15. Januar 2019, 13:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der US-Amerikaner Travis McHenry gründete 2001 die Mikronation Westarctica – mitten in der Antarktis, auf einem Stück Land, das bis heute keine Nation offiziell für sich beansprucht hat. Der „Staat“ hat bereits mehr als 2300 „Bürger“ – einer von ihnen bin jetzt ich, Larissa Königs. Und nicht nur das: Ich bin sogar Baronin geworden.
Eine endlose Wüste aus Eis mit Höchsttemperaturen von minus 10 Grad im Sommer, eine mehr als 1,6 Millionen Quadratkilometer große Einöde mitten in der Antarktis – Marie-Byrd-Land ist sprichwörtlich ein gottverlassener Flecken Erde und eine der wenigen Regionen auf der Welt, die noch keine Nation offiziell für sich beansprucht hat.
Diesen Umstand nutzte ein Amerikaner 2001 auf skurrile Weise: Der ehemalige Soldat Travis McHenry erklärte Marie-Byrd-Land kurzerhand zu einer Mikronation, die er Westarctica taufte – sich selbst machte er dann zum Großherzog seines erfundenen Protektorats. Doch was nach einer reinen Schnapsidee klingt, ist durchaus ernst gemeint, wie der selbsternannte „Grand Duke“ TRAVELBOOK im Interview erklärte.
Umweltschutz als Staatsprogramm
McHenry sagte, dass er vor der Gründung von Westarctica seinen Anspruch in schriftlicher Form bei zahlreichen Nationen angemeldet habe. Leider wurde er von keinem Staat anerkannt. Dafür unterhalte er aber rege diplomatische Beziehungen mit den Herrschern anderer Mikronationen: „Auf der Hochzeit des Präsidenten von Molossia war ich sogar als Ehrengast eingeladen“, sagt er TRAVELBOOK. Molossia ist ein fiktiver Staat innerhalb der USA. Aktuell verbringe er zehn bis 20 Stunden pro Woche damit, Briefe und Mails zu Westarctica zu beantworten und Adelstitel zu verleihen – am liebsten seien ihm jedoch offizielle Termine. Entweder trifft er Chefs anderer Fantasie-Staaten oder er organisiert, wie auch in Berlin, Empfänge für die Bürger Westarcticas.
Sein Reich besucht hat der Herrscher allerdings bisher noch nie, denn eine Reise dorthin würde etwa 50.000 US-Dollar kosten. Dafür kämpft McHenry auf seiner Webseite vehement gegen das Schmelzen des antarktischen Eises und setzt sich für den Schutz der Wale ein, hat japanischen Walfängern sogar den Krieg erklärt. Westarctica ist auch eine gemeinnützige Organisation, die sich als inoffizielles Mitglied der UN für den Umweltschutz einsetzt.
Noch kein Besuch, aber der Traum vom Leben in Westarctica
Außerdem plant McHenry in näherer Zukunft eine erste kleine Expedition nach Westarctica – die offizielle Erlaubnis, eine verlassene Forschungsstation dafür zu nutzen, habe er schon 2015 von der russischen Antarktisforschung bekommen. Ein guter erster Schritt, denn McHenry will eines Tages selbst in „seinem“ Land leben – und am liebsten auch die 2356 „Bürger“ mitnehmen, die sein Staat laut seiner Webseite aktuell hat.
Wer jetzt glaubt, das sei alles nur ein Scherz: Nein, McHenry meint das wirklich bitterernst. So ernst, dass er sogar eigene Briefmarken und Münzen herausgibt und kurzzeitig sogar Pässe herausgab – die dann aber von Betrügern an Flüchtlinge verkauft wurden.
Das Land hat übrigens auch gleich zwei Nationalhymnen: einmal „God save Westarctica“, gesungen zu den Klängen von „God save the Queen“, und zweitens, kein Scherz, „Go West“ von den Village People.
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Für 100 Dollar wird man Baronin!
Ach ja, und McHenry verleiht finanziellen Unterstützern seines Projekts eigenhändig Titel wie Prinz, Graf oder Baron. Bürger kann man ganz umsonst werden, aber wer einen Titel anstrebt, muss dafür bezahlen: Für 60 Dollar kann man Baronetess oder Baronet werden, für 100 Dollar Baronin bzw. Baron werden, und 150 Dollar kostet der Viscountess- oder Viscount-Titel. Dafür erhält man unter anderem eine Mitgliedschaftsurkunde, Briefmarken, eine Karte sowie eine Flagge des Staates. Wie das genau abläuft, sehen Sie oben im Video!