3. Juni 2015, 15:38 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
In Teil 3 unserer großen Reportage aus Island lernen wir, warum die Isländer so gern Bier trinken, warum das kreative Potenzial hier auf der Insel besonders groß ist – und wie es in einem Gletscher aussieht.
Bier ist ein spannendes Thema in Island. Nicht nur, weil man von den Menschen hier sagt, dass sie gern und viel trinken. Sondern vor allem: weil die Beziehung zwischen den Isländern und dem Bier lange Jahre eine sehr besondere, da heimliche war.
Bis 1989 nämlich war Bier in Island verboten. Was nicht hieß, dass die Isländer bis dahin nichts tranken. Es gab schließlich genug andere, sehr viel härtere Alkoholika zu kaufen. Die Legalisierung des Biers, so erklärt uns Schauspieler Ólafur Darri Ólafsson, habe dazu geführt, dass man sich seitdem etwas langsamer betrinkt. Exzessiv indes geht es immer noch zu, wenn Isländer feiern – wie jeder sehen kann, der einmal über die Ausgehmeile Reykjaviks schlendert, die berühmte Kneipenmeile, auf der auch Darri seine Stammkneipen hat.
Wir wollten von dem Schauspieler wissen, warum die Isländer so gut feiern können. Und auch, wie es eigentlich dazu kommt, dass Isländer so kreativ sind. Kaum einer, der keine Band hat, kein Buch schreibt, kein Festival organisiert oder Museum eröffnet. „Isländer sind unstet aus Tradition, es ist ein Erbe der Natur. Sie sind schnell gelangweilt”, hat die ehemalige Präsidentin Islands, Vigdís Finnbogadóttir, einmal gesagt. Und tatsächlich wird Langeweile oft als Grund genannt, wenn es darum geht, das kreative Potential der Insel zu erklären.
Darri weiß noch ein paar andere:
Film mit Ben Stiller Die Drehorte von „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ in Island
Südamerikas gigantisches Naturparadies Darum muss man einmal im Leben nach Patagonien
Base Flying in Berlin Ich bin vom Park Inn gefallen – und so war’s
Der Gletscher
Wir haben viel erlebt auf dieser Reise (lesen Sie hier Teil 1 der Reportage), doch langsam geht sie zu Ende. Das letzte Abenteuer steht bevor. Wir besteigen einen Gletscher. Dazu schnallen wir uns Spikes unter die Schuhe, legen uns ein Geschirr um Hüften und Oberschenkel und bewaffnen uns mit Spitzhacken. Dann geht es los. Nicht ohne einem mulmigen Gefühl in der Magengegend. Wartet hier vielleicht erneut ein echter Mitty-Moment wie vor wenigen Tagen auf dem Quad? Was, wenn man sich in den Seilen verheddert, trotz Spikes vom Gletscher rutscht, am Seil baumelnd gegen eisige Felswände prallt?
Auch interessant: Spektakuläre Tour ins eisige Herz des Langjökull-Gletschers
Der Gletscher hat indes ganz andere Probleme. Die Klimaerwärmung bringt ihn zum Schmelzen, seit Jahren schon. „Da, wo wir jetzt noch auf dem Eis stehen, wird in wenigen Monaten nur noch Erde sein”, erklärt unser Guide und macht uns die dramatischen Zusammenhänge des Klimawandels klar. Die Touren, die er mit seinen Kollegen anbietet, sollen den Teilnehmern die Augen öffnen, für das Problem sensibilisieren – auch wenn es erst mal ganz anders aussieht: Dürfte der Einmarsch der Touristen mit Axt und Spikes den Rückzug des Gletschers nicht gar beschleunigen?
Und dann stehen wir vor der Gletscherspalte, in der wir uns nun – einer nach dem anderen – abseilen sollen. Die ersten verschwinden schon waghalsig im Nichts, mit erstaunten Rufen, die dumpf von glatten Wänden widerhallen – und auch mein bisschen Mut ist schon wieder weg. Ich habe die Wahl, ich muss da nicht runter. Andererseits: In nur wenigen Tagen ist das Gletscherloch geschmolzen, die Chance ist wahrlich einmalig. Und ist das Herz nicht ohnehin schon lange von seinem angestammten Platz gerutscht und vermutlich bereits da unten? Also hinterher!
Rückwärts sollen wir uns der Kante nähern. „Geh in die Hocke, als würdest du dich auf den Pott setzen”, rät der Guide. „Nicht nach hinten gucken”, ein anderer. Also Luft anhalten, Höhenangst wegschieben, Mitty-Mut zusammentrommeln und: in die Seile hängen.
Es geht besser als gedacht. Schneller als vermutet bin ich unten angelangt und stehe mitten in einer Gletscherschlucht, die wie der Geheimgang zu einem Eispalast ausschaut. Wasser läuft die Wände entlang. An seinem Ende einfach wieder rauskraxeln – unter dem Applaus der anderen und nicht ganz ohne Stolz. Hat man doch etwas getan, was man sich vorher nicht zugetraut hatte. Der Mitty-Moment, mal anders.
Und so entdeckt man am Ende der Reise noch einen weiteren Grund, warum Hollywood auf Island einfach abfahren muss. Denn das Land macht aus notorischen Angsthasen im Handumdrehen: kleine Helden. Wie im Film. Nur sehr viel schöner, da – echt.
Lesen Sie auch die anderen Teile der TRAVELBOOK-REPORTAGE:
Die Reise wurde unterstützt von Twentieth Century Fox.
Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit