24. November 2021, 16:59 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Nahe der spanischen Hauptstadt Madrid befindet sich ein Ort, der das Land bis heute spaltet. Im Valle de los Caídos liegen über 30.000 Tote aus dem Spanischen Bürgerkrieg bestattet. Für die einen ist es ein Monument des Schreckens, für andere ein Ort der Erinnerung.
Nördlich von Madrid liegt ein Tal, das fast jeder in Spanien kennt. Valle Cuelgamuros, besser bekannt ist es als das Valle de los Caídos – das Tal der Gefallenen. Die Gefallenen sind die mehr als 30.000 Toten aus dem Spanischen Bürgerkrieg, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Bis heute ist es ein Ort, der das Land in zwei Lager teilt.
Die Geburtsstunde des Valle de los Caídos ist am 1. April 1940. Damals gibt der spanische Diktator Francisco Franco in einem öffentlichen Dekret die Errichtung eines Denkmals für die Gefallenen des Spanischen Bürgerkrieges bekannt. Dieser war ein Jahr zuvor zu Ende gegangen, Zehntausende Menschen starben auf beiden Seiten. Franco spricht laut der Seite „Muy Historia“ von einem Monument, um „das Andenken unserer Gefallenen in unserem glorreichen Kreuzzug“ zu ehren.
Ein Monument der Sieger über die Besiegten
In Wahrheit soll das Valle de los Caídos vielmehr ein Monument der Sieger über die Besiegten sein. Eine Erinnerung an die Größe Francos selbst und den eisernen Griff, mit dem er das Land bis zu seinem Tod im Jahr 1975 festhalten wird.
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Schnell ist klar, dass ein Monument von derartiger Größe, wie es Franco vorsieht, enorme Arbeiten voraussetzt. Dafür zieht man neben den freiwilligen Kräften bis zu 20.000 Zwangsarbeiter heran. Sie sind Gefangene der Verliererseite aus dem Bürgerkrieg. Laut „La Vanguardia“ wird das immense Monument, das heute 30.000 Quadratmeter einnimmt, zu großen Teilen einfach in den Berg gesprengt. Am 1. April 1959, am 20. Jahrestag des Sieges von Francos Nationalisten im Bürgerkrieg, findet schließlich die Einweihung statt. Der Bau hat bis dahin über eine Milliarde Peseten verschlungen.
Viele Tote wurden ohne Erlaubnis der Angehörigen her gebracht
Der erste Tote, der hier seine letzte Ruhe findet, ist der Gründer der rechtsgesinnten Falangisten, José Antonio Primo de Rivera. Er starb gewaltsam zu Anfang des Spanischen Bürgerkriegs. Seine sterblichen Überreste ruhen bis heute im Valle de los Caídos. Es folgen im Laufe der Jahre und Jahrzehnte insgesamt 33.833 Menschen, von denen 12.410 bis heute nicht identifiziert sind.
Besonders bizarr: Um diese Toten im Valle de los Caídos zu bestatten, muss man sie vorher erst exhumieren. Das geschieht oft einfach ohne Erlaubnis der Angehörigen. Sie alle sind in einer riesigen, unterirdischen Krypta im Berg bestattet, in den das Monument hinein gebaut ist. Von 1957 bis 1959 brachte man die Mehrzahl der Toten, von beiden Seiten des Bürgerkrieges, hierher. Die letzte Beisetzung fand am 3. Juli 1983 statt.
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Vom Treffpunkt für rechte Gruppen zur Gedenkstätte
Genau wie es sich Franco gewünscht hat, ist das Valle de los Caídos von Anfang an ein Ort für seine Unterstützer. Als der Diktator 1975 stirbt, setzt man ihn ebenfalls hier bei. Er ist damit der einzige Tote im Mausoleum, der nicht im Bürgerkrieg starb. Seitdem trafen sich jedes Jahr am 20. November, seinem Todestag, rechts gesinnte Gruppen im Valle de los Caídos. 2019 wurde Francos Leichnam exhumiert, um dieser Art von Zusammenkünften ein Ende zu bereiten.
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Denn mittlerweile ist das Valle de los Caídos für viele tatsächlich ein Ort des Gedenkens, ein besinnlicher Ort, an dem man die unzähligen Toten eines sinnlosen Krieges ehrt. Innerhalb des Monuments findet sich eine katholische Basilika, auf dem über 1000 Hektar großen Gelände gibt es auch eine Benediktiner-Abtei, ein Gästehaus und einen Knabenchor. Über dem gigantischen Bau thront ein 150 Meter großes Kreuz. Es ist das größte frei stehende seiner Art auf der ganzen Welt.
Seit 2007 ist es in Spanien per Gesetz verboten, im Valle de los Caídos politisch motivierte Veranstaltungen abzuhalten. Besonders solche, die dem Gedenken an Franco dienen könnten. Seitdem können die Toten hier wieder in Frieden ruhen.