22. Dezember 2022, 18:00 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Das YouTube-Format „7 vs. Wild“ von Fritz Meinecke begeistert derzeit Millionen Fans. Die zweite Staffel findet auf der Insel Isla de San José im Golf von Panama statt. Sieben Kandidaten kämpfen dort eine Woche jeweils ganz allein ums Überleben. Lediglich sieben Gegenstände dürfen sie als Hilfe dabeihaben. Doch wie bewältigt man ein solches Survival-Abenteuer? TRAVELBOOK hat mit einem ehemaligen Kandidaten von „7 vs. Wild“ sowie mit Überlebenstrainern gesprochen.
Nach dem Erfolg der ersten Staffel „7 vs. Wild“, ist auch die zweite Staffel bei den Fans beliebt. Die zweite Folge wurde bereits 11 Millionen Mal geschaut. Der Initiator der Serie, Fritz Meinecke, ist ebenfalls Teilnehmer beider Staffeln. Neben ihm sind außerdem sechs andere YouTuber und Streamer dabei, teils mit Outdoor-Erfahrung, sowie ein Wildcard-Gewinner. Ziel des Projektes ist es, sieben Tage auf der Insel Isla de San José zu überleben, ohne Kontakt zu anderen Menschen oder der Verwendung von Hilfsmitteln. Abgesehen von sieben vorher von den Teilnehmern ausgesuchten Gegenständen müssen sie mit den vor Ort verfügbaren Ressourcen auskommen. Nahrung und Trinkwasser müssen sie suchen, ebenso wie Material für den Bau eines Shelters. Nicht nur die Isolation mag durch die Abgeschiedenheit Probleme bereiten, auch das Wetter in diesen tropischen Gebieten ist teils unberechenbar. Und auch gefährliche Tiere wie das Salzwasserkrokodil lauern in den Mangroven der Insel.
Wie also übersteht man ein solches Experiment am besten? Welche Tipps muss man beachten, wenn es um Trinkwasser und Nahrungssuche geht? Woran erkennt man, was essbar ist? Und wie verhindert man einen möglicherweise tödlichen Angriff eines Fressfeindes? TRAVELBOOK hat mit Survivalexperten und einem ehemaligen Teilnehmer der Serie gesprochen und verrät die Überlebenstipps der Profis.
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Übersicht
1. Intensive Vorbereitung
„Wer ein solches Survivalabenteuer plant, sollte keinesfalls unvorbereitet aufbrechen“, erklärt Daniel Schäfer von SurviCamp gegenüber TRAVELBOOK. Es sei es mitunter sogar lebenswichtig, sich ausreichend über das Gebiet, in das man sich begibt, zu informieren, so Schäfer. Etwa, wenn es um essbare Pflanzen geht. Auf der Isla de San José gibt es zum Beispiel den giftigen Manchinelbaum. Dessen Früchte sehen zwar aus wie kleine Äpfelchen, sind aber hochgiftig. Ebenso wie alles andere am Baum. Wichtig sei es auch zu wissen, welche Tiere in dem Gebiet beheimatet sind, wie deren Jagdverhalten ist und wie man sich bei einer Begegnung verhalten sollte. Bei Outdoor- und Survivalabenteuern gilt also: Vorbereitung ist alles und kann sogar Leben retten! Ein umfangreiches Wissen über das Gebiet, deren tierische Bewohner und Pflanzen verringert das Risiko eines solchen Vorfalls erheblich.
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2. Schutz vor Fressfeinden
Auch hier gilt: Vorbereitung ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Welche Tiere gibt es an meiner Destination? Wann sind sie aktiv? Wie verhalten sie sich? Menschen sind im Normalfall keine Beute für wilde Tiere und greifen daher selten grundlos an, außer sie fühlen sich provoziert. Der ehemalige Teilnehmer Chris (YouTube: RELOADIAK) aus Staffel 1 von „7 vs. Wild“ verrät: „Menschen stehen grundsätzlich nicht auf der Speisekarte von Tieren, aber sie werden sich im Notfall verteidigen, wenn man es drauf anlegt. Deswegen sollte man ihnen einfach aus dem Weg gehen“.
Falls es doch zu einer Begegnung kommen sollte, raten Experten dazu, auf jeden Fall Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu verfallen. Für den unwahrscheinlichen Fall eines Angriffs sei es außerdem wichtig, den wunden Punkt des Tieres zu kennen. Bei Krokodilen seien das etwa die Augen oder bei anderen Wildtieren, wie Bären, oft die Nase. Ein Schlag oder Stich an diese Stellen könne dazu führen, dass die Tiere von einem ablassen. Dennoch gilt: Dies nur in einer offensiven Angriffssituation anwenden! Man sollte definitiv Abstand davon nehmen, das Tier als Erster anzugreifen. Solange man Ruhe bewahrt, verliert es womöglich von allein das Interesse und zieht sich zurück, ohne anzugreifen.
3. Prioritäten setzen
In einer Survivalsituation ist es wichtig, Prioritäten zu setzen und sich einen Plan zu machen. Survival-Trainer Daniel Schäfer erklärt, die wichtigsten Punkte seien Shelterbau, Trinkwasserbeschaffung und Sicherheit. Dazu solle man die Gegend erkunden und an geeigneter Stelle ein sicheres Lager errichten. Bestenfalls sollte dieses vor Regen schützen und leicht zu verteidigen sein.
4. Ein Lager errichten
Die Experten sind sich darin einig, dass der Shelter möglichst viel Schutz und Komfort bieten sollte. Komfort darf an dieser Stelle allerdings nicht mit dem Komfort des heimischen Bettes verwechselt werden. In der Wildnis sei es am wichtigsten, dass die „Unterkunft“ gut vor Regen und Mücken geschützt ist. Am geeignetsten sei eine Hängematte mit Mückenschutznetz und einem darüber gespannten wasserfesten Tarp. Besonders wichtig sei dieser Schutz, da Schlaf essenziell für die Leistungsfähigkeit und damit die Bewältigung eines solchen Abenteuers ist. Wird man also nachts von Mücken geplagt oder von Feuchtigkeit und Regen, so bekommt man nicht ausreichend Ruhe und Erholung.
Zum Schutz vor Feuchtigkeit und Insekten sollte man außerdem nicht direkt auf dem Boden schlafen, sondern seine Hängematte oder selbst gebauten Shelter erhöht anbringen. Zudem sollte man ein Lagerfeuer machen. Es schützt vor Kälte und man kann darauf Wasser abkochen, Nahrung zubereiten oder feuchte Kleidung daran trocknen. Auch nachts sorgt es durch die Wärme für besseren Schlaf und schützt zudem vor Tieren.
5. Die Nahrungsbeschaffung
Bei der Nahrungsbeschaffung gibt es leider keine allgemein anwendbare Faustregel dafür, was giftig und was essbar ist. Prinzipiell gilt jedoch, lieber Vorsicht walten zu lassen. Ist man sich nicht sicher, ob eine Frucht oder ein Pilz essbar ist, sollte man besser die Finger davon lassen. Zudem sollte alles gekocht und vorher probiert werden, um mögliche Vergiftungsreaktionen früh zu bemerken. In kleinen Mengen sind diese oft unschädlicher und man kann durch vorheriges Probieren einer ernsten Vergiftung vorbeugen.
Die Experten haben jedoch noch einen anderen überraschenden Tipp: gar nicht essen. Das mag zunächst kontraintuitiv klingen, aber der Mensch kommt bis zu 30 Tage ohne Nahrung aus. Die Dauer von „7 vs. Wild“ über sieben Tage ist somit, zumindest in der Theorie, ohne Essen zu bewältigen. Kandidat Chris verrät: „Den größten Respekt hatte ich vor der Nahrungsbeschaffung. Im „normalen“ Leben hatte ich auch schon Phasen, in denen ich mal drei Tage lang nichts gegessen hatte, aber eine Woche ohne Nahrung gab es bei mir noch nicht. Ich hatte mich also von vornherein darauf eingestellt, im worst case keine Nahrung zu mir zu nehmen. Tatsächlich fiel mir das aber einfacher als gedacht.“ Doch warum sollte man überhaupt auf Nahrung verzichten? Daniel Schäfer erklärt: „Kommt es zu einer Lebensmittelvergiftung, leidet der Körper darunter mehr als unter dem Verzicht auf Nahrung.“ Zudem koste die Nahrungsbeschaffung oft mehr Energie, als das Essen dem Körper gibt. Der Nahrungsverzicht kann somit ironischerweise sogar Energie sparen.
Aber Achtung!: Auf den kompletten Nahrungsverzicht sollte man nur in Extremsituationen zurückgreifen! Der Körper benötigt vor allem Kohlenhydrate für die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen. Bekommt der Körper diese nicht, bedient er sich an Fett- und Muskelreserven. Falls in einer Survivalsituation keine Nahrung auffindbar ist, sollte zudem der Energieverbrauch so gering wie möglich gehalten werden, um den Körper vor noch schnellerem Kraftverlust, Mangelerscheinungen sowie Unterzuckerung zu schützen.
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6. Trinkwasser finden und aufbereiten
Im Gegensatz zu Nahrung sollte man auf Wasser nicht verzichten. Zwar kann man theoretisch drei Tage ohne Wasser überleben, empfehlenswert ist der Verzicht jedoch keinesfalls, da man in wärmeren Gebieten oder bei körperlicher Anstrengung und Bewegung einen höheren Bedarf hat. Daniel Schäfer rät: „Das Wasser sollte auf jeden Fall abgekocht und gefiltert werden“. Selbst wenn die Wasserquelle sauber aussieht, kann es sein, dass sie dennoch verschmutzt ist oder krank machende Bakterien enthält. Auf der sicheren Seite ist man dagegen mit Regenwasser. Dieses kann in einem sauberen Gefäß aufgefangen und getrunken werden.
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7. Die richtige Ausrüstung
Für ein Survival-Abenteuer sollte man entsprechend ausgerüstet sein. Bei „7 vs. Wild“ dürfen die Kandidaten maximal sieben Gegenstände mitnehmen. Und auch im realen Leben spart es Platz und Gewicht im Rucksack, auf unnötige Ausrüstung zu verzichten. Einige Hilfsmittel sollte man allerdings unbedingt dabeihaben: So empfehlen die Experten ein Multi-Tool und Feuerstahl. Außerdem sollte man ein Messer oder eine Machete einpacken, womit man etwa Holz bearbeiten oder Äste abschlagen kann. Hilfreich seien zudem eine Hängematte mit Mückenschutz, ein Topf zum Wasserauffangen und -abkochen, Seile zum Bauen sowie ein Tarp, Schlafsack und wetterfeste Kleidung inklusive Schuhwerk. Für den Fall einer Verletzung sollte man außerdem immer ein Erste-Hilfe-Set dabeihaben.
8. Mentale Stärke und Psyche
Besonders herausfordernd kann auch die Isolation und Abgeschiedenheit sein, sollte man alleine in der Wildnis sein. Auch bei „7 vs. Wild“ haben Kandidaten Probleme mit dem fehlenden Kontakt zur Außenwelt und der daraus resultierenden Einsamkeit. Die Experten empfehlen daher, stets beschäftigt zu bleiben und zum Beispiel kleinere Bauprojekte durchzuführen. Erfolgserlebnisse sowie Beschäftigung helfen gegen die Stimmungstiefs und sorgen dafür, dass man die Situation mental besser bewältigen kann. Auch gewisse Routinen und Rituale können helfen.
Staffel-1-Kandidat Chris beschreibt seine Erfahrung mit der Isolation und die psychische Belastung dadurch so: „Meine größte Herausforderung war, sich von morgens bis abends zu beschäftigen und einen geregelten Tagesablauf zu entwickeln. Sich sieben Tage nur mit sich selbst und seinen Gedanken zu beschäftigen, keine Ablenkung zu haben oder irgendeine Form von Unterhaltung zu konsumieren, macht auf Dauer verrückt.“ Was mentale Stärke und die eigene Psyche für eine Rolle spielen, sollte also keinesfalls unterschätzt werden. Stattdessen sollte gezielt dafür gesorgt werden, Strategien zu entwickeln, um mit der psychischen Belastung umzugehen und dieser bestmöglich entgegenzuwirken.