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Sie ist noch immer meterhoch begraben

Yungay – die traurige Geschichte von Perus beerdigter Stadt

Yungay
Diese Kirche steht an dem Ort, an dem sich einst die Stadt Yungay befand. Im Hintergrund erhebt sich mit seinen beiden Gipfeln der Berg Huascarán, der sie 1970 vernichtete Foto: Getty Images
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TRAVELBOOK Redaktion

20. Juli 2021, 6:18 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

1970 verursachte ein Erdbeben in Peru eine Katastrophe schrecklichen Ausmaßes. Die Stadt Yungay wurde durch einen anschließenden Felssturz am höchsten Berg des Landes begraben. Doch inmitten der Katastrophe ereignete sich auch ein Wunder.

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Es ist der 31. Mai 1970, die kleine Stadt Yungay ist, wie das ganze Land, in Aufregung. Nur noch zwei Tage, dann würde die peruanische Fußball-Nationalmannschaft ihr lang ersehntes Debüt bei der Weltmeisterschaft in Mexiko geben. In der Kirche fand am Morgen noch eine Hochzeit statt, nun sitzen die meisten Bewohner von Yungay beim Essen. Noch ahnen sie nichts von der Katastrophe, die die meisten von ihnen das Leben kosten wird.

Laut der peruanischen Nachrichtenagentur „Andina“ bricht um 15.25 Uhr die Hölle über Peru herein, als sich ein Erdbeben mit der Stärke sieben auf der Richterskala ereignet. 45 Sekunden lang bebt die Erde, dann scheint die Gefahr vorüber. Doch da steht die wahre Apokalypse den Menschen in Yungay noch bevor. Denn einige Minuten, nachdem sich scheinbar alles beruhigt hat, erhebt sich plötzlich ein ohrenbetäubender Lärm.

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Ein Monster aus Eis und Geröll

Yungay
Der Huascarán mit seinen zwei Gipfeln. Vom nördlichen brach am 31. Mai 1970 das gewaltige Stück Eis los, das Yungay unter sich begrub Foto: Getty Images

Dieser stammt vom Nordgipfel des Huascarán, Perus höchstem Berg, in dessen Schatten Yungay liegt. Von seiner Flanke ist ein gewaltiges Stück Eis abgebrochen, der spanischen Zeitung „El Mundo“ zufolge 50.000 Tonnen schwer. Ein unvorstellbarer Klotz, 800 Meter breit und 1000 Meter lang. Und dieses Monster rast nun ins Tal, direkt auf Yungay zu, mit einer Geschwindigkeit von mehr als 200 km/h.

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Steine, Bäume, Eis – alles, was sich im Weg dieser Lawine befindet, wird zwangsläufig mitgerissen, der Ort Yungay wenige Sekunden später von der unglaublichen Naturgewalt sprichwörtlich begraben. Die Stadt und ein Großteil ihrer einst 20.000 Einwohner liegen am Ende 20 Meter tief unter der Erde. Das bringt Yungay auch seinen grausigen Beinamen ein: Ciudad Sepultada. Die beerdigte Stadt.

Ein Wunder inmitten der Katastrophe

Yungay
Über dem Friedhof von Yungay wacht eine riesige Christus-Statue. Sie ist dem Huascarán zugewandt und stand bereits, als die Lawine die Stadt zerstörte Foto: Getty Images

Doch inmitten des Infernos ereignet sich auch ein Wunder. Hunderte Kinder überleben, weil sie sich zum Zeitpunkt des Unglücks eine Vorstellung des Zirkus Verolina ansehen. Dieser gastiert auf einem Hügel oberhalb von Yungay, den die Lawine nicht erreicht. Von dort aus müssen die Kinder hilflos mit ansehen, wie ihr Zuhause und ihre Familien innerhalb von Sekunden ausgelöscht werden. Auch jene, die während der Katastrophe auf dem ebenfalls höher gelegenen Friedhof sind, überleben. Insgesamt ein paar hundert der ehemals etwa 20.000 Bewohner von Yungay.

Für die Überlebenden ist das Martyrium aber längst noch nicht zu Ende, denn sie müssen tagelang auf Hilfe warten. Alle Straßen nach Yungay sind verschüttet. Die durch die Zerstörung entstandene Staub- und Aschewolke ist kilometerhoch, so das auch die Rettung per Helikopter lange Zeit unmöglich ist. Im ganzen Land sind durch das Erdbeben zudem insgesamt 70.000 Menschen ums Leben gekommen, auch an anderen Orten braucht es also Helfer.

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Die „Waisen von Yungay“

Die meisten der geretteten Kinder sind anschließend allein, haben zum Teil ihre gesamte Familie verloren. Sie werden weltbekannt als die „Waisen von Yungay“, ihr tragisches Schicksal erwärmt die Herzen rund um den Globus. Und so werden die Kinder von Menschen aus aller Welt adoptiert, können ein neues Leben beginnen. Meist fern von Yungay und dem Berg, der ihnen alles genommen hat.

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Heute ist der Ort der Katastrophe eine öffentliche Gedenkstätte, die man gegen einen kleinen Obolus besichtigen kann. Händler verkaufen Yungay-Souvenirs, anhand alter Stadtpläne hat man Gedenktafeln an einigen Orten errichtet, wo einst Häuser standen. Auch wacht eine neue kleine Kirche über das Areal, das gerade deshalb so beklemmend ist, weil es hier nichts zu sehen gibt. Denn Yungay liegt auch heute noch meterhoch unter der Erde.

Heute gibt es wieder einen Ort mit demselben Namen, doch er heißt Yungay Nuevo, also Neu-Yungay. Es wird gemunkelt, dass er auch mit dem Geld aufgebaut werden konnte, das Plünderer damals den Toten gestohlen hatten. Und auch wenn die Apokalypse mittlerweile mehr als 50 Jahre her ist, kennt in Peru jeder diesen Namen. Yungay. Die beerdigte Stadt.

Themen Peru Südamerika
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