28. April 2024, 7:11 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Was machen Wassersportler eigentlich, wenn Sie mal müssen? Diese Frage stellten sich Behörden in Kalifornien in den 1970er Jahren, und errichteten direkt auf mehreren Gewässern schwimmende Toilettenhäuschen mit dem Namen S.S. Relief. Mehr als 250 dieser ungewöhnlichen WCs wurden seit damals installiert. Gut 100 von ihnen sind immer noch in Betrieb und sorgen für nicht nur für Erleichterung, sondern auch erfolgreichen Umweltschutz.
Zum Komfort unserer modernen Zeit gehört es auch, dass sich fast überall im öffentlichen Raum Toiletten finden lassen, wenn einmal Not am Mann bzw. an der Frau ist. Im US-Bundesstaat Kalifornien ist man in dieser Hinsicht bereits vor über 50 Jahren schon einen bedeutenden Schritt weiter gegangen. Denn hier kann man sogar mitten auf zahlreichen Gewässern sauber und in Ruhe seine Notdurft verrichten. Und zwar auf schwimmenden Toilettenhäuschen, die liebevoll als S.S. Relief bezeichnet werden.
Übersetzt bedeutet der Name soviel wie „Segelschiff Erleichterung“, die Buchstaben S.S. stehen für das Englische „Sailing Ship“, wie die „Los Angeles Times“ berichtet. Und diese auf dem Wasser vertäuten WC-Inseln dienen nicht nur der Verrichtung jeglicher Geschäfte, sondern auch und vor allem dem Umweltschutz. Der Eintrag von Fäkalien in Wasserkörper kann nämlich eine erhebliche Verschmutzung und sogar Bedrohung lokaler Ökosysteme zur Folge haben. So dient zum Beispiel der Lake Casitas in Kalifornien für zwei Gemeinden als Trinkwasser-Reservoir. Die dort befindliche S.S. Relief soll eventuelle Verunreinigung verhindern.
Solarbetrieben in die Zukunft
Wer also einmal muss, kann einfach mit seinem Boot an einer der Klo-Inseln anlegen, statt gegebenenfalls erst zum Ufer zurück zu kehren. Bis zu 1000 Toilettengänge kann eine S.S. Relief verkraften, bevor sie zur Reinigung an Land verbracht wird. Die Abwassertanks sind besonders auslaufsicher, um ein Austreten der Exkremente in Gewässer so gut wie möglich zu verhindern. Die Schwimmplattformen halten auch starken Winden stand und sollen quasi unsinkbar sein. Laut der Division of Boating and Waterways (DBW), die die WCs verwaltet, kann ein solches besonders stilles Örtchen mehr als 1800 Liter fassen.
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S.S. Relief wird zur Erfolgsgeschichte
Was 1972 als Experiment begann, hat sich zu einer veritablen Erfolgsgeschichte ausgewachsen. Seit damals wurden auf Gewässern in Kalifornien mehr als 260 „Schiffe“ der S.S. Relief-Flotte zu Wasser gelassen, damit Wasserfreunde leichter Wasser lassen können. Mehr als 100 der „Rettungs-Inseln“ sind aktuell noch im Einsatz. Erst 2020 gab die DBW eine Ausschreibung heraus, um die Armada noch einmal zu erweitern. Und auch in Sachen Toilettengang ist man zukunftsorientiert unterwegs: Die Erleichterungs-Eilande werden mittlerweile mit Solarstrom betrieben.
Das Beste: Die Benutzung einer S.S. Relief-Station ist laut Statuten der DBW für „Besucher“ absolut kostenlos. Bereits 1992 verabschiedete der US-Kongress den sogenannten Clean Vessel Act, der die Verschmutzung durch Boote und ihre Besatzung in amerikanischen Gewässern reduzieren sollte. Dafür stehen regelmäßig Fördermittel zur Verfügung, aus denen zum Beispiel die schwimmenden Toiletten bezahlt werden. Laut DBW steht die nächste Runde im Herbst 2024 an, damit die mehr als 50 Jahre alte Erfolgsgeschichte weiter gehen kann. Und Wassersportler in Kalifornien ihr Wasser auch in Zukunft nicht zu Wasser lassen müssen.