3. November 2022, 8:28 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
In dem kleinen Ort Watson Lake in Kanada steht der wohl bizarrste „Wald“ der Welt. Denn im „Sign Post Forest“ finden sich nicht etwa Bäume, sondern Ortsnamensschilder. Auf über 90.000 Stück ist der Wald mittlerweile angewachsen – begonnen hat alles vor 80 Jahren mit einem von Heimweh geplagten Soldaten.
Wer einen Beweis dafür möchte, wie sehr manchmal ein einziger Moment die Geschichte eines ganzen Ortes verändern kann, der muss nur in das kleine Watson Lake im kanadischen Territorium Yukon fahren. Hier, an der Grenze zu Alaska, steht der wohl verrückteste „Wald“ der Welt. Denn statt Bäumen recken sich im „Sign Post Forest“ an Pfählen Ortsnamensschilder in die Höhe. Sehr, sehr viele Ortsnamensschilder. Und das alles nur, weil vor 80 Jahren ein Mann Heimweh verspürte.
Denn wie die offizielle Tourismusseite von Yukon berichtet, existiert der „Sign Post Forest“ bereits seit dem Jahr 1942. Demnach arbeitete der Soldat Private Carl Lindley mit anderen Mitgliedern des Ingenieurs-Korps am Bau des Alaska-Highway. Als er sich dabei verletzte, wurde er dazu eingeteilt, alte Wegweiser-Schilder wieder instand zu setzen. Wehmütig an seine Heimat in Danville, Illinois, denkend, errichtete Lindley der Stadt ein eigenes, handgemachtes Schild mit Distanz-Angabe als Denkmal. Darauf stand: Danville, Illinois, 4562 Kilometer. Er wusste nicht, was er damit in Gang setzen würde.
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Berlin, Hamburg und Nürnberg in Kanada
Denn schon bald begannen andere, Lindleys Beispiel zu folgen, und so wurde schließlich der „Sign Post Forest“ geboren. 1990 brachte ein Paar aus Ohio laut der Seite „Yukon Info“ das zehntausendste Schild an, 1992 gab es eine große Party zum 50-jährigen Bestehen. Seitdem ist der Schilderwald förmlich explodiert, „Smithsonian Magazine“ zufolge mittlerweile auf über 90.000 Exponate aus aller Welt angewachsen. Berlin ist genauso vertreten wie Hamburg, Nürnberg oder die Stadt Kyritz im Landkreis Ostprignitz-Ruppin.
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Ein Mitarbeiter des Besucherzentrums des „Sign Post Forest“ sagte gegenüber dem „Smithsonian Magazine“, dass es sich bei dem Schilderwald wohl um die weltweit größte Sammlung von Diebesgut handeln dürfte. Denn die meisten Ortsschilder wurden natürlich nicht gekauft, sondern entwendet, bevor man sie hier als Gag wieder anbrachte. Und längst befestigen die zahlreichen Besucher nicht mehr nur Ortsnamen, auch Nummernschilder oder sogar Klodeckel finden sich hier. Dafür, dass der Schilderwald weiter wächst, sorgt die Verwaltung des Ortes selbst.
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Jeder Besucher kann sein persönliches Schild hinzufügen
Denn jeder Besucher, der hierherkommt, kann mit kostenlos verfügbaren Bastelmaterialien ein eigenes Schild produzieren. Sogar Hämmer und Nägel verleiht das Besucherzentrum, damit die Gäste ihr ganz persönliches Schild im „Sign Post Forest“ anbringen können. Die Roadside Attraction ist jedes Jahr von Mitte Mai bis Mitte September geöffnet, sodass der einzigartige „Wald“ immer weiter wuchert. Mittlerweile gibt es am Ort auch ein Kino mit 60 Sitzen, in dem Besucher etwas über den Bau des Alaska-Highway erfahren können. Auch zahlreiche Exponate zeugen noch davon.
Übrigens: Im Jahr 2042, wenn der „Sign Post Forest“ 100 Jahre alt wird, gibt es hier ein jetzt schon fest stehendes Event. Dann nämlich wird eine Zeitkapsel ausgebuddelt, die man 1992 anlässlich des 50-jährigen Jubiläums vergraben hatte. Und eines ist sicher: Das etwa 80.000 Quadratmeter große Areal hat noch genügend Platz für weitere Ortsnamensschilder aus aller Welt.
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Auch die User des Portals Tripadvisor zeigen sich begeistert vom „Sign Post Forest“: „Es hat Spaß gemacht, herumzuwandern und Orte zu finden, die wir kannten“, sagt einer. Ein Zweiter meint: „Ich kann nicht glauben, dass Menschen aus so vielen Orten angereist sind, um hier ein Schild aufzustellen.“ Ein dritter Nutzer ergänzt: „Ein Muss, wenn man auf dem Alaska-Highway fährt, ein bemerkenswerter Ort und einen Stopp wert.“