
25. März 2025, 6:51 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Anhänger der John-Coltrane-Kirche in San Francisco verehren den 1967 gestorbenen gleichnamigen Jazz-Musiker seit seinem Tod als Heiligen. Die jede Woche stattfindenden Messen drehen sich dementsprechend um seine Musik, und ziehen regelmäßig Publikum aus aller Welt an. Das alles begann mit einem Paar, das kurz vor Coltranes Tod seine Musik hörte – und dabei laut eigener Aussage eine Art Erweckungserlebnis hatte.
Dass Musik in uns vielfältige und sehr kraftvolle Emotionen auslösen kann, ist wohl unbestritten. Doch in San Francisco steht das wohl einzige Gebäude der Welt, in dem ein Musiker aufgrund seiner Künste quasi-religiös verehrt wird. Denn die John-Coltrane-Kirche, so der Name des ungewöhnlichen Gotteshauses, preist den gleichnamigen Musiker seit dessen Tod im Jahre 1967 als Heiligen, hat ihm sogar ganz offiziell diesen „Titel“ verliehen. Die Messen, in denen sich alles um die Musik des Ausnahme-Jazzers dreht, ziehen mittlerweile Publikum aus der ganzen Welt an.
Übersicht
Paar erlebt „Klang-Taufe“
Die Anfänge der St. John Will-I-Am Coltrane African Orthodox Church, so der offizielle Name der selbst ernannten Kirche, gehen auf ein Erlebnis zurück, das deren Gründer laut offizieller Website im Jahr 1965 hatten. Damals gingen Franzo und Marina King, die noch heute das eigenwillige Glaubenshaus leiten, gemeinsam auf ein Konzert des Künstlers John Coltrane. Sie wollten ihren ersten Hochzeitstag feiern und erlebten während der Show das, was sie in späteren Interviews oft als ihre „Klang-Taufe“ bezeichneten. Die Musik beeindruckte sie derart nachhaltig, dass sie meinten, in Coltrane den Heiligen Geist wirken zu sehen und zu spüren.
Von der Gentrifizierung vertrieben
Als Coltrane am 17. Juli 1967 im Alter von nur 40 Jahren an Leber-Krebs verstarb, fühlte sich das Paar berufen, sein Andenken auf eine ganz besondere Weise für immer zu wahren. Und zwar mit der Gründung der John-Coltrane-Kirche. Diese war damals eigentlich nur ein Ort namens „Jazz Club“, wo Gleichgesinnte sich trafen und die Musik des Künstlers genossen. „Wir fühlten uns, als würden wir die Musik der Gemeinde zurückbringen“, so das Paar auf der Kirchen-Webseite. Schon bald wurde aus der bloßen gemeinsamen Rezeption von Klängen allerdings mehr.
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Der „Jazz Club“ benannte sich um in „Yardbird Club“ und schließlich „Yardbird Temple“, in dem die Freunde und Fans von Coltrane auch bald mit Praktiken wie Meditation, Fasten und Gebeten begannen, inspiriert von der „geistigen Erhebung durch die Musik“. Infolge der immer stärker zunehmenden Gentrifizierung in San Francisco musste die entstehende John-Coltrane-Kirche in den folgenden Jahren zahlreiche Male umziehen. Das Haus geriet unter zusätzlichen Druck, weil man einige Jahre lang mit der radikalen Black Panther Party sympathisierte, die sich teils auch mit Gewalt für die Rechte der schwarzen Bevölkerung einsetzten.

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„Singen, Händeklatschen und Tanzen“
Im Jahr 1981 dann wurde die John-Coltrane-Kirche offizielles Mitglied der bereits 1921 gegründeten Black Orthodox Church. Diese sprach den Musiker John Coltrane 1984 dann sogar heilig und kennt ihn seitdem als St. John Will-I-Am Coltrane. Auf der offiziellen Website ist der Jazz-Musiker im biblischen Stil einer klassischen Ikone dargestellt, mit Heiligenschein und einem Saxophon, aus dem Flammen lodern. Die Musik und Texte seines 1965 erschienenen Albums „A Love Surpreme“ sind die zentralen Elemente der Anbetung des Künstlers.
All das können Interessierte jeden Sonntag in der John-Coltrane-Kirche erleben, die sich heute am Marina Boulevard 2 in San Francisco befindet. Ab 11 Uhr geht es jeweils los, auf der Website steht dazu: „Wir laden jeden ein, durch Singen, Händeklatschen und Tanzen an der Messe teilzunehmen.“ Willkommen sind auch selbst mitgebrachte Musikinstrumente. Jeden ersten Sonntag im Monat finden zudem eine gemeinsame Meditation zu den Klängen von „A Love Surpreme“ statt. Der Eintritt ist für jedermann zugänglich und kostenlos, auf der Website kann man aber spenden oder Coltrane-Fanartikel kaufen.