3. März 2017, 11:13 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wüsten-Anarchie mitten in Amerika: In dem kleinen Campingdorf Slab City haben sich Aussteiger eine Gemeinschaft mit eigenen Regeln aufgebaut. Durch den Film „Into the Wild“ wurde der Ort auch über die Grenzen der USA hinaus bekannt.
Ob man die USA tatsächlich noch als „Land Of The Free“ bezeichnen kann, darüber lässt sich sicher streiten. Doch es gibt einen Ort fernab der großen Städte, an dem Freiheit wirklich noch mehr ist als nur ein Wort: Slab City, „the last free place in America“, wie die Bewohner ihre kleine Stadt nennen.
Hier findet jeder ein Zuhause
Inmitten der kalifornischen Wüste, fast 230 Kilometer östlich von San Diego, liegt das Paradies der Freaks. „Slab City – das ist der Ort, wo man sein kann, wer auch immer man sein möchte oder wer auch immer man ist“, erzählt John, ein Bewohner Slab Citys, in einem YouTube-Video. Alt-Hippies, Aussteiger, Exzentriker, Künstler und Rebellen haben sich ihre eigene kleine Stadt gebaut und leben zusammen in einer freien Gemeinschaft, fernab von Mieten, Gesetzen und Politikern.
Der Ort in der Wüste war einst eine Militärbasis, jetzt ist er das Traumziel all jener, die frei von Konventionen und Vorschriften leben wollen. In Campern und selbstgebauten Häusern leben hier ungefähr 150 feste Bewohner ohne Abwassersystem, Wasser- oder Stromanschluss. Im Winter schwillt die Einwohnerzahl bis auf mehrere Tausend an. Im Sommer wird es wieder ruhiger in Slab City – nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Temperaturen hier auf bis auf 50°C ansteigen können.
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Christopher McCandless lebte eine Zeit in Slab City
Die Gründe, warum Menschen nach Slab City kommen, sind vielfältig. Manche wollen einfach den Spirit des Ortes erleben und bleiben nur wenige Wochen. Andere entfliehen der Gesellschaft für immer, um nach ihren eigenen Regeln zu leben – freiwillig oder unfreiwillig. Christopher McCandless, dessen Aussteiger-Geschichte durch das Buch „Into the Wild“ von Jon Krakauer einem Millionenpublikum bekannt wurde, verbrachte eine Zeit in dem Dorf.
In dem gleichnamigen Film tritt Leonard Knight auf, ein inzwischen verstorbener Bewohner Slab Citys. Knight erschuf eigenhändig den „Salvation Mountain“, eine bekannte Attraktion unweit des Wüstenortes.
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Inzwischen ist Slab City auch unter Touristen bekannt. Besonders der „Salvation Mountain“, zu deutsch der Berg der Erlösung, erlangte international Bekanntheit. Der bunte Hügel zeigt viele Passagen aus der Bibel und ist eine Ode an die Liebe und Gott. Das christliche Kunstwerk wirkt jedoch nicht wie ein dogmatischer Versuch, die Bibel zwanghaft in die Köpfe der Menschen zu manövrieren, sondern ist vielmehr das Lebenswerk eines Mannes, der seinen inneren Frieden mit der Welt gefunden hat.
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Neben dem Salvation Mountain zählt East Jesus – eine Anlage, die von Künstlern gestaltet wurde – zu den Touristen-Highlights rund um Slab City. Trotz ihres Namens hat die Anlage keinen religiösen Bezug, sondern ist ein anarchistischer Ort, an dem Kunst aus allem gemacht wird, was sich anbietet. Alte Toiletten, kaputte Autos, Farbtöpfe, Puppen und viele andere Dinge werden hier zu skurriler und absurder Kunst verarbeitet. Auf Tripadvisor findet man Bilder und Bewertungen.
Doch der Tourismus hat auch Schattenseiten für Slab City: Durch die Aufmerksamkeit fängt die Regierung an sich einzumischen und nachzuhaken. Ein Polizeiaufgebot startete bereits den Versuch, das Dorf aufzulösen. Builder Bill äußert sich in einem Video auf YouTube: „Es ist einfach ein nutzloser, ungewollter und unbrauchbarer Ort in der Wüste. Deshalb durften wir hier all die Jahre bleiben.“ Ob das Projekt auf Dauer Bestand hat, kann nur die Zukunft zeigen.