6. Februar 2023, 15:14 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Kreuzfahrtschiffe haben selten eine Lebensdauer von mehr als 30 Jahren, müssen sie doch den immer strengeren Sicherheitsvorschriften und den steigenden Ansprüchen der Passagiere gerecht werden. Das älteste Kreuzfahrtschiff der Welt hingegen kreuzt bereits seit mehr als 70 Jahre durch die Meere. Doch nun tritt die „Astoria“ laut Medienberichten wohl ihre letzte Reise an. Über die bewegte Geschichte eines Kreuzfahrtschiffes, das in den 1950er-Jahren in eine folgenschwere Kollision verwickelt war und einst unter dem Namen „Freundschaft“ für die DDR fuhr.
75 Jahre, 12 Namen und für zahlreiche Reedereien unter mehr als einer Handvoll Flaggen unterwegs: Das älteste Kreuzfahrtschiff der Welt hat eine äußerst bewegte Geschichte. Dunkelstes Kapitel des 1948 in Schweden in den Dienst gestellten Kreuzers ist eine Schiffskatastrophe von vor 60 Jahren. Am 25. Juli 1956 kollidierte die damalige „Stockholm“ vor der US-Küste mit der „Andrea Doria“. Letztere galt als Stolz der italienischen Kreuzflotte und wie die „Titanic“ als unsinkbar. Doch das erwies sich, wie schon bei der „Titanic“, als Trugschluss.
Bei der Kollision riss der Bug der „Stockholm“ komplett ab – Spezialtaucher fanden ihn laut der Zeitung „Asbury Park Press“ erst im September 2020, 64 Jahre nach der Kollision. Dem italienischen Passagierschiff hingegen erging es noch schlimmer. Es füllte sich nach der Kollision laut „Deutschlandfunk“ mit mehr als 500 Tonnen Wasser. Die angeblich unsinkbare „Andrea Doria“ sank am Morgen des 26. Juli 1956, etwa 60 Seemeilen vor New York. Bei dem tragischen Unglück verloren 46 Passagiere der „Andrea Doria“ ihr Leben. Auch die „Stockholm“ hatte fünf Tote zu beklagen.
Doch während die „Andrea Doria“, der einstige Luxus-Liner aus Italien, seither auf dem Nordatlantik-Meeresboden in 200 Metern Tiefe liegt und bei Sport-Tauchern als „Mount Everest des Tauchens“ gilt, fuhr die „Stockholm“ noch unter vielen anderen Namen durch viele Weltmeere. Ihre Geschichte begann dabei bereits im Jahr 1946.
In Göteborg gebaut
Das älteste Kreuzfahrtschiff der Welt wurde laut dem Portal „Mein Kreuzfahrttreff“ ab 1946 in der Werft Götaverken im schwedischen Göteborg gebaut. Am 21. Februar 1948 stach die damalige „Stockholm“ das erste Mal in See. Ziel ihrer Jungfernfahrt war New York. Auch danach kreuzte sie zunächst regelmäßig auf Transatlantik-Fahrten zwischen Schweden und den USA. 1952 wurde das Schiff erstmals umgebaut und bot zunächst Platz für 86 Passagiere in der 1. Klasse und für 584 in der Touristen-Klasse.
Von der „Völkerfreundschaft“ zur Unterkunft für Geflüchtete
1960 kaufte die DDR die damalige „Stockholm“ und benannte sie in „Völkerfreundschaft“ um. Bis 1985 fuhr das älteste Kreuzfahrtschiff für die Deutsche Demokratische Republik. Es diente als Ferienschiff für den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) und, wie „Reisereporter“ berichtete, als Kreuzfahrtschiff für von der DDR-Regierung genehmigte Urlaubsreisen.
1985 kaufte das britische Unternehmen „Neptunus Rex Enterprise“ die „Völkerfreundschaft“ und benannte sie in „Volker“ um – wohl weil man einfach nur Teile des vorherigen Namens überstreichen musste. Doch auch der Name „Volker“ hielt sich nur ein Jahr, fortan hieß das Schiff „Fridtjof Nansen“. Ab 1986 diente es in Oslo als Asylunterkunft.
1989 wurde die „Fridtjof Nansen“ wieder verkauft. Diesmal an den italienischen Seereiseveranstalter „Star Lauro Societeta per Anzoni“, der es 1992 zu einem modernen Kreuzfahrtschiff namens „Italia I“ umbaute. Vom alten Schiff blieb nur noch der besonders robuste und steife Schiffsrumpf erhalten. Ab 1995 fuhr das älteste Kreuzfahrtschiff der Welt dann laut dem Portal „Cruistricks“ unter dem Namen „Italia Prima“ für Neckermann Reisen. Von 1998 bis 2001 wieder unter neuem Namen, als „Valtur Prima“, für Air Maritim Seereisen.
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Verwirrung um Verschrottung
Nach weiteren Verkäufen und Namensänderungen übernahm schließlich 2015 die Reederei „Cruise & Maritime Voyages“ das Schiff. So fuhr es seit 2016 unter dem heutigen Namen „Astoria“. Doch 2020 meldete „CMV“ Insolvenz an. So wurde die „Astoria“ wieder verkauft. 2021 erwarb eine amerikanische Investorengruppe namens „The Roundtable“ die „Astoria“. Ob nun eine weitere Namensänderung ansteht, ist allerdings unklar. Denn aktuell wird darüber gerätselt, ob das Schiff nun verschrottet wird oder nicht.
Hintergrund ist, dass der Verkauf mit dem Zusatz „to be broken up“ (deutsch: zu zerlegen, also Verschrottung) im internationalen Schiffsregister registriert wurde, wie „Kreuzfahrttester“ berichtet. Allerdings bestreitet der Eigentümer laut dem Schiffsfahrtportal „Tradewinds“ das Ende des historischen Schiffes. Er dementierte laut „Tradewinds“ die Medienberichte zur Verschrottung. „Wir tun alles, was wir können, um zu verhindern, dass das Schiff als Schrott verkauft wird“, sagte ein Sprecher von „The Roundtable“.