dann wurde das Gefängnis geschlossen. Seit mehr als 50 Jahren ist es nun den Witterungsverhältnissen und Vandalismus ausgesetzt und verfällt zunehmend. „Das Gefängnis befindet sich in einem Zustand völliger Verwahrlosung“, schreibt die „Associazione per Santo Stefano e Ventotene“. Überall sehe man bröckelnde Wände, abgerissene Türen und Gitter. Ein Teil des äußeren Rundbaus der Strafzellen sei eingestürzt, überall wuchert Unkraut. Auf den Pflastersteinen, die zum Gefängnis führen, sind noch die Namen früherer Insassen eingeritzt.

Nun also soll dem „Alcatraz von Italien“ wieder neues Leben eingehaucht werden, aber ein fröhliches, offenes Leben. Dennoch soll an die Jahre von Santo Stefano als Gefängnisinsel erinnert werden, um die Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Wann die ersten Besucher auf die Insel werden kommen können, ist noch unklar. Derzeit wird laut „Latina Corriere“ noch eine Umweltverträglichkeitsanalyse für das Sanierungsvorhaben erstellt sowie ein erster Anlegesteg gebaut, über den man leichter auf die Insel gelangen soll.

Themen Italien
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