31. Juli 2023, 6:43 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Immer wieder wird darüber spekuliert, ob das Schloss Tintagel im englischen Cornwall der Geburtsort des legendären Königs Artus gewesen sein könnte. Quellen, die dies behaupten, führen zurück bis ins 12. Jahrhundert. Eine andere Sagengestalt soll sogar bis heute hier leben. Doch was ist dran?
Hoch über der schroffen Küste von Cornwall erheben sich die Ruinen einer Festung, um die sich seit fast 800 Jahren eine Legende rankt. Denn immer wieder wurde bereits ab dem 12. Jahrhundert darüber spekuliert, ob Schloss Tintagel der Geburtsort des legendären Sagenkönigs Artus sein könnte. Noch heute fasziniert die Geschichte, und lockt jedes Jahr unzählige Touristen aus aller Welt nach England.
Laut dem „English Heritage Trust“, der den Ort heute verwaltet, erwähnt zum ersten Mal der Kleriker Geoffrey de Monmouth in seinem Buch „History of the Kings of Britain“ Schloss Tintagel als Artus Geburtsort. Demnach habe dessen Vater Uther Pendragon hier mit der Hilfe des Zauberers Merlin die Ehefrau eines seiner Kontrahenten verführt. Aus dieser Verbindung sei dann Artus hervorgegangen. Vermutlich wählte der Autor Tintagel als Schauplatz seiner Geschichte deshalb aus, weil der Ort schon seit dem 5. Jahrhundert von größter Bedeutung gewesen war.
Handelsplatz und Herrschersitz
Denn bereits ab dem Jahr 450 ist ein reger Handel von Tintagel aus mit zahlreichen Häfen im gesamten Mittelmeerraum belegt. Damals stand auf der gleichnamigen Halbinsel eine befestigte Siedlung, gut gesichert gegen potenzielle Feinde. Funde aus dieser Zeit bezeugen einen Import von Wein und Öl. Diese Güter wurden von Tintagel aus auf die gesamte Insel gebracht. Der Ort diente wohl auch als einer der Sitze der Herren von Dumnonia, die zur damaligen Zeit über die Regionen Devon und Cornwall geboten.
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Vermutlich deshalb spielt ein Schloss Tintagel auch noch in einem anderen mittelalterlichen Epos eine zentrale Rolle, nämlich in „Tristan und Isolde“. Dort wird es als Hof von Tristans Onkel angeführt, König Marc von Cornwall. Doch dass sich bis heute die Legende gehalten hat, es könnte der Geburtsort von König Artus gewesen sein, ist vermutlich vor allem einem geschäftstüchtigen Adligen zu verdanken.
Fester Platz in der englischen Literatur
Denn Fakt ist, das heutige Schloss Tintagel wurde erst ab 1225 überhaupt gebaut, und zwar von Richard, dem Earl von Cornwall. Dieser sah mutmaßlich bereits damals ein erhebliches touristisches Potenzial darin, seinen Herrschaftssitz auf diese legendäre Art und Weise zu überhöhen. Und seine Rechnung ging auf: 1480 erwähnt der Autor William Worcestre Schloss Tintagel sowohl als Zeugungs- als auch Geburtsort von König Artus. 1650 findet sich in der englischen Literatur für Tintagel dann erstmals die Bezeichnung „König Artus‘ Schloss“.
Eine beachtliche Entwicklung, vor allem angesichts der Tatsache, dass es den König Artus aus den Sagen vermutlich nie gegeben hat. Dennoch hat Schloss Tintagel heute seinen festen Platz in der englischen Literatur. Dichter wie Tennyson und Hardy erwähnen es in ihren Werken. Und auch die touristischen Webseiten „Visit Cornwall“ sowie „Visit Britain“ liebäugeln mit der Geschichte – und bieten sogar noch eine weitere: Denn einer anderen Legende nach soll eine zweite Sagengestalt sogar immer noch hier leben.
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Heimat einer weiteren Sagengestalt
Die Rede ist von dem Zauberer Merlin, der bis heute die Fantasie unzähliger Menschen mindestens ebenso anregt wie König Artus. So heißt ein Ort nahe Schloss Tintagel am Meer Merlins Höhle. Dem Glauben nach soll hier immer noch der mythische Magier sein Zuhause haben. In der gut 100 Meter langen Höhle befindet sich laut „Atlas Obscura“ sogar ein in Stein gehauenes Bild von Merlin. Allerdings wurde dies im Auftrag lokaler Behörden von einem Künstler geschaffen, um den Sagen-Tourismus noch weiter zu befeuern.
Nimmt man einige Kommentare auf dem Portal Tripadvisor als Grundlage, funktioniert das auch bestens. „Der Ort ist wirklich magisch“, schreibt ein Nutzer. Ein Zweiter meint: „Ich habe die Geschichte und Erhabenheit des Schlosses wirklich genossen.“ Allerdings gibt es auch zahlreiche Beschwerden über die Eintrittspreise. Die sind mit bis zu 16 Pfund (gut 19 Euro) für einen Erwachsenen wirklich nicht eben günstig. Das Geld wird aber auch dazu verwendet, um Schloss Tintagel zu erhalten. Und damit auch eine echte englische Legende.