29. August 2020, 6:33 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Statt zu Fuß ist man beim Wasserwandern in einem Boot unterwegs und lernt die Natur vom Wasser aus kennen. Dabei sorgt der Aktivurlaub nicht nur für eine erholte Seele, auch der Körper profitiert von der Zeit im Freien.
Was ist Wasserwandern?
Wasserwandern – das ist wie Wandern, nur eben in einem Boot. Mit eigener Körperkraft fährt man mit einem Kanu, Canadier oder auch in einem Ruderboot über einen Fluss oder durch eine Seenlandschaft. Mit im Gepäck hat man alles, was man für die geplante Zeit braucht. Zelt, Proviant und Kleidung werden in meist wasserdichten Behältern im Boot transportiert. Ob man ein paar Tage oder lieber einige Wochen auf dem Wasser verbringen möchte, bleibt dabei den eigenen Vorlieben überlassen.
Wo man in Deutschland Wasserwandern kann
Man kann zum Beispiel auf Flüssen wie der Lahn, Schwentine, Fulda, Unstrut oder der Weser einige Tage auf dem Wasser verbringen. Ebenso kann man in Gebieten mit vielen Seen und Kanälen wie der Mecklenburgischen Seenplatte, der Feldberger Seenlandschaft, im Spreewald oder in gewissen Teilen der Fränkischen Schweiz ein Boot leihen.
In der Regel übernachtet man als Wasserwanderer im eigenen Zelt auf Campingplätzen, von denen es an beliebten Orten zahlreiche gibt. Wer es etwas komfortabler möchte, kann natürlich auch ein Zimmer mieten. Einer der Vorteile, die das Zelt mit sich bringt: Man kann spontan entscheiden, wo man schläft, da man mit einem Zelt eigentlich immer einen Platz findet. Wer sich nicht an Campingplätze halten möchte und den Urlaub lieber komplett in der Wildnis verbringen will, kann auch in Länder wie Norwegen oder Schweden reisen, in denen das sogenannte „Jedermannsrecht“ gilt, welches jedem gestattet die Natur zu nutzen, solange man keine Spuren hinterlässt.
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Die Vor- und Nachteile des Urlaubs zu Wasser
Eine schöne Seite des Wasserwanderns liegt auf der Hand: Man verbringt 24 Stunden am Tag in der Natur und ist von Wäldern, Wasser und frischer Luft umgeben. Doch auch darüber hinaus hat das Wasserwandern seine positiven Seiten: Man ist aktiv; einige Stunden am Tag bewegt man sich und tut so der Gesundheit etwas Gutes. Nichtsdestotrotz bleibt bei dem Aktivurlaub noch viel Zeit zum Baden gehen, in der Sonne liegen und zum intensiven Nichtstun.
Es gibt jedoch einiges zu beachten: So ist der Urlaub stark vom Wetter abhängig. Zwar kann man sich bei Regen und leichtem Wind noch ins Boot setzen und – unter nicht ganz so schönen Umständen – an sein Ziel paddeln, wenn es stürmt oder sogar gewittert, sollte das Boot aber an Land bleiben. Unter Umständen kann man so einen Tag verlieren. Und auch die Sonne hinterlässt ihre Spuren – Sonnencreme gehört also unbedingt ins Gepäck.
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Wie Wasserwandern tatsächlich ist – ein Erfahrungsbericht
Soweit die Theorie, nun zur Praxis: Um herauszufinden, wie viel Spaß Wasserwandern tatsächlich macht, habe ich mich auf einen viertägigen Ausflug begeben und den Aktivurlaub in der Natur selbst getestet. Gemeinsam mit Partner und Hund bin ich mit dem Zug nach Wesenberg gefahren, um einen Canadier zu mieten. Der Plan: Fünf Tage über die Mecklenburgische Kleinseenplatte zu fahren, in der Natur zu entspannen und etwas Abstand vom Alltag zu bekommen.
Unsere Tour sollte uns über einige kleine bis mittelgroße Seen führen, verbunden durch dicht bewachsene Kanäle. Einige Wasserwege teilte man sich mit Motorbooten, auf anderen waren solche verboten. Rund 46 Kilometer, so verriet uns Google Maps, sollten wir so zurücklegen. Wenn man aber bedenkt, dass wir die ersten Tage in ausschweifenden Zickzackbögen über die Kanäle und Seen gepaddelt sind, lässt sich die Zahl gewiss verdoppeln – wenn nicht sogar verdreifachen. Denn ganz so einfach ist es anfangs nicht, sich aufeinander abzustimmen: Er war sich sicher, dass ich zu schwach paddelte – ich war vom Gegenteil überzeugt.
Es vergingen also gut zwei Tage, bis wir unseren gemeinsamen Rhythmus gefunden hatten und halbwegs gerade über das Wasser fuhren. Das Chaos am Anfang tat dem Urlaubsgefühl aber keinen Abbruch und gehört wohl dazu, wenn man das erste Mal gemeinsam paddelt. Dabei ist der Sport zwar anstrengend, nicht aber überfordernd, sodass ein guter Mix aus Bewegung und Entspannung entsteht.
Ursprünglich fünf Tage hatten wir eingeplant, doch das Wetter zog uns einen Strich durch die Rechnung. Am vierten Tag regnete es – und das nicht zu knapp – und am fünften sollte es auch gewittern, weshalb wir uns kurzerhand entschieden, die 46-Kilometer-Route in nur vier Tagen durchzufahren. Die Natur wirkte an gewissen Orten tatsächlich noch unberührt. Grüne Wälder, Seerosenfelder, dichtes Schilf, Schwäne und die verschiedensten Vogelarten begegneten uns täglich. In einem schmalen Seeweg gehörte es auch dazu, sich im Minutentakt zu ducken, da Äste und Gestrüpp – teilweise mit Dornen – über den Wasserweg ragten. Ein kleines bisschen Abenteuer in Deutschland.
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Kosten und Route
Der Geldbeutel wird beim Wasserwandern verhältnismäßig wenig belastet. Der Canadier für zwei bis drei Personen hat uns über fünf Tage 100 Euro gekostet. Im Preis inbegriffen waren Paddel, eine Karte, wasserdichte Tonnen und Schwimmwesten. Hinzu kamen drei Nächte auf Campingplätzen, die jeweils zwischen 15 und 20 Euro gekostet haben. Weiter zahlten wir für die An- und Abfahrt mit der Bahn rund 70 Euro. Für vier bis fünf Tage lagen die Kosten für zwei Personen also bei rund 230 Euro. Hinzu kommt nur noch Geld für Proviant und Snacks. Zwar gibt es an jedem Rast- und Campingplatz ein Restaurant oder zumindest einen Kiosk, wer aber lieber idyllisch am Gaskocher selbst kochen möchte, kann sich auch mit Gerichten eindecken.
Begonnen haben wir unsere Tour bei der Kanu-Mühle in Wesenberg, bei der wir das Boot ausgeliehen haben. Von dort aus ging es entlang der Havel in den Süden, wobei wir die vier Seen Drewensee, Finowsee, Wangnitzsee und Priepertsee passierten, bis wir an dem Campingplatz Havelperle am Ellbogensee ankamen, wo wir die erste Nacht verbrachten. Am nächsten Morgen führte der Weg uns über den Ellbogensee und von dort über vier weitere Seen, bis wir den Campingplatz Biber erreichten. Am dritten Tag fuhren wir weiter über vier Seen. Einer von ihnen – der Rätzsee – ist für Motorboote gesperrt und besonders schön und natürlich. Die letzte Nacht schliefen wir auf dem Kanuhof Wustrow, den man nach einem kleinen versteckten Wasserpfad findet. Am vierten Tag ging es noch quer über den Plätlinsee und über die Schwanenhavel, die als kleiner Amazonas Deutschlands durchgehen könnte, zurück zu unserem Startpunkt.
Um diese Route entspannt zu fahren, reichten uns die vier Tage locker aus. Dennoch hat auch eine längere Tour ihre Vorteile: Besonders am Anfang muss man sich als Laie erst mit dem Paddeln und den Techniken zurechtfinden.