27. Oktober 2020, 14:45 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Der Skeleton Lake oder auch Mystery Lake im indischen Teil des Himalaya-Gebirges ist ein Ort des Schreckens: In ihm und rund um ihn herum liegen Hunderte Skelette. Wissenschaftler haben den Ort untersucht – und eine überraschende Erklärung dafür gefunden, warum hier so viele Menschen starben.
Es ist das Jahr 1942, als ein britischer Forstbeamter im indischen Roopkund eine grausige Entdeckung macht: An einem klaren Bergsee auf über 4800 Metern Höhe findet er im indischen Teil des Himalaya-Gebirges zahllose Skelette, die im Wasser treiben oder am See-Ufer verstreut liegen. Es ist die Zeit des Zweiten Weltkrieges, und deshalb alarmiert der Mann die britische Regierung. Man fürchtet zunächst, bei den Skeletten könnte es sich um Überreste von japanischen Soldaten handeln, die hier vermeintlich eine Invasion versucht hatten.
Ein Team von Gutachtern stellt jedoch schnell fest, dass es sich bei dem Fund keineswegs um die Knochen von Japanern handelt – die Skelette sind ersten Erkenntnissen zufolge etwa 1200 Jahre alt. Nun beginnt das Rätselraten: Warum liegen sie alle gerade hier, und woran könnten all diese Menschen gestorben sein? Man vermutet, berichtet unter anderem die „Daily Mail“, eine mögliche Epidemie oder einen Erdrutsch – und schließt auch einen gewaltsamen Tod nicht aus.
Alle starben in Folge von Kopfverletzungen
DNA-Untersuchungen ergaben zunächst, dass die Toten zwei Gruppen angehörten: Einer größeren Familie und einer Gruppe Einheimischer, die wahrscheinlich als Führer und Träger angestellt waren. Gefundene Artefakte wie Speere oder Ringe deuten darauf hin, dass es sich bei der Gruppe um Pilger gehandelt haben könnte. Doch dann wird es mysteriös: Man stellt fest, dass alle Opfer auf die gleiche Weise gestorben sind, nämlich durch Schläge auf den Kopf – oder besser gesagt Einschläge.
Denn zunächst glauben die Wissenschaftler an Tod durch Gewaltanwendung, doch die wirkliche Erklärung kommt erst 2004 ans Tageslicht, als eine Expedition zu dem Ort reist. Die unglaubliche Ursache: Die Wissenschaftler glauben, dass all die Menschen, deren Skelette zum Teil noch heute in oder um den Gebirgssee liegen, durch einen heftigen Hagelsturm ums Leben gekommen sind. Die Hagelkörner hätten dabei laut der Webseite „Atlas Obscura“ einen Durchmesser von 23 Zentimetern gehabt. Die runden Eindellungen an den Knochen, die nur im Bereich von Kopf und Oberkörper der Opfer gefunden wurden, schrieben die Wissenschaftler ebenfalls dem verheerenden Hagel zu.
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Und schon wieder neue Erkenntnisse
Erst vor Kurzem haben sich erneut Wissenschaftler des Bergsees und der dort gefundenen Skelette angenommen und sind zu ganz neuen Erkenntnissen gelangt. In einer von der Havard-Forscherin Éadaoin Harney und weiteren Autoren veröffentlichten Studie in der Fachzeitschrift „Nature“ heißt es, dass nicht ein einzelnes katastrophales Ereignis als Erklärung für die vielen Toten infrage komme, sondern dass mehrere unterschiedliche Ereignisse dazu geführt hätten.
Auch sollen, anders als bisher angenommen, Europäer unter den Toten gewesen sein, vermutlich aus Griechenland. Zudem sind die Menschen den Forschern zufolge zu weit auseinanderliegenden Zeitpunkten ums Leben gekommen, der eine Teil um das Jahr 800, ein weiterer Teil um das Jahr 1800. „Es gibt viele unterschiedliche Annahmen, wer diese Menschen waren, was sie zum Roopkund-See führte und warum sie hier starben“, erklärte einer der Forscher im Fachblatt „Sciencedaily“.
Ob auch die letzten Rätsel um die Toten vom Skeleton Lake noch gelöst werden können, bleibt also abzuwarten.