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Caminito del Rey in Spanien

„Ich war unterwegs auf dem einst gefährlichsten Wanderweg Europas – und so war’s“

Caminito del Rey
Der Caminito del Rey galt einst als der gefährlichste Wanderweg Europas. Zu den spektakulärsten gehört er auch heute noch. TRAVEBOOK-Autor Robin hat ihn getestet. Foto: Getty Images/ Antonio Carlos Soria Hernandez / privat / Collage TRAVELBOOK
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

15. Februar 2024, 11:38 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Der Caminito del Rey in der Nähe der spanischen Stadt Málaga galt einst als der gefährlichste Wanderweg Europas. Lange war er gesperrt, doch auch nach seiner Wiedereröffnung hat er nichts von seinem Nervenkitzel verloren. Unser Autor fand bei seinem Besuch hier einen atemberaubenden Trail innerhalb schönster Natur – Einsamkeit suchte er bei einer der größten Touristenattraktionen in Andalusien allerdings vergeblich.

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10 Uhr morgens, der aus Málaga kommende Zug hält endlich an der kleinen Station El Chorro, wo heute für mich ein großes Abenteuer beginnen soll. Die Sonne lacht, morgens hier auch Ende Januar schon herrlich wärmend. T-Shirt-Wetter, Abenteuer-Zeit. Denn irgendwo in den schroffen Bergen, die das kleine Nest El Chorro einrahmen, beginnt Spaniens vielleicht spektakulärste Wanderung. Der Caminito del Rey, seit Jahren auf meiner Wunschliste, heute werde ich ihn bezwingen. Und unterwegs zahlreiche Überraschungen erleben, von denen ich jetzt noch nichts weiß.

Zugegeben, besonders lang ist die Strecke entlang des Caminito del Rey mit knapp acht Kilometern nicht. Ich habe mir dennoch für heute nichts anderes vorgenommen, möchte mich am liebsten in einsamster Natur einfach treiben lassen, Schritt für Schritt entdecken. Doch noch muss ich mich gedulden, denn zum Einstieg des Weges muss man noch einmal einen Bus nehmen – oder sehr lange immer entlang der gewundenen Bergstraße laufen. Leichte Frustration, denn erst gestern hatte man mir in der Touristeninformation in Málaga eine „Karte“ gegeben, auf der das alles viel einfacher aussah. Der wahre Wanderer möchte sich ja am liebsten alles zu Fuß erschließen, aber nun ja.

Caminito del Rey
Der knapp acht Kilometer lange Caminito del Rey führt unter anderem durch zwei Schluchten Foto: Getty Images

Benannt nach einem König

Also in den Bus, 2,50 Euro für das Ticket, und nun über eine kurvenreiche Strecke dem Caminito del Rey entgegen. Dieser heißt so, weil ihn der damalige König Alfonso XIII. 1921 besuchte – übersetzt bedeutet der Name nämlich so viel wie „der kleine Weg des Königs“. Der spanische Grande wollte seinerzeit hier jedoch keinesfalls wandern. Er besuchte stattdessen vielmehr das Wasserkraftwerk, das man 1906 fertiggestellt hatte. Es bändigt noch heute die Kraft des Guadalhorce-Flusses, der wiederum durch zwei atemberaubende Schluchten entlang des Königsweges fließt.

Und für die Arbeiter jenes Kraftwerks baute man ursprünglich auch zwischen 1901 und 1905 den heutigen Caminito del Rey. Eine nahezu ungesicherte Strecke über Bohlenstege entlang schwindelerregender Abgründe, mittels derer sie Schlüsselstellen in der Energiegewinnung entlang des Flusses besser kontrollieren konnten. Später kamen dann Freunde des Nervenkitzels, um eine Strecke zu wandern, die wohl nicht zu Unrecht als gefährlichster „Trail“ Europas galt. Nachdem allein zwischen 1999 und 2000 hier fünf Menschen ums Leben gekommen waren, sperrte man den Königsweg im Jahr 2001 für Instandsetzungsarbeiten. Seit der Wiedereröffnung 2015 ist er eine der wohl größten Touristenattraktionen in Andalusien.

Caminito del Rey
Wanderer auf dem Caminito del Rey werden unter anderem mit solchen beeindruckenden Ausblicken belohnt Foto: Getty Images

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Touristenbusse im 10-Minuten-Takt

Und so laden denn auch gefühlt im Zehn-Minuten-Takt Busse neue Ladungen an Touristen am Anfangspunkt der Wanderung ab, dem ob seiner Größe etwas irreführend benannten Restaurant „El Kiosko“. Von hier aus darf man dann schon mal ein wenig wandern, um zum Einstieg des Caminito del Rey zu gelangen. Dort befindet sich ein Kassenhäuschen, bekommt jeder Besucher aus Sicherheitsgründen einen Helm überreicht. Ich entscheide mich für die etwas längere Strecke dorthin entlang des Guadalhorce. Eine gute Wahl, denn schon bald umfängt mich eine herrliche Stille. In dem lichten Nadelwald höre ich außer meinen eigenen Schritten nur ein wunderschönes, frühlingshaftes Vogelkonzert.

Ein warmer Wind streichelt die Haut, der türkisgrüne Guadalhorce fließt gemächlich durch ein Tal rostroter Felsen. Nach etwa einer halben Stunde bin ich dann beim Einstieg zum Caminito del Rey, und hier ist es auch mit der herrlichen Einsamkeit endgültig vorbei. Ein Mitarbeiter verriet mir später, dass die Strecke das tägliche Limit von 1300 Besuchern an jedem einzelnen Tag des Jahres erreiche. 10 Euro kostet der Eintritt für eine individuelle Wanderung, 18 Euro die geführte Tour. Wer auf eigene Faust wandern möchte, muss aber sein Ticket im Voraus reservieren – die limitierten Plätze sind mitunter bereits Monate vorher ausverkauft.

Caminito del Rey
Der Caminito del Rey galt einst als der gefährlichste Wanderweg Europas Foto: Getty Images

So wandern Sie allein

Ich habe aber keine Lust auf Gruppe, auf von einem Guide vorgegebenes Tempo. Ich will den Caminito del Rey auf eigene Faust entdecken – und darf das dann letztlich auch dank eines „Tricks“. Denn wer die 18 Euro Tageskasse bezahlt, kann sich hinterher frei aussuchen, ob er sich auch wirklich einer der geführten Gruppen anschließt, die hier etwa im 10-Minuten-Takt starten. Blaue Helme für die Individualisten, Einheits-Grau für die Herdentiere. Damit es nicht zu allzu großen Staus entlang des schmalen Weges kommt, geben die Guides jeweils das Startzeichen zum Aufbruch für eine gewisse Anzahl an Personen.

Ich warte ein wenig ab, bis meine „Mitläufer“ außer Hörweite sind, dann setze ich mich in Bewegung. Zu vernehmen jetzt nur noch das Rauschen des Flusses, der sich gleich zum Einstieg des Caminito del Rey durch die hunderte Meter hohen Steilwände der Schlucht Desfiladero de Gaitanejos presst. Entlang eines Bohlenstegs durchquert man langsam die Passage, trotz der Sicherung mit Stahlseilen dreht sich beim Herunterschauen in die Tiefe der Magen um. Wie in einem alten Westernfilm kreisen am azurblauen Himmel unzählige Geier, als warteten sie nur auf ein „Opfer“. Schon auf den ersten Metern hämmert das Herz im Brustkorb.

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Pause mit wilden Ziegen

Ungläubiges Staunen, als ich auf der anderen Seite der Schlucht Eisenbahngleise entdecke. Tunnel bohren sich durch den scheinbar undurchdringlichen Sandstein, entlang der Strecke auch immer wieder Viadukte über dem Abgrund. Seit 1866 fahren hier Züge auf der Route Málaga-Cordoba. Dem Bau der Eisenbahn folgte dann das Wasserkraftwerk und damit der Caminito del Rey. Mein Weg schmiegt sich ebenfalls eng an den Fels. Immer wieder muss ich mich an die Wände drücken, um schnellere Besucher vorbeizulassen. Nicht unbedingt das, was man sich unter einem entspannten Wandertag vorstellt.

Die Schlucht öffnet sich schließlich und geht in das sanfte Tal Valle de Hoyo über. Hier mäandert der Guadalhorce dann wieder gemächlich durch Riet und Nadelwälder. Und war es in der schattigen Schlucht doch merklich kälter, scheint nun schon wieder herrlich die Sonne. Die wohltuende Wärme nutzt auch eine Gruppe wilder Bergziegen für eine Siesta zwischen Bäumen, nur die jungen Zicklein tollen herum. Die Tiere kennen überhaupt keine Scheu, lassen sich bereitwillig beobachten und fotografieren. Selbst, als ich wieder einmal von einer Gruppe von mindestens 30 Personen eingeholt werde.

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Höhepunkt des Caminito del Rey

Die Wanderung strebt nun ihrem Höhepunkt an Nervenkitzel entgegen, als ich mit dem Desfiladero de Gaitanes die zweite Schlucht entlang des Caminito del Rey erreiche. Der Sandstein zu bizarren Formationen aufgeschichtet wie Blätterteig. Hier sieht man auch besonders gut noch die Überreste des alten Weges. In Gedanken versuche ich mir die Angst der Arbeiter vorzustellen, die sich dort einst entlang hangeln mussten. Ich habe jedenfalls angesichts der steilen Untiefen unter dem mit Stahlstreben gesicherten Weg ein mitunter flaues Gefühl im Magen.

Dann eine letzte Mutprobe, über eine stählerne Hängebrücke überquere ich die Schlucht. Die einmalige Aussicht auf das unten liegende Tal und das inzwischen wieder nahe El Chorro genießt man am besten schon vorher. Stehen bleiben möchte ich jedenfalls hier, hunderte Meter über dem Abgrund, lieber nicht. Zumal die Brücke im Wind doch nicht unerheblich schwankt, zu viel jedenfalls für meinen Geschmack. In der Folge sind noch einmal ein paar steile Treppen zu bezwingen, dann wird der Weg breiter, und läuft langsam bis zum Ort hin aus.

Caminito del Rey
Auf dieser schwankenden Hängebrücke überquert man zum Ende des Caminito del Rey die gähnende Schlucht Foto: Getty Images

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Um den Schweiß und das Adrenalin abzuwaschen, gönne ich mir ein Bad in dem noch sehr kühlen Stausee der Stadt. Schon verschwindet die Sonne hinter den Berggipfeln, ist ein ganzer Tag auf dem Caminito del Rey vorbei. Ich gönne mir dann noch ein Essen im „La Garganta“, dem einzigen Restaurant am Ort. Aber soviel sei gesagt: Der Ausblick hier ist definitiv um Welten besser als die Küche. Ein letzter Milchkaffee in der „Bar Isabel“, dann trägt mich der Zug wieder zurück durch die abendliche Landschaft Richtung Málaga. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine Wanderung, die einst als die gefährlichste Europas galt. Und die auch heute noch sicher mit zu den spektakulärsten zählt.

Alle Informationen zu Ihrem Besuch auf dem Caminito del Rey hält die offizielle Webseite bereit. Leider sind die Angaben ausgerechnet bei den Öffnungszeiten allerdings ziemlich unpräzise. Daher empfiehlt es sich, weitere Quellen zu konsultieren.

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