29. Mai 2021, 13:10 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Fast alles in der Knochenkirche von Sedletz besteht aus den sterblichen Überresten von etwa 40.000 Menschen: Kerzenständer, Familienwappen, sogar ein riesiger Kronleuchter. TRAVELBOOK erzählt die Geschichte von Tschechiens unheimlichster Touristenattraktion.
Etwa eine Zugstunde entfernt von der tschechischen Hauptstadt Prag liegt das kleine Sedletz, ein Vorort von Kutná Hora. Wohl niemand würde sich hierher verirren, gäbe es da nicht dieses einzigartige Gotteshaus. Die Rede ist von der Kirche Aller Heiligen. Besser bekannt ist sie jedoch als die Knochenkirche von Sedletz. Denn ihre Katakomben beinhalten eine wahrhaft schaurige Sehenswürdigkeit.
Fast alles in den unterirdischen Gewölben der Knochenkirche von Sedletz ist nämlich aus Menschenknochen gemacht, wie unter anderem „CNN“ berichtet. Zu „verdanken“ ist das einem einzelnen Mann, der die sterblichen Überreste von 40.000 Menschen hier zu kunstvollen, albtraumhaften Gebilden arrangiert hat. So gibt es unter anderem Kerzenständer aus Menschenschädeln. Knochenketten reihen sich an den Wänden wie Girlanden auf.
Ein Kronleuchter aus Menschenknochen
Das unglaublichste Konstrukt aber ist wohl ein riesiger Kronleuchter, in dem jeder Knochen im menschlichen Körper zumindest einmal vorkommen soll. Auch ein großes Familienwappen aus Gebein ziert eine der Wände der Katakomben. Der Künstler hat sogar seine Initialen auf diese Art hinterlassen. Doch wie kam es zur Entstehung der Knochenkirche von Sedletz?
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Die Antwort geht zurück auf das Jahr 1278. Damals schickt der König von Böhmen den Abt des Sedletzer Klosters nach Jerusalem. Als er zurückkehrt, hat der Abt einen Beutel heiliger Erde vom Berg Golgatha mitgebracht. Dem Ort also, wo dem christlichen Glauben nach Jesus gekreuzigt wurde. Er verteilt die Erde auf dem Friedhof von Sedletz, und das Wort davon macht wie ein Lauffeuer die Runde.
40.000 Tote, zu einem „Kunstwerk“ arrangiert
Immer mehr Menschen melden sich laut „National Geographic“ in der Folgezeit, weil sie in der heiligen Erde von Sedletz begraben werden möchten. Als im 14. Jahrhundert in Tschechien die Pest wütet, werden die sterblichen Überreste von 30.000 Menschen hierher gebracht. Dazu kommen noch einmal 10.000 Tote, die auf den Kreuzzügen gestorben sind, sowie natürlich auch die der alltäglichen Beerdigungen.
Im 15. Jahrhundert wird das Gotteshaus erbaut, das heute als die Knochenkirche von Sedletz bekannt ist. Viele der Überreste lagert man nun in den dortigen Katakomben ein. Dort liegen sie dann auch ungestört bis zum Jahr 1870, als die Stadt den lokalen Holzschnitzer František Rint anheuert. Er erhält die Aufgabe, die Knochen würdevoll zu rearrangieren. Wohl niemand ahnt zu diesem Zeitpunkt, was Rint wirklich daraus machen würde.
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Die Knochenkirche von Sedletz ist eine der größten Touristenattraktionen Tschechiens
Der Künstler bleicht zunächst die Knochen. Und beginnt dann damit, sie zu den makabren Gebilden zusammenzufügen, die heute mehrere Hunderttausende Touristen pro Jahr in die Knochenkirche von Sedletz locken. Zu Ehren seiner Finanziers, der Familie Schwarzenberg, konstruiert er ebenfalls das bereits erwähnte Wappen der Familie aus Knochen. Auch in verschiedenen anderen Orten in Europa gibt es solche Relikte, aber nirgendwo sind sie wohl so kunstvoll arrangiert wie in Sedletz.
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Laut „CNN“ ist die Knochenkirche von Sedletz heute die zweit-beliebteste Touristenattraktion in Tschechien. Immer noch wird hier regelmäßig die Messe gelesen, und zwar sowohl in der Kirche als solcher als auch in den gruseligen Katakomben. Auch finden hier Konzerte statt, die Stadt Sedletz selbst bietet Touren an. Viele Einheimische stören sich aber mittlerweile auch an dem massiven Rummel um ihre Kirche, denn sie fürchten eine Entweihung des heiligen Ortes. Aufgrund der Corona-Pandemie sollten sich Besucher im Vorfeld informieren, ob die Kirche für Touren geöffnet ist.
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Vielleicht werden in Zukunft tatsächlich weniger Menschen kommen, den seit dem 1. Januar 2020 ist das Fotografieren in der Knochenkirche von Sedletz nicht mehr erlaubt. Wer sie besucht, sollte sich jedenfalls daran erinnern, dass sie in erster Linie keine Touristenattraktion ist, sondern ein Ort des Glaubens.
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