11. September 2015, 17:36 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Das bekannteste Gebäude in Perus Hauptstadt soll angeblich verflucht sein, seit dort laut Legende einige brutale Morde begangen wurden. Immer wieder kommt es auch heute noch zu Geschichten über Geistersichtungen…
Als Humberto Vilchez Vera aus der Casa Matusita floh, hatte er angeblich Schaum vor dem Mund, stieß wilde Flüche aus und sprang unkontrolliert auf und ab. Der in den 60er Jahren in Peru bekannte und beliebte Fernseh-Moderator hatte zuvor gewettet, er könne, nur mit einer Handkamera „bewaffnet“, eine ganze Woche lang in dem Haus verbringen, in dem es angeblich spukte. Vera allerdings verließ die Casa Matusita jedoch schon nach zwei Stunden panisch, und niemand erfuhr jemals, was er im zweiten Stock des Hauses gesehen zu haben glaubte – seine Spur verliert sich an dieser Stelle. Aber angeblich brachte er mehr als ein Jahr in einer Nervenheilanstalt zu, worauf man nie wieder etwas von ihm hörte. Doch was hatte Vera gesehen, das ihn so nachhaltig verstörte? Hatte er tatsächlich die Ruhe jener Geister gestört, die vermeintlich in der einst prunkvollen Stadtvilla spuken sollen?
Unsere Spurensuche beginnt im 18. Jahrhundert, als eine Europäerin plötzlich und ganz allein in Lima auftaucht und das gerade erst fertig gestellte Haus an der Ecke Avenidas España y Wilson bezieht. Schnell machen Gerüchte die Runde, die Fremde sei eine Hexe und lasse sich für ihre dunklen Dienste fürstlich entlohnen. Sie wurde schließlich vor die Inquisition geschleift und nach einem kurzen Prozess tatsächlich für schuldig befunden, mit obskuren Mächten im Bunde zu stehen. Bevor man die Frau verbrannte, verfluchte sie ihre Ankläger und alle, die die Casa Matusita künftig bewohnen sollten – schon bald darauf begannen laut Volksmund die Schrecken, an die viele Bewohner von Lima bis heute fest glauben.
Unvorstellbare Gräueltaten
Ein mächtiger böser Geist habe sich des Hauses bemächtigt und seine späteren Bewohner zu unvorstellbaren Gräueltaten getrieben, so erzählt man es sich, wobei wohl freilich einige Legenden auch dazu gedichtet wurden. So soll kurz nach der Verbrennung der Hexe eine vermögende Familie in die Casa Matusita eingezogen sein, eigentlich gute Menschen und respektierte Mitglieder der Gesellschaft. Doch schon nach kurzer Zeit veränderten sie sich und fingen an, ihre zwei Angestellten zu misshandeln – bis diese sich schließlich zum Äußersten gezwungen sahen. In der Küche mischten sie eine halluzinogene Substanz unter das Essen ihrer Herren, die daraufhin allerdings qualvoll starben. Das Dienstmädchen und der Butler flohen und endeten der Erzählung nach in einer Irrenanstalt.
Auch von einem Geistlichen wird berichtet, der hier während eines Exorzismus ums Leben gekommen sein soll: Er habe Schreie und Klagelaute gehört, sei sogar von Geistern angespuckt worden, und schließlich aus Verzweiflung gestorben, da die Macht Gottes nichts gegen die Dämonen ausrichten konnte. Die bekannteste urbane Legende ist aber die der japanischen Familie Matsushita, nach der, in leicht abgewandelter Form, auch bis heute die Casa Matusita benannt ist. Eines Tages erwischte der Mann seine Frau mit einem Liebhaber im Bett, woraufhin er die Untreue und ihren Galan mit einem Messer ermordete. Vergeblich versuchte er die Leichen zu verstecken, als schließlich seine Kinder von der Schule nach Hause kamen – ihr Todesurteil. Der Mann ermordete auch sie, richtete das Messer anschließend gegen sich selbst und beging Seppuku – er schlitzte sich den Bauch auf.
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Lichter und geisterhafte Schatten
Noch heute berichten immer wieder Einwohner von Lima, man würde in dem unbewohnten Haus des Nachts Lichter sehen, und an den Fenstern strichen geisterhafte Schatten vorbei. Die Casa Matusita ist ein derart großes Faszinosum, dass sie immer wieder von Reporterteams aufgesucht wird. Die peruanische Regisseurin Catherine Pirotta hat dem Geisterhaus sogar einen ganzen Film gewidmet – in der Hauptrolle kein Geringerer als Malcolm Macdowell, bekannt als „Alex“ aus Stanley Kubrick’s Meisterwerk „Uhrwerk Orange“. Doch haben all die Geschichten rund um die Casa Matusita einen wahren Kern, oder sind sie am Ende frei erfunden?
Fest steht, dass während er 40er Jahre die US-amerikanische Botschaft ihren Sitz vorübergehend in dem Gebäude hatte – nicht Wenige glauben daher, die Geistergeschichten seien als Abschreckung erfunden worden, um sich vor möglichen Anschlägen zu schützen. Und auch der aktuelle Besitzer der Casa Matusita, Ladislao Tery Andrade, glaubt nicht an die unheimlichen Geschichten: Seiner Familie gehöre das Haus seit 1924, und niemals habe es dort Geister gegeben, sagte er der Zeitung „Cuarto Poder“. Seine Eltern und Großeltern hätten stets glücklich in dem Haus gelebt. Zu den Gerüchten sagt er nur: „Das ist alles eine große Lüge und vollkommen falsch.“ Auch die Legende um den verrückt gewordenen Moderator Humberto Vilchez Vera weist er von sich: „Die Schlüssel waren ja im Haus meiner Großmutter, wo ich lebte. Niemand ist jemals dort hinein gegangen.“ Dennoch gibt es immer noch viele, die anders denken. In diesem Fall gibt es wohl nicht nur eine einzige Wahrheit, sondern viele – je nachdem, woran man eben glauben möchte.