4. Februar 2023, 14:47 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Unter den zahlreichen Kirchen in Mailand ist wohl keine so skurril wie San Bernardino alle Ossa. Denn sie beherbergt eine kleine Kapelle, deren Wände fast komplett mit den Knochen unzähliger Menschen bestückt sind. Und längst nicht alle davon starben eines natürlichen Todes.
Auf der Piazza Santo Stefano in Mailand steht eine der wohl ungewöhnlichsten Kirchen ganz Italiens. Gemeint ist das Gotteshaus San Bernardino alle Ossa. Ossa bedeutet übersetzt Knochen, und genau das ist es, was man in einer kleinen Kapelle hier findet. Unzählige menschliche Knochen und Schädel, arrangiert zu einem wahrhaft bizarren „Gesamtkunstwerk“.
Es ist das Jahr 1145, als laut der offiziellen Seite der Kirche in der nahen Via Brolo ein Krankenhaus eröffnet. Dort, wo heute San Bernardino alle Ossa steht, befand sich zur damaligen Zeit der Friedhof der Basilika Santo Stefano. Doch da dieser rasch zu klein wurde, weihte man im Jahre 1210 eine unterirdische Krypta ein. Dorthin wurden die sterblichen Überreste der Toten aus dem Krankenhaus fortan gebracht. 1268 baute man dann noch die kleine Kirche hinzu, die heute als San Bernardino alle Ossa bekannt ist.
Wände aus Knochen
Als der Glockenturm von Santo Stefano 1642 unerwartet einstürzte, begrub er sowohl das Gotteshaus als auch die Knochenkrypta unter sich. Bis zum Jahr 1695 wurde beides wieder aufgebaut, die Knochen aber nun in einen kleinen Raum am Eingang der Kirche verwahrt. Nicht nur das, man arrangierte die sterblichen Überreste so, dass sie bis heute fast die gesamten Wände der Kapelle bedecken. Nur die Decke ist nicht damit „geschmückt“, sie zeigt ein Fresko des Malers Sebastiano Ricci aus dem Jahr 1694.
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Die meisten Knochen in San Bernardino alle Ossa stammen von Menschen, die im nahen Krankenhaus oder im Gefängnis der Stadt starben. Das gilt aber längst nicht für alle: In der Kapelle finden sich auch zahlreiche Schädel von Menschen, die einst hingerichtet wurden. Zur damaligen Zeit enthauptete man unter anderem Diebe, Gewaltverbrecher und auch kleinere Gauner.
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Makabres Vorbild
Und schon in früherer Zeit beeindruckte die Knochenkapelle Besucher. Doch nicht nur das, sie war sogar Vorbild für eine andere Kirche dieser Art. Im Jahre 1738 besuchte nämlich der damalige König von Portugal, Giovanni V., das ungewöhnliche Gotteshaus. Er war von diesem derart begeistert, dass er den Bau eines ähnlichen Gotteshauses in Auftrag geben ließ. Heute steht es im portugiesischen Évora.
1750 entschied man sich, San Bernardino alle Ossa zu vergrößern. Die alte Kirche, in der sich bis heute die Knochenkapelle befindet, baute man einfach kurzerhand als Atrium mit in den Gesamtbau ein. San Bernardino alle Ossa ist aber nicht nur wegen seiner Knochen berühmt, sondern auch wegen eines ganz besonderen Familiengrabs. Hier liegen einige Verwandte mütterlicherseits des legendären Seefahrers Christoph Kolumbus bestattet.
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Heute ist San Bernardino alle Ossa für Besucher die ganze Woche über geöffnet. Über die genauen Besuchszeiten informiert die Webseite der Kirche. Der Eintritt ist kostenlos. Wer mag, kann aber eine Spende hinterlassen. Auf dem Portal Tripadvisor zeigen sich User beeindruckt von dem Ort. „Eine sehr makabre Erfahrung“, schreibt einer. Ein zweiter fügt hinzu: „Ich war definitiv nicht auf so etwas vorbereitet.“ Ein dritter ergänzt: „Dieser Ort gibt einem die Möglichkeit, eine andere Ära und Kultur wertzuschätzen. Und diejenigen, die von uns gegangen sind.“