7. Februar 2022, 6:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mitten im Nirgendwo des US-Bundesstaates Nebraska steht eine der skurrilsten „Roadside Attractions“ der Vereinigten Staaten. Carhenge ist eine akkurate Nachbildung des legendären englischen Stonehenge. Doch kaum jemand kennt den rührenden Grund, warum ein Künstler es einst baute.
Wer im US-Bundesstaat Nebraska entlang des Highway 87 an der Kleinstadt Alliance vorbei fährt, wird vermutlich seinen Augen kaum trauen. Denn unweit von dem Ort erhebt sich ein wahrhaft bizarres Monument namens Carhenge. Dabei handelt es sich um nicht weniger als eine originalgetreue Nachbildung des legendären englischen Kultortes Stonehenge. Nachgebaut aus ausrangierten Autos.
Insgesamt 39 Autos wurden hier zu einer verblüffenden Stonehenge-Replika errichtet, und auch in seinen Dimensionen stimmt Carhenge mit dem weltbekannten Vorbild überein. Verantwortlich für diese monumentale Nachbildung ist ein Künstler, der mit Carhenge seinem verstorbenen Vater auf rührende Weise ein Denkmal setzen wollte. Und nebenbei eine „Roadside Attraction“ geschaffen hat, wie es wohl in den Vereinigten Staaten keine zweite gibt.
Ehrung für einen Verstorbenen
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Doch der Reihe nach. Laut der offiziellen Seite des Ortes Carhenge ist es das Jahr 1982, als der Vater des Künstlers Jim Reinders stirbt. Reinders lebt zu dieser Zeit in England, ist von Stonehenge fasziniert und studiert den Ort bzw. seine Bauweise und seinen mutmaßlichen Zweck. Als kurz nach dem Tod des Vaters die Familie zu einer Trauerfeier zusammenfindet, macht Reinders einen scheinbar aberwitzigen Vorschlag. Er möchte zu Ehren seines verstorbenen Vaters Stonehenge in Originalgröße nachbauen. Und zwar aus alten Autos.
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Als Ort wählt er die alte Farm in Nebraska, wo sein Vater bis zu dessen Tod gelebt hat – bis heute steht Carhenge genau hier. Die Familie verabredet 1982 also, sich fünf Jahre später dort zusammenzufinden, um das skurrile Denkmal zu bauen. Und tatsächlich, im Juni 1987 versammeln sich insgesamt 35 Angehörige und beginnen mit der Errichtung. Pünktlich zur Sommersonnenwende desselben Jahres sind sie fertig, weihen das bizarre Monument mit Champagner und Musik ein.
Kunst aus alten Autos
Die insgesamt 39 ausrangierten Wagen werden für Carhenge so arrangiert, wie auch die Steine im echten Stonehenge stehen. Um das ganze noch authentischer zu machen, sprüht man sie sogar mit grauer Farbe an. „Atlas Obscura“ zufolge sind die Einwohner von Alliance aber zunächst alles andere als begeistert von dem eigenwilligen Kunstwerk.
Dank der Vermittlung eines Bezirksabgeordneten bleibt Carhenge aber nicht nur bestehen, sondern wächst in der Folge sogar noch. Heute gibt es dort neben einem Geschenkeladen auch noch eine Freilicht-Galerie, in der auch die Werke anderer Künstler ausgestellt werden. Viele von ihnen bestehen ebenfalls aus alten Autos bzw. Autoteilen. Und wenig verwunderlich ist Carhenge mittlerweile eine kleine landesweite Berühmtheit. Der Ort war bereits in zahlreichen Fernsehsendungen zu sehen, Zeitungen rund um die Welt berichteten.
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Beliebte Touristenattraktion
Laut der offiziellen Seite des Ortes haben bis heute mehr als 100.000 Menschen aus aller Welt Carhenge besichtigt. Auch auf dem Portal Tripdavisor zeigen sich die User begeistert von der ungewöhnlichen Sehenswürdigkeit. „Wie oft sieht man schon einen Ort wie diesen?“, schreibt einer. Ein zweiter Nutzer meint: „Absolut wert, hier anzuhalten, und sich dieses verrückte Monument anzuschauen.“ Ein Dritter kommentiert sogar: „Manche Menschen sagen, Disneyland sei der glücklichste Ort auf der ganzen Welt…diese Menschen waren noch nie bei Carhenge.“
Wer jetzt neugierig ist und Carnhenge einmal besuchen möchte: Der Ort ist das ganze Jahr über geöffnet, der Eintritt ist frei. Wer mag, kann aber eine Spende hinterlassen. Der Schöpfer von Carhenge, Jim Reinders, verstarb am 16. Oktober 2021 im Alter von 94 Jahren. Es bleibt abzuwarten, ob seine Familie auch ihm so ein ähnlich einzigartiges Denkmal errichten wird.