12. November 2022, 5:42 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Das Trans-Allegheny Lunatic Asylum war ursprünglich eine Klinik, an dem Menschen mit geistigen Krankheiten sich erholen sollten. Doch schon bald wurde diese zu einem Schauplatz des Schreckens. Tausende Patienten unterzog man hier grausamen Operationen mit höchst zweifelhaftem Nutzen.
In der kleinen Stadt Weston im US-Bundesstaat West Virginia steht ein altes Gemäuer, dessen Name untrennbar verbunden ist mit einem der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Medizin. Ein Haus von immensen Ausmaßen, nach dem Kreml in Moskau das zweitgrößte Gebäude aus Sandstein auf der ganzen Welt. Die Rede ist vom Trans-Allegheny Lunatic Asylum, dem wohl schlimmsten Krankenhaus der US-Geschichte.
Dabei begann die Geschichte der Horror-Klinik mit der edlen Vision eines Mannes, der psychisch kranken Menschen helfen wollte. Dr. Thomas Story Kirkbride wollte einen Rückzugsort schaffen für Personen, die man bis dahin laut offizieller Seite des Trans-Allegheny Lunatic Asylum nicht selten unter menschenunwürdigen Bedingungen behandelte. So wurden sie zum Beispiel in dunklen Zellen angekettet und vor der Gesellschaft versteckt.
Der Traum wird zum Albtraum
Kirkbride träumte von einem sonnendurchfluteten Asyl mit viel Platz und „geschmackvoller Einrichtung“. Durch geistige und körperliche Betätigung und die Unterbringung in einem geräumigen Einzelzimmer sollten die Patienten langsam wieder ihre Gesundheit zurückerlangen. Das Gebäude selbst sollte auf die Kranken einen heilsamen Effekt haben. Und dieser Plan schien zunächst durchaus aufzugehen, denn beeinflusst von Kirkbrides Idee entstanden in Nordamerika in den folgenden Jahren mehr als 300 weitere Einrichtungen nach demselben Prinzip.
1864 war es soweit, das riesige Haus öffnete auf einem 123 Hektar großen Grundstück seine Pforten für die ersten Patienten. 250 Gäste sollte das Trans-Allegheny Lunatic Asylum maximal aufnehmen, jeder Gast untergebracht in einem luxuriösen Einzelzimmer. Doch der Traum verwandelte sich bald schon in einen Albtraum. Es gab einen derart großen Bedarf, dass das Krankenhaus in seinen schlimmsten Zeiten um das Zehnfache überbelegt war.
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In schlimmsten Zeiten zehnfach überbelegt
Laut der Zeitung „Charleston Gazette-Mail“ mussten sich schon bald vier bis fünf Menschen ein Zimmer teilen. Auch die Flure waren hoffnungslos verstopft mit Patienten-Betten, so dass diese mitunter in Schichten schlafen mussten. Die Kranken waren zudem größtenteils sich selbst überlassen, weil es an ausreichend Pflegepersonal fehlte.
Bald schon mussten Neuankömmlinge in ungeheizten Räumen auf dem Fußboden schlafen, auch für ausreichende Ernährung konnte man nicht mehr sorgen. In den 1950-Jahren hausten 2600 Menschen im Trans-Allegheny Lunatic Asylum, das ja ursprünglich einmal nur für 250 Personen gedacht gewesen war. Das Schlimmste jedoch waren die medizinischen Eingriffe, die in der Klinik stattfanden – wobei wohl der Begriff Experimente treffender wäre.
Grausame Gehirnoperationen
Besonders grausam waren die über 4000 Lobotomien, die hier statt fanden. Bei dieser Methode werden absichtlich Nervenbahnen im Gehirn durchtrennt. Hierzu wurde eine Art Eispickel durch die Augenhöhle in den Kopf des Patienten getrieben. Die Patienten trugen dabei nicht selten schwere Persönlichkeitsveränderungen davon oder starben.
So unglaublich es auch klingt, wurde das Trans-Allegheny Lunatic Asylum erst im Jahre 1994 für immer geschlossen. Nur, um seine Türen als Touristenattraktion wieder zu öffnen. So finden auf dem Gelände seit 2007 geführte Touren statt, die sich auf die Spuren der Geister begeben, die hier spuken sollen. Wer noch mehr Thrill möchte, kann das gesamte Gebäude auch für eine Nacht privat buchen.
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Von der Horror-Klinik zur Touri-Attraktion
Laut „Washington Post“ trugen die Touren zumindest in der Vergangenheit mehr als zweifelhafte Namen. So konnte man beispielsweise den „Psycho Path“ absolvieren oder an der „Lobotomy Flashlight Tour“ teilnehmen. Diese reißerischen Bezeichnungen findet man aber mittlerweile auf der offiziellen Webseite des Ortes nicht mehr.
Obwohl, „Zombie Paintball“ gibt es noch, und das wohl absurdeste Event ist ein jährlich stattfindender Kostümball, bei dem Live-Bands und DJs auftreten. Ob man so auf verantwortungsvolle Weise mit einer derart schrecklichen Vergangenheit umgehen sollte, darüber lässt sich freilich streiten.