10. Januar 2018, 13:04 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
In den 1950ern-Jahren fuhren Italiener, die etwas auf sich hielten, in den Urlaub nach Milano Marittima. Der Badeort der durch den Salzhandel reich gewordenen Kleinstadt Cervia an der Adria war der Treffpunkt der Schickeria: Die Urlauber wohnten in von Pinien gesäumten Villen, direkt vor der Haustür lagen die schönen Strände der Romagna mit ihren malerischen Salinen und Gondeln, Luxushotels, edlen Restaurants, und schließlich dem berühmten Woodpecker Night Club mit seiner futuristischen Kuppel als Tanzfläche, die man den „Dom“ nannte.
Die ausgelassenen Partys, die hier gefeiert wurden, waren bald so berühmt, dass Italiener aus allen Teilen des Landes in den Norden reisten, um den Nachtklub zu erleben. Das soll damals den Anwohnern aber zu viel und zu laut gewesen sein, berichtet unter anderem „Atlas Obscura“. Also sollte die Disco mit ihren Partygängern ein bisschen weiter ins Landesinnere verlegt werden. Ein Architekt sollte das neue Gebäude entwerfen, sein Wunsch: eine runde Konstruktion, umgeben von Wasser, in dem Krokodile schwimmen. Bis auf die Krokodile wurde auch alles in die Tat umgesetzt.
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1968 eröffnete der Woodpecker Club schließlich wieder, es wurde jetzt drinnen und draußen getanzt und gesungen, niemanden störte es mehr – doch das Ende kam trotzdem! Mitte der 1970er-Jahre kam es nach einem Kurzschluss in einer Toilette zu einem Brand, wie der Blog „Cervia e Milano Marittima“ berichtet. Rasch soll sich das Feuer ausgebreitet und das gesamte Areal niedergebrannt haben. Nachdem die Flammen gelöscht waren, stand nur noch der Dom. Und heute? Der See ist mittlerweile ausgetrocknet, die Ruinen um den Dom herum von Pflanzen überwuchert. Innen sieht der einstige Woodpecker Night Club heute aus wie ein verrostetes und verwunschenes Himmelszelt.
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Nach dem Unglück wurde es still um den einst legendärsten Ort von Milano Marittima – bis ihn in den 1990ern-Jahren ausgerechnet Untergrundkünstler, Sprayer und Partymacher die eigenwillige Location für sich entdeckten. DJs veranstalteten illegale Raves, und mit der Technoszene wurden auch Graffitikünstler auf die verlassene Disco aufmerksam. Darunter auch der berühmteste Sprayer Italiens: der mysteriöse Blu. Von dem weltweit gefeierten Künstler weiß man wenig: Er hält seine Identität geheim.
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Vom Reichenklub zum Techno-Untergrund
Blu bearbeitete die ganze Kuppel des Woodpecker Night Club mit einem Reigen aus fantastischen Figuren, die halb Tier, halb Maschine zu sein scheinen: Blus Markenzeichen. Spätestens, seit er dem Ort ein neues Gesicht gegeben hat, ist der verlassene Nachtklub ein Ort mit Kultstatus. 2017 fand hier das Technofestival Modulo Fest statt. Immer wieder kommt es auch zu spontanen Saxophon-Konzerten, Foto-Shootings, Lagerfeuern und natürlich: Technopartys.
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