9. November 2021, 11:44 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
In der chinesischen Region Xiapu gaukeln Schauspieler Touristen ein geschöntes Bild vom idyllischen Leben auf dem Land vor. Besuchern ist das offenbar weitgehend egal, denn vielen geht es nur um das perfekte Urlaubs-Foto. Der Tourismus in Xiapu hat sich seit 2009 jedenfalls verzehnfacht.
Wer in der chinesischen Provinz Fujian in die Region Xiapu reist, der kann sich auf eines verlassen: Spektakuläre Fotos vom idyllischen Leben auf dem Land. Tatsächlich ist Xiapu dafür in den letzten Jahren so berühmt geworden, dass sich der Tourismus hier von 2009 bis 2019 verzehnfacht hat. Der Haken daran: Der Ort und seine vermeintliche Vorzeige-Romantik, sind nichts weiter als ein großer Fake.
Wie die „New York Times“ berichtet, arbeiten in Xiapu zahllose bezahlte Schauspieler daran, Touristen die perfekte Harmonie des Landlebens vorzugaukeln. Dafür kleiden sie sich auf traditionelle Art und Weise, treiben auf Bestellung Wasserbüffel über Felder oder holen Fischernetze ein. Inszeniert wird das alles auf Geheiß der chinesischen Regierung, die gestressten Großstadtbewohnern ein Gefühl für eine verschwindende traditionelle Lebensweise geben möchte.
Falscher „Morgennebel“ und gekaufte Fischer
Das bedeutet dann auch schon mal, das „Morgennebel“ durch das Verbrennen von Stroh erzeugt wird oder Fischer per Funkgerät Anweisungen bekommen, wann genau sie ihren Fang aus dem Wasser holen sollen. Die ganze große Inszenierung hat nur ein Ziel: Gut auszusehen auf den Social Media-Kanälen der unzähligen Besucher, die jährlich nach Xiapu kommen. Dafür trainiert man sogar die Tiere, damit sie auf den Bildern möglichst fotogene Posen zeigen.
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So dürfen sich die Touristen gegen Bezahlung selbst die Szenen aussuchen, die sie gerne fotografieren wollen. Gegen einen Aufpreis können sie den Schauspielern sogar Anweisungen geben, was diese für das Bild tun sollen. Auch jede gewünschte Requisite kann für Geld auf den Bildern auftauchen. Doch damit nicht genug: Touristen haben in Xiapu auch die Möglichkeit, selbst Kostüme zu mieten, um noch tiefer in die inszenierte Landidylle einzutauchen.
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Die Einheimischen profitieren von dem Geschäft
Die Inszenierung zahlt sich für die Einheimischen, die früher tatsächlich Bauern und Fischer waren (und teils auch heute noch sind), mächtig aus. So berichtet einer von ihnen der „New York Times“, täglich kämen etwa 500 Touristen zu seiner Lokalität. Jeder von diesen Besuchern zahle drei Dollar, um Bilder zu machen. Eine Tagesgage von 1500 Dollar also. Auf Bildern im Netz sieht man auch, wie an den gefälschten Foto-Hotspots massenhaft Urlaubs-Fotografen auf den perfekten Schnappschuss lauern.
Besonders auf Instagram sind die zahllosen, perfekt inszenierten Bilder aus Xiapu zu bewundern. Umso skurriler wirken sie aber, wenn deutlich wird, dass einige Touristen scheinbar durchaus wissen, dass Xiapu nichts weiter ist als ein inszenierter Fake. Bei dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo sind die Meinungen über Xiapu aber stark geteilt. Ein Nutzer meint sinngemäß: „In dieser Welt scheint es egal zu sein, ob etwas echt ist oder nicht – solange am Ende gute Fotos dabei rauskommen.“
Vielen Besuchern sei aber nicht von Anfang an klar, das Xiapu eine „Täuschung“ ist, so die „New York Times“ . Fänden sie es heraus, seien manche richtiggehend enttäuscht. Über den Grund, warum die gefälschte Idylle erst jetzt richtig bekannt wurde, wird im Netz ebenfalls spekuliert. So meint ein Weibo-User sinngemäß: „Was noch schlimmer ist: Wenn Leute herausfinden, dass es sich um falsche Bauern handelt, die nur posieren, machen sie das oft trotzdem nicht öffentlich. Stattdessen posten sie lieber hübsche Bilder.“ Und zugegeben, das kann man in Xiapu wirklich sehr gut.