23. August 2020, 7:39 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Der kleine Ort Balladonia in Australien wurde 1979 für kurze Zeit weltberühmt. Verantwortlich dafür war eine Panne bei der NASA. Was folgte, liest sich wie der Stoff aus einem Hollywood-Drehbuch – Verschwörungstheorien, Schatzsucher und eine Miss America inklusive.
Es ist das Jahr 1979, als der kleine Ort Balladonia in Westaustralien — die aktuellen Angaben variieren zwischen 9 bis 14 Einwohner — auf einen Schlag weltberühmt wird. Balladonia, das ist auch heute noch mehr oder weniger ein einziges Gebäude, mit endlosen Schafweiden drum herum. Und dem wohl skurrilsten Weltraum-Museum aller Zeiten.
Skurril ist dabei nicht das Museum als solches, sondern eher der Grund, warum es eben gerade in Balladonia steht, Hunderte Kilometer entfernt von jeder größeren Stadt, weitab jeglicher touristischer Attraktionen. Dazu muss man wissen, dass Balladonia 1979 für kurze Zeit im Fokus der Weltnachrichten war — denn genau hier stürzten am Morgen des 12. Juli Teile der NASA-Raumstation „Skylab” ab.
Raumstation-Absturz ohne Plan
Die Geschichte beginnt bereits 1973, als laut „ABC News” die NASA „Skylab” im Erdorbit in Betrieb nimmt — nur ein Jahr später wird die bislang einzige US-Raumstation von den Amerikanern in der Hoffnung aufgegeben, sie zu einem späteren Zeitpunkt reaktivieren zu können. 1979 kommt es unerwartet zu verstärkten Aktivitäten der Sonne, was „Skylab” sprichwörtlich aus der Bahn wirft. Schnell ist klar, die Raumstation wird auf die Erde stürzen, nur kann niemand genau vorhersagen, wo.
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Die NASA versucht zu beruhigen, es bestünde nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass das Weltraum-Labor über einer dicht besiedelten Gegend abstürzen würde – die Berechnungen der Wissenschaftler lassen darauf hoffen, dass es über dem Indischen Ozean passieren wird. Eine Mannschaft wird losgeschickt, um den Absturz von „Skylab”, wenn möglich, zumindest so zu lenken, dass „keine amerikanischen Leben gefährdet werden”. Robert Gray vom US State Department sagte damals laut „ABC News”-Reportern: „Wir hofften, dass wir sie nie wieder sehen würden.”
Der Beginn einer Schatzsuche in Balladonia
Die Hoffnung erfüllt sich nicht, die Station zerbricht. Ein Teil, immerhin so groß wie ein Haus, stürzt über Balladonia ab. Augenzeugen beschrieben den Vorfall damals als einen lauten Knall, manche sprachen von einem „Feuerwerk”. Was dann passiert, macht die Geschichte endgültig zur Legende, wie der Journalist David Whitley auf „Traveller” rekonstruiert: Angestachelt durch die weltweiten Medienberichte, verspricht die Zeitung „San Francisco Examiner” demjenigen 10.000 Dollar, der als Erstes ein Stück Weltraumschrott in die Redaktion bringen würde.
Daraufhin bricht eine Schatzsuche los, Menschen von überall machen sich auf nach Balladonia, manche angeblich gar in gecharterten Privatflugzeugen. Reporter, die über die Schatzsuche berichten, kämpfen um die einzige Telefonleitung im Ort, um die neuesten Nachrichten zuerst in ihre Redaktionen weiterzugeben. Auf dem Höhepunkt wird sogar die damalige Miss America an den Ort des Geschehens eingeflogen, denn die Wahl zur Miss Universe findet zur gleichen Zeit im etwa 900 Kilometer entfernten Perth statt.
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Ein Anruf vom US-Präsidenten
Balladonia verklagt die NASA wegen „littering”, also unerlaubtem Abladen von Müll. Die 400 Dollar, die der Ort damals forderte, hat die amerikanische Weltraumbehörde allerdings nie gezahlt, sie wurden 2009 nach einem Spendenaufruf von einer US-Radiostation gestiftet. Laut „ABC News” gab es damals nicht wenige, die zu dem Absturz sogar Verschwörungstheorien entwickelten: So behauptete ein australischer Journalist, er habe von den Amerikanern bereits Tage vor dem Zwischenfall Hinweise erhalten, sich in die Region um Balladonia zu begeben, und der Ort des Absturzes sei alles andere als ein Zufall gewesen.
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„Man wollte es gezielt zum Absturz bringen, um die weiteren Kosten einzusparen”, sagte der Reporter. Zudem sei es bemerkenswert, dass der Absturz nahe der Sperrzone „Pine Gap Maximum Security Base” stattgefunden habe, denn so habe man wohl mutmaßliches militärisches Spionage-Gerät an Bord der „Skylab” schnell und unauffällig in Sicherheit bringen können. Auf Google Maps ist ein solcher Ort nicht zu finden. Fest steht jedoch: Der damalige US-Präsident Jimmy Carter rief persönlich in Balladonia an, um sich bei den Einwohnern für den Vorfall zu entschuldigen.
Es war schließlich ein 17-jähriger Einheimischer, der sich die 10.000 Dollar aus dem Weltraum-Wettbewerb sicherte. Von dem skurrilen Ereignis, dass den Ort für ein paar Wochen weltberühmt machte, zeugt heute noch das erwähnte Museum im „Balladonia Hotel Motel”, welches von sich schreibt: „Unser Museum hat viele Informationen zu ‚Skylab‘ und den Ereignissen, die sich in dieser Nacht entspannen, und ist durchaus einen Besuch wert.”