21. August 2015, 14:58 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
„Die 500 besten Orte auf diesem Planeten“ will der bekannte Reisebuch-Verlag „Lonely Planet“ in seinem neuen Werk ausgewählt haben. Auf dem ersten Platz liegt Angkor Wat in Kambodscha, gefolgt vom Great Barrier Reef, Machu Picchu und schließlich – einigen Ungereimtheiten. Ein kritischer Blick auf die vielzitierte, aber auch viel diskutierte Liste des berühmten Reiseführers.
Keine Frage: Die Tempel von Angkor Wat in Kambodscha sind eine Sehenswürdigkeit, die diesen Namen wirklich verdienen. Auch das spektakuläre Korallenriff Great Barrier Reef in Australien oder die Inka-Ruinenstadt Machu Picchu in Peru passen gut als Spitzenreiter eines neuen Rankings des Reisebuch-Verlags „Lonely Planet“, das sich selbstbewusst als Top-500 der sehenswertesten Orte unserer Erde verkauft. (Die Top Ten sehen Sie oben in der Bildergalerie, die Top 50 unten in der Tabelle.)
„Ultimate Travelist: The 500 Best Places on the Planet … Ranked“, lautet der Titel des neuen Buches, das jetzt auf Englisch erschienen ist. Ein ehrgeiziges Projekt: Es dürfte schließlich keinen Menschen geben, der wirklich jede Sehenswürdigkeit der Erde besucht hat und sie dann aktuell miteinander vergleichen kann – schon gar nicht objektiv. Wie also kam sie zustande?
Wie die Liste entstand
Jeder Lonely-Planet-Reiseführer zu einer Destination listet auf den ersten Seiten die Sehenswürdigkeiten, die man hier auf gar keinen Fall verpassen sollte. All diese Tipps aus mehr als 40 Jahren Verlagsarbeit wurden zunächst zusammengestellt. Daraus ergab sich eine Liste von etwa 5000 Sehenswürdigkeiten, welche von den Mitarbeitern auf 2500 reduziert wurde. Diese gestutzte Liste stellte man nun den Autoren und Verlagsmitarbeitern von Lonely Planet zur Disposition, die daraus wiederum ihre ganz persönlichen Highlights wählen sollten.
„Wir wollten wissen, welche Sehenswürdigkeiten sie am meisten begeisterten und inspirierten,“ erklärt Rebecca Law von Lonely Planet auf TRAVELBOOK-Anfrage. Orte sollten es sein, die man auch anderen unbedingt als Priorität ans Herz legen möchte. Aus diesen Bewertungen wurde schließlich die Liste der 500 zusammengestellt, die im Endeffekt also das Ergebnis eines „demokratischen Wahlvorgangs“ sei, so Law – die „Bucketlist“ der Lonely-Planet-Crew.
Australien, immer wieder Australien
Dennoch stößt die Liste auf Kritik. Auffällig viele „beste Orte” im Ranking befinden sich in Australien und Neuseeland, bemängeln Kritiker und vermuten als naheliegenden Grund, dass der Sitz des Buchverlags in Down Under liegt. Tatsächlich sind vier Orte der Top-20 aus Australien oder Neuseeland. In den Top-60 liegen neun Sehenswürdigkeiten aus diesen beiden Ländern. Zum Vergleich: Aus den USA haben es nur zwei Orte unter die „besten 60“ geschafft, aus Frankreich vier (wobei drei davon in Paris liegen), aus Deutschland kein einziger.
Widersprüche zwischen Rankings
Auch gibt es Ungereimtheiten zwischen dem neuen „Lonely Planet“-Ranking der Top-500 und anderen Listen desselben Verlags. Beispiel: Deutschland. In der „Ultimate Travelist“ taucht Deutschland erst ab Platz 63 auf – mit der Berliner Mauer. Weiter geht es dann erst wieder ab Platz 159 mit Schloss Neuschwanstein, dann Reichstag in Berlin (Platz 221), dem Kölner Dom (Platz 297), dem Dresdner Zwinger (Platz 425), dem Brandenburger Tor (Platz 435) und dem Schwarzwald (Platz 458).
Andere Orte sind gar nicht vertreten, auch wenn sie in anderen Lonely-Planet-Rankings gute Plätze ergatterten. Leipzig zum Beispiel. Dabei wurde die schöne und interessante Stadt ebenfalls in diesem Jahr vom „Lonely Planet“ als „neues Berlin“ auf Platz Zwei der Top 10 Reiseziele in Europa gewählt.
Was ist eigentlich eine Sehenswürdigkeit?
Schwer nachvollziehbar ist auch, was genau als „Sehenswürdigkeit“ gilt und damit im Ranking verglichen wird. So ist Berlin mit drei Sehenswürdigkeiten drei Mal vertreten: Berliner Mauer, Reichstag und Brandenburger Tor. Paris ist sogar noch öfter unter den Top-500 zu finden, unter anderem mit dem Louvre, Notre Dame, dem Eiffelturm und dem Friedhof Père-Lachaise, die jeweils als ein eigener „bester Ort“ gelten.
Diese Sehenswürdigkeiten innerhalb einer Stadt stehen also im Ranking mit sich selbst in Konkurrenz, gleichzeitig aber auch mit jenen Städten, die unerklärlicherweise als Ganzes ein einziger „bester Ort“ sind. Zum Beispiel die Altstadt von Hanoi in Vietnam (Platz 31) oder Tallin, Hauptstadt von Estland (Platz 112). Der baltische Staat ist außer mit seiner Hauptstadt gar nicht im Ranking, was Kenner angesichts seiner spektakulären, mit romantischen Inseln geschmückten Ostseeküste und dem riesigen Peipussee verwunderlich finden dürften.
Nationalparks gegen Gedenkstätten?
Seltsam und vielleicht sogar geschmacklos erscheint auch der direkte Wettbewerb im Ranking von Nationalparks wie dem Yellowstone-Nationalpark in den USA (Platz 61), Gebäuden wie dem Louvre (Platz 37) und Gedenkstätten wie Auschwitz-Birkenau in Polen (Platz 104). Es stellt sich die Frage, wie man diese Sehenswürdigkeiten überhaupt miteinander vergleichen kann und welcher im Ranking als „bester Ort“ an die Spitze gehört.
Allerdings räumt der Verlag auch ein, dass die Liste rein subjektiv ist. „Wir haben Orte ausgewählt, von denen wir glauben, dass Sie sie erleben sollten (…) Es sind Orte, die Gedanken und Gefühle auslösen, oder auch nur den dringenden Wunsch, jemandem von ihnen zu erzählen“, heißt es in der verlagseigenen Buchbeschreibung.
Von Urlaubern gekürt Das sind die beliebtesten Wahrzeichen der Welt
Alternativen zu Machu Picchu, Angkor Wat, … Die schönsten UNESCO-Welterbestätten, die noch nicht überfüllt sind
Laut „Lonely Planet“ 30 Reiseziele, die man 2023 besuchen sollte
Geheimtipp Eiffelturm
Ein wichtiger Kritikpunkt liegt allerdings sicher in den Erwartungen vieler „Lonely Planet“-Fans. Denn bekannt ist der Verlag für Reiseführer für noch unentdeckte Ziele fern vom Massentourismus, beliebt bei Backpackern und Abenteurern. In dem Buch der „Top-500“ sind viele Spitzenplätze jedoch von berühmten Sehenswürdigkeiten belegt, etwa dem Eiffelturm (Platz 40), dem Kolosseum (Platz 7) oder dem Schiefen Turm von Pisa (Platz 491). Natürlich sind diese Orte nicht ohne Grund berühmt und dürfen in dem Ranking wohl nicht fehlen. Aber braucht man ein neues Buch, um zu erfahren, dass das Kolosseum sehenswert ist?
Dennoch: Im Ranking verstecken sich auch einige Juwelen, die durchaus noch Geheimtipps sind. Zum Beispiel der Brecon Beacons Nationalpark in Wales (Platz 365), einer der vielleicht schönsten grünen Hügellandschaften der Welt. Und als einer der „besten Orte“ in Tansania finden Safari-Fans nicht nur den bereits legendären Serengeti-Nationalpark (Platz 45), sondern auch das Selous Game Reserve (Platz 270): In diesem überhaupt nicht touristisch überlaufenden Wildtierschutzgebiet im kaum entdeckten Süden lassen sich zum Beispiel Nilpferde und Löwen wunderbar beobachten.
(mgr)
Die Top 50 von Loneley Planet | |
1 | Angkor Wat, Kambodscha |
2 | Great Barrier Reef, Australia |
3 | Machu Picchu,Peru |
4 | Große Mauer, China |
5 | Taj Mahal, Indien |
6 | Grand Canyon Nationalpark, USA |
7 | Kolosseum in Rom, Italien |
8 | Iguazú-Wasserfälle, Brasilien/Argentinien |
9 | Alhambra in Grenada, Spanien |
10 | Aya Sofya in Istanbul, Türkei |
11 | Medina von Fès, Marokko |
12 | Kalksteinfelsen Twelve Apostles, Australien |
13 | Ruinenstadt Petra, Jordanien |
14 | Antike Maya-Stätte Tikal, Guatemala |
15 | British Museum, England |
16 | Sagrada Familia in Barcelona, Spanien |
17 | Fiordland-Nationalpark, Neuseeland |
18 | Insel Santorin, Griechenland |
19 | Galapagosinseln, Ecuador |
20 | Museum of Old & New Art, Tasmanien, Australien |
21 | Yosemite-Nationalpark, USA |
22 | Stadtmauer von Dubrovnik, Kroatien |
23 | Salzwüste Salar de Uyuni, Bolivien |
24 | Pagodenstadt Bagan, Myanmar |
25 | Cheops-Pyramide, Ägypten |
26 | Markusplatz in Venedig, Italien |
27 | Victoriafälle, Simbabwe/Sambia |
28 | Akropolis in Athen, Griechenland |
29 | Schloss Versailles, Frankreich |
30 | Marktplatz Djemaa el Fna in Marrakesch, Marokko |
31 | Altstadt von Hanoi, Vietnam |
32 | Cradle Mountain, Australien |
33 | Uluru/Ayers Rock, Australien |
34 | Karlsbrücke in Prag, Tschechien |
35 | Abel Tasman Nationalpark, Neuseeland |
36 | Lake District Nationalpark, England |
37 | Louvre in Paris, Frankreich |
38 | Torres del Paine Nationalpark, Chile |
39 | Baikalsee, Russland |
40 | Eiffelturm in Paris, Frankreich |
41 | Pompeij, Italien |
42 | Habana Viejam, Altstadt von Havanna, Kuba |
43 | Tafelberg in Kapstadt, Südafrika |
44 | Altstädter Ring in Prag, Tschechien |
45 | Serengeti Nationalpark, Tansania |
46 | Eremitage in Sankt Petersburg, Russland |
47 | Bucht von Kotor, Montenegro |
48 | Jaisalmer in Rajasthan, Indien |
49 | Ngorongoro-Krater, Tansania |
50 | Friedensdenkmal in Hiroshima, Japan |