10. Oktober 2023, 13:17 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nachdem – angefangen in der Hauptstadt Paris – weite Teile Frankreichs mit einer förmlichen Invasion von Bettwanzen zu kämpfen haben, sollen die Insekten nun in London angekommen sein. Aber warum in die Ferne schweifen? Das Problem ist viel näher, als es uns in Deutschland lieb sein dürfte. TRAVELBOOK hat mit einem Berliner Schädlingsbekämpfer gesprochen.
Als die Meldungen der vergangenen Woche herumgingen, dürfte es auch Sie geschüttelt haben. Paris vermeldete eine regelrechte Bettwanzen-Plage – auf verschiedenen Videos im Netz sind Bettwanzen auf U-Bahn-Sitzen und in Fernverkehrszügen zu sehen. Inzwischen sollen die Bettwanzen in London angekommen sein. „Das ist ein echter Grund zur Besorgnis“, äußerte Sadiq Khan, Bürgermeister von London, gegenüber der Website „PoliticsJoe“. Damit bezog er sich auf einen kürzlich veröffentlichten und viral gegangenen Clip, der eine Bettwanze in der Londoner U-Bahn zeigt. TRAVELBOOK geht auf die Lage in Frankreich und England noch genauer ein. Nicht minder interessant jedoch: In Berlin ist das Problem offenbar längst angekommen.
Übersicht
„Berlin ist genauso wie Paris!“
TRAVELBOOK hat bei VGS Boskovic nachgefragt, einem in Berlin ansässigen Schädlingsbekämpfungsunternehmen. Und in unserem Gespräch zeigt sich Spezialist Dani Boskovic von den Meldungen aus Paris gänzlich unbeeindruckt. Denn die Situation sei bei uns keineswegs besser. „Berlin ist genauso wie in Paris“, mahnt er. „Es sind so viele Anfragen. Ich bin schon den ganzen Tag wegen Bettwanzen unterwegs, bis 18 Uhr durchgehend.“
Dabei sei das nicht einmal sonderlich ungewöhnlich. Der Kammerjäger sei mit seiner Firma seit 2017 in Berlin tätig – von Anfang an habe er mit Bettwanzen zu tun gehabt, es würden von Jahr zu Jahr mehr. „Dieses Jahr ist es aber extrem“, räumt er ein. Häufig berichteten seine Kunden, dass sie vor Kurzem in Frankreich waren. Viele von ihnen dürften die Viecher also „eingeschleppt“ haben.
Wie die Bettwanzen-Plage in Paris anfing
In Frankreich waren Bettwanzen erstmals in den Sommerferien in verschiedenen Pariser Kinos gesichtet worden. Eine Frau soll laut der Tageszeitung „Le Parisien“ in einem von den Insekten befallenen Sessel mehrfach gebissen worden sein. In den darauffolgenden Wochen mehrten sich Meldungen entsprechender Fälle, längst nicht mehr nur in Filmtheatern. Ein Zugführer der Linie 8 will Bettwanzen in seiner Fahrerkabine entdeckt haben, wie er im Gespräch mit der Zeitung „Le Figaro“ versicherte. Die verschiedenen Internet-Videos aus der Pariser Metro haben wir bereits erwähnt.
Entwarnung zumindest in London?
London ist nur rund 350 Kilometer Luftlinie von Frankreichs Hauptstadt entfernt. Deshalb bieten sich die beiden Metropolen für Anwohner der jeweils anderen durchaus für Kurztrips an. Der Eurostar braucht von Paris bis zur Station London St Pancras International nur rund zweieinhalb Stunden. Da sollen die Bettwanzen schon weitaus längere Strecken zurückgelegt haben: Zwischen Paris und der immerhin 775 Kilometer entfernten Stadt Marseille sind sie bereits verkehrt, wie eine Aufnahme aus dem Fernverkehrszug zeigt.
Auch wenn dies eine Bettwanzen-Plage in London zwar nicht ausschließen muss – das Video, das eine vermeintliche Sichtung in der U-Bahn zeigte, dürfte ein Fake sein. Das jedenfalls vermutet ein Schädlingsbekämpfer auf Nachfrage des „The Telegraph“. „Wir haben in der Vergangenheit schon Bettwanzen in Zügen gefunden“, räumt er ein. Das Video sei nicht gut genug, eine zuverlässige Aussage zu treffen. Der Fachmann gehe von einem Schwindel aus.
Lage in Frankreich weiterhin ernst
In Frankreich hat sich die Lage seit den Meldungen der vergangenen Woche nicht verbessert. Wie der Nachrichtensender „France 5“ berichtet, ließ Bildungsminister Gabriel Attal mindestens sieben Schulen in besonders betroffenen Gebieten (z. B. Lyon, Marseille) schließen. Dort sollten demnach gründliche Reinigungsmaßnahmen erfolgen. Auch eine Stadtbibliothek im nördlich von Paris gelegenen Amiens hatte zwischenzeitlich ihren Betrieb einstellen müssen. Laut Informationen der Nachrichtenagentur AFP waren dort in den Lesesälen Bettwanzen festgestellt worden.
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Was Sie jetzt wissen sollten
Selbst wenn Sie keine Reise planen – das Bettwanzen-Problem ist ein gegenwärtiges, auch in Deutschland. TRAVELBOOK hat sich dazu bereits mit Thomas Loose, ehemaliges Vorstandsmitglied beim Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verband e.V. (DSV), ausgetauscht. Dem Experten zufolge kann man sich Bettwanzen „fast überall ‚holen‘ bzw. ‚mitbringen’“, also längst nur nicht nur im Hotelbett oder im Flugzeug. Bettwanzen lauern demnach auch gern in z. B. Second-Hand-Möbeln, -Koffern oder -Taschen.
Als Vorsichtsmaßnahme kann es aktuell weiterhin – sowohl in Frankreich als auch in London oder Berlin – sinnvoll sein, sich in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht hinzusetzen oder an Textilien anzulehnen. Sollten Sie den Verdacht auf einen Befall hegen, empfiehlt sich ein genauer Blick auf die typischen Verstecke der Schädlinge. Hierzu zählen das Laken, die Ecken der Matratzen und besonders Stofffalten. Etwaige Matratzenschoner gilt es, abzunehmen. Ausführliche Tipps zum Aufspüren von Bettwanzen haben wir hier für Sie gesammelt.
Empfehlungen für Reiserückkehrer
Wenn auch nicht der einzige, sind Reisen bzw. Aufenthalte in potenziell befallenen Unterkünften natürlich weiterhin ein Risikofaktor. Bettwanzen reisen in der Regel unbemerkt mit, was die Folge haben kann, dass ahnungslose Urlaubsrückkehrer sie mit ihrer Kleidung auspacken. Das Umweltbundesamt rät dazu, Reisetaschen und Koffer idealerweise in der Badewanne auszupacken. So haben Sie die besten Chancen, fliehende und ausschwärmen zu drohende Bettwanzen zu entdecken. Bettwanzen sind schwer loszuwerden. Haben Sie sich erst mal bei Ihnen breitgemacht, gelingt eine zuverlässige Beseitigung definitiv nur professionellen Schädlingsbekämpfern.