22. September 2024, 13:23 Uhr | Lesezeit: 15 Minuten
Claudia Prommegger ist schon mehrere Jakobswege durch Spanien gewandert. Besonders die einsamen Caminos, abseits der Massen, haben es ihr angetan. Für TRAVELBOOK hat sie ihre letzte Pilgerreise auf dem Camino de Levante und dem Camino Sanabrés dokumentiert.
Vorbei an Windmühlen, Orangenplantagen und Olivenhainen führt der Camino de Levante durch farbenfrohe Landschaften in Castilla-La Mancha. Er startet in València am Mittelmeer und führt über 800 Kilometer quer durch Spanien bis Zamora. Obwohl der Weg relativ gut mit Muscheln, Pfeilen und Schildern markiert ist, sieht man hier nur selten andere Wanderer. In Zamora trifft der Camino de Levante auf die Via de la Plata und dort kann man sich entscheiden, ob man die weiteren 450 Kilometer auf dem Camino Francés oder über den Camino Sanabrés nach Santiago de Compostela pilgern möchte. Ich habe mich bei meiner Reise für letzteres entschieden und meine Erfahrungen dabei dokumentiert.
Die Infrastruktur auf dem Camino de Levante ist sehr schlecht
Einige Tagesetappen sind sehr anspruchsvoll und betragen bis zu 30 Kilometer am Stück ohne Bar, Brunnen oder Supermarkt. Unterwegs gibt es am Wegesrand keine Bank, um Pause zu machen, ebenso fehlt Schatten bei starker Sonnenstrahlung oder eine Möglichkeit, sich bei plötzlichem Regen kurz unterzustellen. Man wandert kilometerweit durch Plantagen, Felder, Wälder und Kuhweiden.
Verglichen mit dem bekanntesten Jakobsweg, dem Camino Francés, ist die Infrastruktur schlecht bis nicht vorhanden. Es gibt Herbergen, doch nicht überall. Außerdem muss man sich den Schlüssel für die Herberge meist bei der Polizei oder in der Dorfbar abholen. Hilfreich ist es, Spanisch zu können und vorher anzurufen, denn natürlich fahren die Polizisten ihre täglichen Einsätze und sind manchmal stundenlang nicht in der Polizeistation anzutreffen.
Tag 1: Es kann losgehen!
Mitte März starte ich in València mit meiner Pilgerreise auf dem Camino de Levante. In der Kathedrale hole ich mir den ersten Stempel für meinen Pilgerausweis, der als Nachweis für die Pilgerurkunde in Santiago de Compostela benötigt wird. Anschließend werde ich auch noch gesegnet. Jetzt kann ja nichts mehr schiefgehen! Vamos!
Das Gehen ist das eine, aber den Rucksack über viele Stunden zu tragen, muss man auch gewohnt sein. Da ich unterwegs fotografiere und arbeite, habe ich neben meiner Fotoausrüstung auch einen Laptop mit. Insgesamt wiegt bei Rucksack wahrscheinlich mindestens 12 Kilogramm. Das ist zwar nicht ganz pilgertypisch, aber so kann ich ohne Zeitdruck durch Spanien wandern.
Leider ist es mit 26 Grad eigentlich viel zu warm zum Wandern. Es gibt zum Glück immer mal wieder schattige Wege, aber dann komme ich auf einen Abschnitt, wo kein Baum und kein Haus einen Schatten wirft. Es ist furchtbar heiß und ich bin froh, dass ich immer mit 1,5 Liter Wasser losgehe.
Die erste Etappe bis Silla ist nur 15 Kilometer, denn Almussafes, der nächste Ort, hat nur eine Unterkunft und dort hat sich niemand zurückgemeldet. Daher lieber kein Risiko am ersten Tag eingehen und besser eine kürzere Etappe als zu viele Kilometer gehen. Abends im Hostel spüre ich die ersten Rückenschmerzen. Ich bin es nicht mehr gewohnt, den schweren Rucksack zu tragen. Aber sonst geht es mir gut und ich freue mich schon auf Tag 2!
Tag 2: Eine ganze Herberge für mich allein
Die zweite Etappe habe ich auch schon am Vorabend geplant: ich werde sie auf zwei Tage aufteilen, denn es ist einfach zu heiß! Ab morgen geht es auch etwas bergauf, aber der Camino umrundet die meisten Berge. Daher geht es aktuell auch „in die falsche Richtung“, also nach Süden, bis ich die Berge umrundet habe und dann erst in den Nordwesten.
Nach anstrengenden 24 Kilometern komme ich nachmittags in meinem Zielort Algemesí an. Es war wieder sehr heiß, aber dieses Mal kann ich in einer Pilgerherberge übernachten. Der Ersteindruck ist sehr gut: im Haus, das sehr zentral neben der Kirche gelegen ist, gibt es eine Küche, zwei Badezimmer, einen Aufenthaltsraum mit großem Tisch und einen Schlafsaal mit vielen Stockbetten und einem Schreibtisch. Einzig an weiteren Pilgern fehlt es.
Tag 3: Ich bin doch nicht allein
Am Morgen des dritten Tages gehe ich, wie jeden Tag, zuerst in eine Bar und bestelle mir ein Frühstück. Gestärkt geht es weiter zur Kirche, denn dort muss doch irgendwo die nächste Wegmarkierung sein! Ein bisschen planlos stehe ich vor der Kirche und sehe, dass für Feierlichkeiten eine Bühne aufgebaut wird. Aber wo ist denn jetzt der gelbe Pfeil? Oder die Muschel?
Während ich den Boden und die Fassaden nach Camino-Symbolen absuche, spricht mich ein Mann an, ob ich denn nach Santiago pilgere. Ich nutze die Gelegenheit, plaudere kurz mit ihm und stelle die Frage der Fragen: Wo ist denn hier der Camino de Santiago? Er sagt, ich solle ihm folgen und gemeinsam umrunden wir die Kirche und gehen ein Stück die Straße entlang. Wir kommen an eine Kreuzung und siehe da, unter der Palme am Bordstein leuchtet mir der gelbe Pfeil entgegen. Endlich kann es losgehen! Ich danke dem Mann für seine Hilfe, verabschiede mich und verlasse Algemesí.
Unterwegs komme ich durch mehrere Dörfer, die sich schon für das valencianische Frühlingsfest „Las Fallas“, das jedes Jahr zum Josefstag im März gefeiert wird, vorbereiten. Viele Leute aus dem Dorf sind da, während ich die aufgebauten, bunten Figuren fotografiere. In Spanien wird eben zu jeder Gelegenheit groß gefeiert.
Als ich in La Pobla Llarga ankomme, steuere ich gleich die Polizeistation an, denn dort gibt es den Schlüssel für die Herberge. Aber es ist keiner da. Ich wähle die Nummer der Policía Local und erfahre, dass sie gerade „en servicio“ sind, also im Auswärtsdienst. Ich muss fast eine Stunde warten, bis der Polizeichef und sein Kollege mit dem Auto angefahren kommen. Kurz danach kommt eine weitere Pilgerin in die Polizeistation! Sie ist Französin und heißt Corinne.
Die beiden Polizisten fahren Corinne und mich im Polizeiauto zur Herberge, zeigen uns alles und geben uns die Schlüssel. Als wir fragen, was die Übernachtung kostet, sagen sie nur auf Spanisch „es gratis“. In der Herberge sehe ich aber, dass es eine Spendenbox gibt und werfe 10 Euro ein.
Tag 4: Es wird immer heißer, obwohl es erst Mitte März ist
Mit 32 Grad steht der heißeste Tag vor der Tür. Ich habe daher beschlossen, früh morgens zu frühstücken, damit ich bald los kann. In der ersten Bar gibt es keine Tostadas. Die zweite Bar öffnet erst etwas später. Um halb neun bekomme ich endlich meine Tostadas mit Olivenöl und Tomate. In der Zwischenzeit buche ich mir für heute doch noch ein Zimmer in Xàtiva, denn die Kleinstadt hat keine Herberge und ist groß genug, dass bestimmt viele Leute zu den Feierlichkeiten „Las Fallas“ am Wochenende dort sind.
Mittags um Punkt zwölf komme ich vor der großen Hitze in der ersten Bar in Xàtiva an und bestelle ein eiskaltes Bier gegen den Durst, lecker! Danach geht‘s in die Unterkunft und anschließend erkunde ich noch ein wenig die Stadt.
Tag 7: Das Eingewöhnen nach einer Woche ist geschafft!
Nach einer Woche habe ich die Grenze València/Castilla-La Mancha überquert. Mein erster Eindruck: hier ist es ganz schön windig, aber das ist typisch für Castilla-La Mancha. Es gibt hier historische Windmühlen, unter anderem bekannt aus „Don Quijote“.
Meine Wanderhose sieht mittlerweile aus, als wäre ich durch die Wüste gelaufen. Gewaschen wird jetzt aber noch nicht. Ich warte, bis es eine Waschmaschine in einer Unterkunft gibt. Bisher waren alle Waschmaschinen kaputt oder es gab gleich gar keine.
Die erste Woche ist immer anstrengend, der Rucksack ist schwer und die Beine sind lahm. Aber heute habe ich ein gutes Tempo drauf. Es ist erst Vormittag und ich habe schon 8 Kilometer geschafft. Allerdings habe ich noch einige vor mir und die Sonne knallt erbarmungslos herab.
Tag 10: Gibt es hier keine weiteren Pilger?
Die heutige Wanderung durch Castilla-La Mancha war wirklich wunderschön. Das Schönste waren die weiten Felder und die Natur. Ich hatte das Gefühl, wirklich fernab der Zivilisation zu sein. Auffällig war, dass es hier mehr Insekten, Spinnen und Käfer gibt als sonst, allerdings immer noch erschreckend wenige.
Seit Tagen habe ich keinen Pilger mehr getroffen und auch von den beiden anderen Pilgern, die ich bisher getroffen hatte, fehlt jede Spur. Unterwegs passiere ich eine Tafel, wo draufsteht, dass es noch 1.000 Kilometer bis Santiago der Compostela sind. Hurra, also ab sofort dann nur noch dreistellig!
Kurz darauf treffe ich auf einen alten Mann, der in der Nähe wohnen muss und hier spazieren geht. Er fragt mich, ob ich allein unterwegs bin und ob ich nicht Angst habe, denn es laufen hier so viele gefährliche Menschen herum. Ich erzähle ihm, dass ich eigentlich mit einer Freundin wandern wollte, diese aber kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen nicht mitkommen konnte. Das leuchtet ihm ein, aber warum ich dennoch allein unterwegs bin, findet er viel zu gefährlich. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Alle Menschen, die ich bisher getroffen habe, waren immer nett, hilfsbereit und ungefährlich.
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Tag 12: Vorbei ist es mit der Hitze
Nach zwölf Tagen beginnt eine einwöchige Regenphase. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich das natürlich noch nicht und hoffe, dass es der erste und einzige Tag ist, an dem ich nass werde. Regen macht alles unterwegs komplizierter. Der Boden verwandelt sich in Lehm, der an den Schuhen klebt. Allerdings entdecke ich nun auch Spuren in der aufgeweichten Erde und weiß, dass hier weitere Pilger durchgekommen sind, auch wenn ich niemanden angetroffen habe.
Tag 14: Schlaflos in Minaya
Mit 40 Kilometer pro Stunde bläst mir der Wind direkt ins Gesicht und natürlich gibt‘s dazu auch noch eine große Portion Regen. Es ist sehr anstrengend zu gehen, so dass mir die heutigen 18 Kilometer echt reichen.
Die Herberge in Minaya ist nur die Abstellkammer in einer Turnhalle. Jesús, der für die Herberge zuständig ist, zeigt mir alles. Er erklärt mir, wie ich das Wasser zum Duschen vorheizen muss und dass heute in der Halle Kinder trainieren kommen – also nichts mit Ruhe. Die Dusche ist auch mehr ein Experiment. Das Wasser spritzt in jede Richtung, nur nicht dorthin, wo man es erwarten würde.
Nachts stürmt es noch immer, die Türen quietschen, an Schlaf ist nicht zu denken. Dann regnet es auch noch herein, direkt über meinem Bett! Zum Glück gibt es noch einen Stapel Turnmatratzen, das wird die restliche Nacht also mein Schlafplatz sein.
Am Morgen begutachte ich, wie viel Wasser sich im Eimer, den ich nachts gefunden und ins Bett auf die Matratze gestellt hatte, gesammelt hat. Es ist knapp ein Zentimeter. Danach packe ich meinen Rucksack und lege Jesús noch eine Geldspende auf den Tisch. Das kann er für die Herberge wirklich dringend gebrauchen! Anschließend verstecke ich den Schlüssel an der ausgemachten Stelle und mache mich so schnell wie möglich auf, um aus Minaya zu verschwinden.
Tag 16: Vom Regen in die Traufe
Ich kann den Kirchturm von der Ortschaft Las Pedroñeras schon sehen. In 6 Kilometern bin ich endlich da. Dann öffnen sich die Himmelspforten und ein heftiger Wolkenbruch erwischt mich. Innerhalb weniger Minuten bin ich trotz Regenjacke und Regenhose komplett nass. Ich suche irgendetwas zum unterstellen, aber hier ist nichts. Sogar meine Füße sind jetzt nass. Mittlerweile sehe ich den Kirchturm vor lauter Regen gar nicht mehr, aber meine Beine und Stöcke wissen ein Glück von selbst, was zu tun ist.
Nach einer guten Stunde erreiche ich endlich das Dorf. Ich betrete die gut besuchte Bar und wie im Film wird es schlagartig still, als ich triefend nass in der Tür stehe. Es gibt nur einen kleinen freien Platz an der Bar, wo ich meinen Rucksack abstelle und mich langsam aus meiner Regenjacke schäle. Ich frage einen Jungen, ob der Stuhl neben ihm frei ist. Aber er ist besetzt. Ein Mann bietet mir einen Barhocker an und der Junge trägt mir diesen schneller als ich schauen kann zu meinem Rucksack an die Bar. Ich muss wohl wirklich sehr, sehr erbärmlich ausgesehen haben.
Ich frage die Frau neben mir, ob sie wüsste, wo man jetzt am besten wegen einer Herberge wen erreichen könnte. Sie sagt, sie kennt jemanden vom Rathaus und sucht nach einer Nummer in ihrem Telefon. Der Barkeeper hat unser Gespräch gehört und reicht mir eine Visitenkarte. Ich bedanke mich und rufe im Priesterkonvent an. Jesús – ein sehr beliebter Name, wie mir scheint – fragt, wann ich denn ankomme und ich sage ihm, ich könnte in fünf Minuten da sein. Ich beeile mich, trinke schnell aus, zahle und treffe Jesús im Konvent. Die Unterkunft hat viele Zimmer, eine Küche mit vollem Kühlschrank und diesmal gibt es sogar eine Waschmaschine! Perfekt, und jetzt endlich raus aus den nassen Sachen und ab vor den Heizstrahler!
Die letzten Etappen des Camino de Levante
Auf den 800 Kilometern des Camino de Levante habe ich an den skurrilsten Orten übernachtet: in einer Stierkampfarena, in einer umgebauten Umkleidekabine, an einem Sportplatz, in einer Burg, in einer Musikschule, im Rathaus, in einem Klassenzimmer, um nur einige zu nennen. Ich bin spontan zu einem Häkelnachmittag bei Kaffee und Kuchen eingeladen worden, habe unglaublich viele nette Menschen getroffen, wir haben Geschichten ausgetauscht und Telefonnummern. Das alles ist der Camino. Aber natürlich ist er auch Anstrengung, nasse Schuhe, schlaflose Nächte, in denen ich mich frage, was ich eigentlich hier draußen allein mache. Ich habe ein unvergessliches Abenteuer bestanden, ich war die Hauptrolle in meinem Stück „Camino de Levante“ und der erste Akt neigt sich in Zamora dem Ende zu.
Tag 38: Ein neuer Abschnitt beginnt: Camino Sanabrés
Ab Zamora ändert sich alles! Die Ruhe und Einsamkeit des Camino de Levante sind vorbei, denn hier trifft der Camino de Levante auf die Via de la Plata und geht weiter über den Camino Sanabrés. Nach fünf Wochen ist das eine willkommene Abwechslung für mich.
Gleich am ersten Tag lerne ich viele neue Pilgerkennen. Die meisten kennen sich schon, denn sie kommen fast alle von der Via de la Plata, also von Sevilla. Da für mich alle Gesichter neu sind, ist es ein aufregender Tag. Ab sofort kann ich mir aussuchen, ob ich allein, zu zweit oder in kleinen Gruppen wandern möchte. Natürlich sind auch die Herbergen größer und voller. Das heißt, meine ruhigen, friedlichen Nächte sind endgültig vorbei. Es gibt Etappenziele, die viele ansteuern und dann gibt es dazwischen wieder Orte, wo kaum jemand bleibt.
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Tag 52: Typisch Galicia, es regnet immer mal wieder und das nicht wenig
Das Klima in Galicia wird vom Atlantik geprägt, was bedeutet: es regnet oft und sehr viel! Die Winter sind mild mit heftigen Niederschlägen und die Sommermonate nicht allzu heiß. Gefühlt haben wir heute einen Wintertag, denn es bleibt den ganzen Tag bewölkt und es gießt wie aus Kübeln.
An manchen Abschnitten des Camino Sanabrés steht das Wasser und meine Schuhsohlen sind nach über 1000 Kilometern auch schon undicht geworden. Mit komplett nassen Wanderstiefeln sitze ich nach 15 Kilometern in einer Bar und hoffe, dass der Regen aufhört. Als es weitergeht ist der schlimmste Moment, wieder in die nassen Sachen zu schlüpfen und die noch fehlenden 15 Kilometer hinter mich zu bringen.
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Tag 54: Der letzte Tag der Pilgerreise
Am letzten Tag gibt es einen wirklich mystisch magischen Morgen. Die Sonne bricht durch den Nebel und verwandelt den Wald in eine unglaubliche Welt. Es wirkt fast so, als wollte die Natur die letzten intensiven Regentage wieder gut machen.
Die Landschaft ist schön und abwechslungsreich, aber die letzte Etappe zieht sich mit knapp 34 Kilometern. Die Menschen, denen ich auf der Straße begegne, wissen schon, dass ich kurz vor dem Ziel bin und rufen mir zu, wie viele Kilometer ich noch vor mir habe. Natürlich weiß ich das auch selbst, aber ein bisschen Motivation schadet nicht. Je näher ich Santiago de Compostela komme, desto schneller werden meine Schritte. Als ich die Türme der Kathedrale schon von Weitem sehen kann, halte ich kurz inne, denn ich fange an zu realisieren, dass meine monatelange Wanderung mit einem Schlag vorbei sein wird. Trotzdem freue ich mich, alles gut hinter mich gebracht zu haben und das nach 54 Tagen!
Die Stadt Santiago de Compostela ist voll mit Menschen in Wanderoutfits und mit Rucksäcken. Egal wohin man geht, überall sieht man Pilger. Das fühlt sich schön an. Nach den obligatorischen Fotos vor der Kathedrale und dem großen Wiedersehen mit anderen Pilgern geht es ins Pilgerbüro, um die Compostela und die Urkunde abzuholen.
Wer möchte, ist jetzt am Ziel der Pilgerreise. Für mich endet sie erst in Finisterre, denn das „Ende der Welt“ gehört für mich einfach dazu. Da ich schon öfters diese letzte Wanderung gemacht habe, entschließe ich mich mit dem Bus nach Muxía zu fahren, übernachte dort und wandere die allerletzte Etappe von Muxía bis Finisterre (30 Kilometer).
Die ganze Wanderung mit mehr als 700 Fotos und 50 Karten der einzelnen Tagesetappen sowie einigen Anekdoten gibt es in meinem Buch „Camino de Levante und Camino Sanabrés“.