27. Oktober 2022, 8:30 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Eine Insel im äußersten Norden Schottlands, deren gefährliche Gewässer es beinahe unmöglich machen, sie per Schiff zu erreichen. Eine alte Legende von Menschen raubenden Meeresdämonen. Und Touristen, die auf unerklärliche Weise verschwinden. TRAVELBOOK erzählt die spannende Geschichte von Eynhallow.
Der Name der Insel, die gespenstisch aus den Nebeln der schottischen Nordsee ragt, kommt aus dem Altnordischen und bedeutet: „Das heilige Eiland.“ Doch für die wenigen Menschen, die auf den schroffen Orkneyinseln leben und die Silhouette des winzigen Eilands von Weitem erkennen können, ist Eynhallow eher ein Ort des Grauens als ein Ort des Gebets.
Laut den alten Sagen, die die schottische Website Orkneyjar in Kooperation mit der Orkney Heritage Society auf ihrer Website nacherzählt, soll hier früher das sagenumwobene Finfolk gelebt haben: dämonische Meeresmenschen, die ihre Gestalt ändern und sich unsichtbar machen können. Ungesehen sollen sie nachts die Männer und Frauen der Orkney-Inseln entführt haben, um sich mit ihnen zu vermählen. Die Zwangsverheirateten wurden der Legende nach bis zum Rest ihres Lebens im Reich des Finfolks gefangengehalten und wie Sklaven behandelt.
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Mysteriöses Verschwinden auf Eynhallow
Kein Wunder, dass es auch heute nur einmal im Jahr ein Boot gibt, das neugierige Besucher auf die Insel bringt, die seit einer rätselhaften Epidemie im Jahr 1851 unbewohnt ist. Denn obwohl die Sage so weitergeht, dass ein mutiger, schottischer Bauer die Insel von den düsteren Meeresbewohnern befreit hat, um sich für die Entführung seiner Ehefrau zu rächen, kommt es immer wieder zu unerklärlichen Vorfällen. So wurden zum Beispiel am 14. Juli 1990 zwei Besucher bei der jährlichen Überfahrt nach Eynhallow beim Einstieg gesehen und gezählt, beim Rückweg von der Insel jedoch als vermisst gemeldet. Trotz eines riesigen Sucheinsatzes konnte man keine Spur von den beiden Touristen finden.
Der Fall wurde nie richtig aufgeklärt. Die Realisten unter den Passagieren des damaligen Ausflugs erklärten den Vorfall schlicht damit, dass beim Einstieg falsch gezählt worden war. Andere munkelten, dass das Finfolk dahinter steckte. Dieser Mythos hält Neugierige aber nicht davon ab, weiterhin nach Eynhallow zu fahren.
Nicht mit dem eigenen Boot nach Eynhallow anreisen!
Der einzige Anbieter, der das möglich macht, ist die Orkney Heritage Society. Jedes Jahr bietet sie für Neugierige an einem Tag im Juli eine Fahrt auf die Insel an. Wer diese verpasst, sollte aufpassen. Zwar sind private Erkundungstouren nicht verboten, doch es wird dringend davon abgeraten: Wer die stürmischen Gewässer, die die Insel umgeben, nicht seit Kindesbeinen kennt, der geht bei der Seereise mit einem gemieteten Boot ein großes Risiko ein – es droht Lebensgefahr.
Der Archäologe Dan Lee von der University of the Highlands and Islands ist einer der wissenschaftlichen Begleiter und Führer dieser Touren. Er sagte der BBC in einem Interview, dass die Einwohner der Orkney-Inseln glauben, dass Eynhallow immer noch zwischen beiden Welten existiere: einer unsichtbaren Sphäre der Meeresmenschen und unserer sichtbaren Welt. Dementsprechend glauben auch immer noch viele Orkney-Bewohner an die Existenz des Finfolks.
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Unerforschte Ruinen auf den Orkney-Inseln
Ein Paradies ist die Insel dagegen für Wissenschaftler. Zahlreiche Ruinen uralter Gebäude wurden auf der Insel gefunden, Ruinen, die noch immer nicht vollständig erforscht wurden. So zum Beispiel eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert, über die es seltsamerweise keinerlei Erwähnungen in den Geschichtschroniken der Orkney-Inseln gibt, aber auch Reste von Mauern, die bis weit zurück in die Steinzeit reichen.
Außerdem ist die Insel ein Refugium für seltene Vögel, da Eynhallow durch die abschreckenden Legenden und die Isolation durch das raue Wetter ein gutes Refugium für Tiere bietet. So befindet sich auf Eynhallow unter anderem eine der größten Sturmvögelkolonien der britischen Inseln.