11. Juni 2023, 16:11 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Die englische Kleinstadt Glastonbury ist unter Fans des Mystischen und Okkulten weltweit bekannt. Kein Wunder, soll doch hier der Sagenkönig Artus begraben liegen. Auch die letzte Ruhestätte des Heiligen Grals wird in zahlreichen Geschichten hier verortet. Und noch weitere Legenden ranken sich um den Ort.
Wer nach dem wohl sagenumwobensten Ort in ganz England sucht, der sollte einmal Glastonbury im Südwesten Englands besuchen. Denn wie kaum ein anderer Ort auf der Welt ist die Kleinstadt verbunden mit zahlreichen Legenden und Mythen, die nicht nur Freunde des Okkulten seit jeher begeistern. Und die bedeutendsten dieser Geschichten laufen zusammen an einem Hügel namens Glastonbury Tor, der, fast wie ein Wächter, über den Dächern der Stadt mitten aus der Landschaft ragt.
158 Meter hoch, ist der Hügel Glastonbury Tor, laut „Historic UK“ zudem die Wiege des Christentums in Großbritannien. Das liegt daran, dass er mit der Legende um einen ganz besonderen Kelch in Verbindung gebracht wird: dem Heiligen Gral. So soll Jesus bereits als kleiner Junge mit seinem Onkel Joseph von Arimathäa nach Glastonbury gereist sein, um hier die erste christliche Kirche Englands zu erbauen. Die Abtei der Stadt, von der heute nur noch Ruinen stehen, ist zwar nachweislich nicht so alt. Sie wurde aber dennoch immer wieder mit der Erzählung in Verbindung gebracht.
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Hinweise auf das legendäre Königsgrab
Später, nach der Kreuzigung Christi, soll Joseph dann den Heiligen Gral, der das Blut des Erlösers auffing, nach Glastonbury gebracht haben. Er vergrub ihn unter dem Tor-Hügel. Dort, wo er ruht, entsprang daraufhin demnach die sogenannte „Kelch-Quelle“, die noch heute sprudelt. Jeder, der ihr Wasser tränke, erhalte ewiges Leben, so heißt es. Der Hügel Glastonbury Tor selbst ist allerdings noch viel älter, seine Terrassen wurden vor bis zu 5000 Jahren angelegt. Wahrscheinlich war er schon damals eine wichtige Kultstätte.
Doch nicht nur mit dem Heiligen Gral wird der Hügel in Verbindung gebracht. Er wird auch immer wieder als das sagenumwobene Avalon gehandelt. Den Ort also, an den sich der legendäre König Artus nach seiner letzten Schlacht zurückzog. Die Abtei von Glastonbury wird auch heute noch als die letzte Ruhestätte des Königs und seiner Frau Guinevere gehandelt – obwohl es dafür historisch leider keinen Beweis mehr gibt. Doch der Erzählung nach fanden die Mönche der Abtei hier im Jahr 1191 die sterblichen Überreste zweier Menschen sowie ein bleiernes Kreuz mit der Inschrift „Hic iacet sepultus inclitus rex arturius in insula avalonia“: „Hier ruht der berühmte König Artus in der Insel von Avalon.“
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Der Artus-Kult hält bis heute an
Bereits Jahrhunderte zuvor hatte es Legenden um König Artus gegeben, der laut der offiziellen Seite der Abtei von Glastonbury im fünften oder sechsten Jahrhundert tatsächlich gelebt haben könnte. 1138 dann erschien das Buch „Geschichte der Könige von Britannien“, das einen regelrechten Artus-Kult auslöste, der bis heute anhält. Wenig verwunderlich wurden dann hier in Glastonbury gleich zwei berühmte Sagen miteinander verknüpft. Denn gemeinsam mit seinen Rittern der Tafelrunde sucht Artus als König nach dem Heiligen Gral.
1278 wohnte daher gar der damalige britische König Edward I. einer Zeremonie bei, bei der die vermeintlichen Überreste von Artus und seiner Frau in einem Grab aus schwarzem Marmor bestattet wurden. Bedauerlicherweise existiert dieses heute nicht mehr. Denn König Heinrich VIII dann ließ ab 1536 im Zuge der Reformation alle Gotteshäuser im Land zerstören, und diesem Wahn fiel 1539 auch die Abtei von Glastonbury zum Opfer. Noch heute markiert aber eine Plakette in den Abtei-Ruinen den exakten Ort, wo der große Artus ruhen soll.
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Kraftlinien und Natur-Religionen
Glastonbury ist aber heute bei Freunden des Mystischen und Okkulten auch aus anderen Gründen extrem beliebt. So soll laut „National Geographic“ unter der Stadt eine sogenannte „Kraftlinie“ verlaufen. Demnach erstreckt sich angeblich ein ganzes Netz von ihnen durch das ganze Land, ja die Welt, und verbindet bedeutsame Orte auf diese Weise miteinander. Der britische Archäologe Alfred Watkins prägte erstmals 1924 den Begriff, als er bemerkte, dass sich zahlreiche prähistorische Orte und heilige Kultstätten durch das Ziehen einer direkten Linie auf einer Landkarte „verbinden“ ließen. Die „Kraftlinie“, die angeblich durch den Ort verläuft, ist auch bekannt als Sankt-Michael-Linie. Der Name rührt daher, dass sie zahlreiche dem Heiligen geweihte Monumente miteinander „verbindet“. Auf dem Glastonbury Tor steht noch heute ein Turm der Sankt Michaels-Kirche aus dem 14. Jahrhundert.
Wenig verwunderlich zieht Glastonbury unter den zahlreichen Touristen, die den Ort jedes Jahr besuchen, besonders spirituell Begeisterte an. So leben unter den etwa 9000 Einwohnern der Stadt zahlreiche Menschen selbst getreu der „Natur-Religion“ Wicca. Dabei handelt es sich um eine Art heidnischen Kult, deren Anhänger sich als Hexen oder Hexer betrachten. Die Praktiken des Wicca gehen zurück auf vorchristliche Traditionen. Sie erlangten laut „BBC“ Bekanntheit vor allem durch den Autor Gerald Brosseau Gardner. Dieser verfasste mehrere Bücher zu dem Thema, die heute als Standardwerke gelten. Auch zahlreiche Läden in Glastonbury widmen sich dem Thema moderne Hexerei.
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Und dann ist da natürlich noch das Glastonbury Festival, das seit seinem Beginn 1970 jedes Jahr hunderttausende Menschen in den kleinen Ort zieht. Auch die Macher der Veranstaltung werben auf ihrer Webseite mit den Legenden um König Artus und Joseph von Arimathäa. Neben Musik gibt es hier auch Tanzveranstaltungen, Comedy, Kabarett, Zirkus, Theater und vieles mehr. Dazu kommen zahlreiche weitere Veranstaltungen wie die „Glastonbury Occult Conference“, die Workshops und Podiumsdiskussionen rund um das Okkulte anbietet. Zudem findet dem „Guardian“ zufolge seit mehr als 130 Jahren jedes Jahr am 1. Mai auf dem Tor-Hügel eine Druiden-Zeremonie statt. Die Stadt selbst hat 9000 Einwohner, die etwa 70 verschiedenen Glaubensrichtungen angehören.