27. Oktober 2020, 15:56 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Der Begriff „Quarantäne“ ist wohl spätestens seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang dieses Jahres jedem ein Begriff. Entstanden ist er bereits im Mittelalter, als die Pest in Europa wütete. TRAVELBOOK erklärt die düstere, aber dennoch revolutionäre Geschichte dazu, die in Venedig spielt.
Wir schreiben das Jahr 1348. Ganz Europa kämpft mit der Pest. Millionen Menschen sterben in London, Wien, Paris und auf dem gesamten Kontinent. Die schon damals eng bebaute Hafenstadt Venedig leidet ganz besonders stark unter der Epidemie, denn sie lebt vom Handel und empfängt ständig neue Schiffsfahrer, die potenzielle Überträger der Krankheit sind. Vor der Pest können sich die Einwohner Venedigs kaum schützen, immer mehr erkranken und sterben. Neben Friedhöfen sollen sich auch Haushöfe, Plätze und Kirchhöfe in Venedig mit Leichen gefüllt haben, heißt es.
Revolutionäres Quarantäne-System
Um der Situation Herr zu werden, brachte man weitere Sterbende zunächst auf eine Insel vor der Stadt. Allerdings hatte man aus früheren Pestwellen gelernt und wusste, dass die Krankheit so nicht besiegt werden konnte. So wurde eine Konsequenz gezogen: Man führte zusätzlich die Quarantäne ein. Im 15. Jahrhundert wurden in Venedig zwei Inseln dafür genutzt, Menschen und Waren unterzubringen, die die Pest in die Stadt bringen könnten. Ein revolutionäres System, das zwischen Personen unterschied, die sicher oder nur vielleicht erkrankt waren, wie „Spiegel Online“ schreibt.
Lazzaretto Vecchio, die Insel der Kranken
Das Lazzaretto Vecchio wurde 1423 auf einer abgelegenen Insel errichtet. Sie wurde zur Insel der Kranken, hier kamen jene Menschen hin, deren Symptome klar auf eine Pesterkrankung deuteten. Wurde man aber als Gesunder auf die Quarantäne-Insel geschickt, bedeutete das den sicheren Tod. Das berichtete der Historiker Romedio Schmitz-Esser in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“. Er ist Leiter des Deutschen Studienzentrums in Venedig und forscht dort zur Geschichte und Kultur der Lagunenstadt.
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Lazzaretto Nuovo, die Quarantäne-Insel
Standen Personen jedoch nur unter Pestverdacht oder kamen aus einer Gegend, von wo aus sie die Krankheit möglicherweise einschleppen könnten, wurden sie auf eine andere Insel geschickt, die man Lazzaretto Nuovo taufte, z. Dt.: Neues Lazarett. Dieses Eiland diente als Quarantäne-Station – die Menschen, die dorthin kamen, mussten zunächst in Essig baden und wurden dann in kleinen Wohnhäusern untergebracht.
Das Hauptgebäude der Quarantäne-Insel, Tezon Grande, ist noch heute erhalten. Die 100 Meter große Halle ist extra so gebaut worden, dass jederzeit frische Luft hineinströmen konnte. In Zeiten der Pest wurden hier die Ladungen der Schiffe desinfiziert und mit dem Rauch von Rosmarin, Wachholderbeeren und würzigen Kräutern „behandelt“. Wer nach 40 Tagen auf der Insel keine Pest-Symptome zeigte, durften in die Stadt zurückkehren.
Woher kommt das Wort Quarantäne?
Das Wort Quarantäne leitet sich übrigens von der italienischen Übersetzung der Zahl 40 – quaranta – ab. Warum? Eben weil sich die Besatzung der ankommenden Schiffe genau 40 Tage lang isolieren musste. Diese mutmaßliche Inkubationszeit wurde frei gewählt, einen wissenschaftlichen Hinweis dazu gab es nicht, so „Spiegel Online“.