9. Mai 2023, 6:14 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Das Bergwerk Merkers in Thüringen hält einige skurrile Rekorde. Zum Beispiel befindet sich hier, 800 Meter unter der Erde, die tiefste Bar der Welt. Doch weltbekannt wurde es bereits 1945, weil die Alliierten hier einen gewaltigen Nazi-Schatz fanden. Teile davon sind bis heute spurlos verschwunden.
Unweit von Erfurt befindet sich in der thüringischen Kleinstadt Merkers einer der wohl skurrilsten Orte Deutschlands. Bis zu 800 Meter tief geht es im Bergwerk Merkers, das gleich mehrere Weltrekorde hält, unter die Erde. 1895 in Betrieb genommen, wurde hier lange Zeit Kalisalz in großem Stil abgebaut, heute bewirbt der Ort sich selbst als „Erlebnisbergwerk“. Doch weltberühmt wurde er kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges durch den Fund eines der wohl größten Schätze aller Zeiten.
Es ist der 8. April 1945, als amerikanische Soldaten laut „MDR“ im Bergwerk Merkers 500 Meter unter der Erde vor einem gigantischen Tresor stehen. Den Zugang sprengen sie sich kurzerhand frei, und das hat einen Grund. In der Grube Kaiseroda II/III, so der Name der unterirdischen Stätte, soll ein riesiger Schatz lagern. Immer wieder hatten Kriegsgefangene in den vergangenen Tagen und Wochen den Alliierten davon erzählt, bis aus einem bloßen Gerücht ein Verdacht wurde.
Gewaltiger Schatz
Und der sollte sich mehr als bewahrheiten. Als die Soldaten den heute „Goldraum“ genannten Ort im Bergwerk Merkers betreten, trauen sie ihren Augen nicht. Denn in der Grube Kaiseroda II/III lagert nicht weniger als einer der größten Schätze, die jemals gefunden wurden. Tausende Kisten mit Gold- und Platinbarren, Edelsteine, Bargeld und Divisen anderer Länder liegen neben unschätzbaren Kunstwerken von Rembrandt, Boticelli, Cranach und Manet, um nur einige zu nennen. Auch die Büste der Nofretete findet sich hier, zudem der Zeitung „Hessische Niedersächsische Allgemeine“ zufolge 189 Koffer voll mit Goldzähnen, Schmuck und Silberbesteck.
80 Prozent der Gold- und Devisenreserven des Nazi-Regimes lagern laut Bericht des „MDR“ damit im Bergwerk Merkers. Bereits am 6. März 1945 war ein Führerbefehl ergangen, sie hier vor den herannahenden Feinden zu verstecken. Daraufhin hatten 22 übervoll beladene Züge mit den Schätzen Berlin in Richtung Thüringen verlassen, wurden die Preziosen unterirdisch, und damit vermeintlich sicher, eingelagert. Eigentlich sollte der Zugang zu der Schatzkammer bei Feindkontakt gesprengt werden, doch dazu kam es nicht mehr.
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Teilweise spurlos verschwunden
Nun stehen die Soldaten also ungläubig vor dem Milliarden-Schatz, rückt das Bergwerk Merkers für einige Zeit in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Und dann geht alles plötzlich ganz schnell. Am 12. April 1945 besucht der damalige General und spätere US-Präsident Dwight D. Eisenhower die Mine, um sich selbst ein Bild von dem Fund zu machen. Zeitungen rund um den Globus berichten, Eisenhower selbst staunt atemlos. Nur wenige Tage später sind Teile des Schatzes spurlos verschwunden.
Was damals passierte, beschäftigt Historiker wie Kriminologen bis heute. Gesichert ist, dass am 14.April 1945 ein Konvoi aus 32 US-LKWs das Bergwerk Merkers verlässt, randvoll beladen mit den gefundenen Schätzen. Und obwohl der Treck sogar aus der Luft Begleitschutz erhält, kommen unterwegs gleich drei Lastwagen „abhanden“. US-Quellen bestätigen das Verschwinden von zumindest einem davon, geben aber nicht an, ob sich in ihm nun Gold oder Kunst befand. Heute gilt aber als allgemein bekannt, dass sich auch US-Soldaten an den Schätzen aus dem Bergwerk Merkers (und anderen Fundstätten) bereichert haben.
220 Tonnen Gold
Die Nofretete-Büste kommt erst 1955 zurück nach Berlin, während ein guter Teil des Schatzes aus dem Bergwerk Merkers wohl für immer verschwunden bleiben wird. So zum Beispiel ein Viertel der Buch-Bestände aus der Preußischen Staatsbibliothek. Bekannt ist aber auch, dass die USA einen Anteil der insgesamt 220 Tonnen Gold für spätere Reparationszahlungen in einen Entschädigungsfond einspeisten. Damit wurden noch bis 1998 belegbare Forderungen von Opfern des Nazi-Regimes beglichen.
Um das Bergwerk Merkers wurde es nach 1945 deutlich ruhiger, und heute hat es sich selbst einen Namen gemacht als skurriles „Erlebnisbergwerk“, wie die offizielle Webseite wirbt. Den größten unterirdisch eingesetzten Schaufelradbagger der Welt? Sehen Sie hier, 500 Meter unter der Erde. Bis 1993 wurden in dem „Großbunker“ genannten Raum bis zu 50.000 Tonnen Rohsalz als Reserve eingelagert. Heute finden in dem 250 Meter langen und bis zu 17 Meter hohen „Saal“ auch Konzerte statt.
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Die tiefste Bar der Welt
Oder wie wäre es mit einem kühlen Drink in der tiefsten Bar der Welt? Finden Sie auch im Bergwerk Merkers, und zwar an seinem tiefsten Punkt. Auf 800 Meter unter Tage geht es dafür hinab in die spektakuläre, erst 1980 entdeckte Kristallgrotte, die ihrem Namen alle Ehre macht. Wände und Decke sind hier bedeckt von Steinsalz-Kristallen, manche davon haben eine Kantenlänge von bis zu einem Meter.
Wer ein bisschen mehr Thrill sucht, kann auch an einem der regelmäßig stattfindenden unterirdischen Mountainbike-Rennen teilnehmen, die das Bergwerk Merkers veranstaltet. Auch Marathons wurden hier bereits veranstaltet. Doch auch eine ganz normale Führung verspricht schon Spannung, wenn ein Lift Besucher in 90 Sekunden auf 500 Meter Tiefe bringt. Im Bergwerks-Museum lernt man etwas über dessen Geschichte, später kann man sogar an einer (simulierten) Sprengung teilnehmen.
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Ein Drink in 800 Metern Tiefe
Und natürlich führt die Tour auch in den „Goldraum“, wo vor fast 70 Jahren allliierte Soldaten den wohl spektakulärsten Schatz der Neuzeit hoben. Anhand von Requisiten wird das Ereignis für Besucher nachvollziehbar. Führungen im Bergwerk Merkers kann man Dienstags-Samstag zwischen 9.30-13.30 Uhr mitmachen, sofern man vorher reserviert hat. Kinder unter 10 Jahren sind nicht für die Führungen zugelassen, zudem ist der Ort nicht barrierefrei ausgebaut.
Erwachsene zahlen 28 Euro Eintritt, Kinder ab 10 Jahren 19 Euro. Ein Familienticket beispielsweise für zwei Erwachsene und ein Kind kostet 60 Euro. Und auch wenn die Preise erst einmal nicht gerade günstig erscheinen: Spätestens bei einem Drink 800 Meter unter der Erde wird man das wohl verkraften.