25. Dezember 2021, 19:14 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bislang ist es nur wenigen Menschen gelungen, zum tiefsten Punkt der Ozeane hinabzutauchen, darunter auch „Titanic“-Regisseur James Cameron. Anfang 2020 verkündete das Unternehmen Eyos Expeditions, das Abenteuer–Expeditionen zu den abgelegensten Orten der Welt organisiert, dass es weitere Ausflüge zum Marianengraben vorhabe. Das Besondere: Neben mehreren Forschern durften dieses Mal auch Privatpersonen mit an Bord des speziellen Forschungs-U-Bootes.
Der Marianengraben im westlichen Pazifischen Ozean zählt zu den wenigen Orten auf der Erde, die bislang kaum erforscht wurden. Der Grund ist offensichtlich, ist er doch mit etwa 11.000 Kilometern die tiefste bekannte Stelle der Weltmeere. Um so tief zu tauchen, bedarf es spezieller Tauchboote, die dem enormen Druck in der Tiefe standhalten müssen.
Im Jahr 2019 gelang es dem texanischen Abenteurer und Marineoffizier Victor Vescovo, mit dem U-Boot „Limiting Factor“ 10.928 Meter unter der Wasseroberfläche auf dem Meeresgrund aufzusetzen und damit einen neuen Tiefenrekord aufzustellen. Dieser hatte bei „nur“ 10.912 Metern gelegen und war bereits 1960 von den Ozeanographen Don Walsh und Jacques Piccard aufgestellt worden.
Mit eben jenem U-Boot, mit dem Vescovo seinen Weltrekord aufstellte, konnten 2020 und 2021 erneut Expeditionen zum Marianengraben stattfinden. Durchgeführt wurden sie von Eyos Expeditions, einem amerikanischen Veranstalter, der neben Forschungsreisen auch touristische Entdeckungsfahrten zu den entlegensten Orten der Welt anbietet. Unter den Teilnehmern der ersten kommerziellen Tauchgänge zum Marianengraben waren unter anderem Michael Dubno, Richard Garriott und Jim Wiggington – allesamt Businessmänner und selbsternannte Abenteurer, die keine Scheu davor haben, ihr Vermögen für den Extremtourismus auszugeben.
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So läuft eine Expedition zum Marianengraben ab
Wie Eyos in einem Blog-Post beschrieb, fanden die Tauchgänge zum tiefsten Punkt der Weltmeere im Rahmen mehrmonatiger Expeditionen zum pazifischen Feuerring statt. In einem Interview mit TRAVELBOOK verriet Expeditionsleiter Rob McCallum, dass das Forscherteam insgesamt sieben Personen mit zum Marianengraben nehmen konnte. Diese sogenannten „Missionsspezialisten“ bekamen die einmalige Möglichkeit, sich der Gruppe von Wissenschaftlern und Experten auf der Insel Guam (US-amerikanisches Außengebiet in Mikronesien) anzuschließen und einen kleinen Einblick in das Leben 11.000 Kilometer unter der Wasseroberfläche zu bekommen.
Um den anvisierten Punkt in 10.928 Metern Tiefe zu erreichen, hat das U-Boot vier Stunden gebraucht. „Die Taucher verbringen dann bis zu vier Stunden am Meeresboden, um das exklusivste Reiseziel der Erde zu erkunden und möglicherweise einige der außergewöhnlichsten Arten der Welt zu filmen“, heißt es in dem Blog-Post von Eyos. Anschließend tauche die „Limiting Factor“ in wiederum vier Stunden zurück zur Meeresoberfläche.
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Wie hält das U-Boot dem Druck stand?
Das U-Boot „Limiting Factor“, das von Caladan Oceanic entwickelt wurde, ist bereits fünfmal auf den Grund des Marianengrabens getaucht und wurde laut Eyos in einer Testkammer auf 14.000 Meter Tiefe druckgetestet. „Die Insassen des Tauchboots sind vollständig durch die 90 Millimeter dicke Titankugel geschützt und werden keinerlei Druckveränderungen oder physiologische Belastungen verspüren“, so Eyos. Ein spezielles Training sei für die zusätzlichen Passagiere nicht notwendig gewesen.
Was hat die Teilnehmer während des Tauchgangs erwartet?
Die „Limiting Factor“ ist dem Veranstalter zufolge mit bequemen Sitzen, mehreren Sichtöffnungen und hochauflösenden Surround-Kameras ausgestattet. Das Innere des U-Bootes sei „ruhig, friedlich und sehr entspannend“. Unterwegs seien die zusätzlichen Mitreisenden voll integrierte Mitglieder des Teams und hätten die Möglichkeit, mit den Ozeanografen, Tauchtechnikern und der Filmproduktion zusammenzuarbeiten, die unterwegs Messungen durchführen, Proben vom Meeresgrund sammeln und neue Aufnahmen der Umgebung machen sollen.
Und was, wenn die Passagiere während des bis zu 14 Stunden dauernden Trips mal müssen? „Eine Toilette gibt es nicht an Bord“, sagt Expeditionsleiter McCallum dazu zu TRAVELBOOK. „Aber dafür haben wir ‚Pipi-Beutel‘“.
Wie viel kostet der Spaß?
Wer beim Tauchgang zu tiefsten Punkt der Weltmeere dabei sein wollte, musste tief in Tasche greifen. 750.000 Dollar, also umgerechnet knapp 690.000 Euro, kostete der Trip pro Person. Aber man dürfe nicht vergessen, so McCallum, dass bislang mehr Menschen im All gewesen seien als am Ozeangrund in 11.000 Meter Tiefe.
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Was, wenn jemand unterwegs Platzangst bekommt?
Stundenlang unter Wasser in einem engen Gefährt, etliche Kilometer von der Meeresoberfläche entfernt – da könnte einem schon mal mulmig werden. „Wir hatten dieses Problem zum Glück noch nie“, sagt McCallum. „Aber sollte es ein medizinisches Problem geben, würden wir den Tauchgang abbrechen und zur Oberfläche zurückkehren.“ Was, wie wir inzwischen wissen, bis zu vier Stunden dauern kann. Darum braucht sich jedoch vorerst niemand Sorgen zu machen. „In Zukunft sind keine weiteren kommerziellen Tauchgänge geplant“, sagtE Rob McCallum zu TRAVELBOOK.