24. März 2016, 15:11 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Pinguine in der Antarktis, Eisbären in Grönland: Eine Expeditionskreuzfahrt führt Reisende zu ganz besonderen Orten der Erde. Ein bisschen dürfen sie sich dabei als Entdecker fühlen – und nicht selten ist auch ein Schuss Abenteuer im Spiel.
Venedig, Dubrovnik, Miami: Diese Häfen werden dauernd von Kreuzfahrtschiffen angelaufen. Wer dagegen eine Expeditionskreuzfahrt macht, sucht das Gegenteil: Anlandungen, wo es gar keinen Hafen gibt, wilde Tiere, unberührte Natur. Das Reisesegment liegt im Trend, sagen Experten.
Was ist überhaupt eine Expeditionskreuzfahrt?
Eine einfache Definition hat Daniel Skjeldam, Chef von Hurtigruten: „Bei einer klassischen Kreuzfahrt passiert das meiste an Bord des Schiffs. Bei einer Expeditionskreuzfahrt sind die aktiven Erlebnisse und Beobachtungen außerhalb des Schiffs am wichtigsten.“ Für Isolde Susset, Expeditionschefin bei Hapag-Lloyd Cruises, zeichnet sich eine solche Fahrt durch eine außergewöhnliche Route aus. „Im Grunde sind es abenteuerliche Kreuzfahrten mit Studienreisecharakter.“ Außerdem steht nicht immer ein fester Fahrplan im Mittelpunkt.
Sowohl Skjeldam als auch Susset betonen die Bedeutung von Vorträgen und einer fachkundigen Reisebegleitung. Biologen, Gletscherforscher, Historiker: Je nach Fahrtgebiet haben die Reedereien die unterschiedlichsten Experten an Bord, die sowohl Vorträge halten als auch bei Landgängen dabei sind.
Welche Reedereien bieten solche Kreuzfahrten an?
Am bekanntesten in Deutschland ist Hapag-Lloyd Cruises. Die Hamburger Reederei betreibt neben den beiden Luxusschiffen „Europa“ und „Europa 2“ auch zwei Expeditionskreuzfahrtschiffe: die „Hanseatic“ und die „Bremen“. Nach eigenen Angaben größter internationaler Anbieter in diesem Segment ist Hurtigruten.
Neben den klassischen Fahrten entlang der norwegischen Küste gibt es Reisen unter anderem in die Antarktis, nach Grönland, Spitzbergen, Island, Kanada und neuerdings auch im Amazonas-Gebiet. Für solche Expeditionen werden derzeit drei und bald vier Schiffe eingesetzt: „Fram“, „Spitsbergen“, „Midnatsol“ und „Nordstjernen“. International gibt es einige weitere Reedereien, die Expeditionen anbieten: Ponant, Poseidon, Lindblad Expeditions.
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Die Reederei Crystal Cruises baut eine neue große Jacht für luxuriöse Expeditionskreuzfahrten. Die „Crystal Endeavour“ wird 183 Meter lang und für 200 Gäste ausgelegt sein, kündigte Crystal Cruises an. Die Größe der Suiten wird inklusive Balkon bei 37 bis 290 Quadratmeter liegen. Das Schiff soll die Arktis und Antarktis besuchen sowie in tropischen Gewässern fahren. Gebaut wird die Jacht in der Lloyd-Werft in Bremerhaven, die Auslieferung ist für August 2018 geplant.
Welche Routen befahren Expeditionskreuzfahrtschiffe?
Als erstes denkt man bei Expeditionskreuzfahrten wohl an die Antarktis. Bei Hapag-Lloyd Cruises ist das mit Abstand die beliebteste Region. Dahinter folgen Arktis und Südsee. Laut Helge Grammerstorf, National Director des Branchenverbands Clia Deutschland, sind die Antarktis und die Arktisregion über alle Reedereien hinweg betrachtet die Klassiker.
Was kostet eine Expeditionskreuzfahrt?
Eine solche Kreuzfahrt ist ein teures Unterfangen. Bei Hapag-Lloyd Cruises muss man zum Beispiel für eine 22-tägige Antarktis-Fahrt mindestens rund 12.000 Euro bezahlen. Die Gründe für diesen hohen Preis sind laut Susset unter anderem die lange Reisedauer, die geringe Zahl an Passagieren bei vergleichsweise großer Besatzung, hohe Kosten für die Routenplanung und Umweltschutzaspekte. So dürfen Schiffe in der Antarktis beispielsweise nur mit Diesel und nicht mit Schweröl fahren.
Dennoch beobachtet Susset einen Boom bei Expeditionskreuzfahrten. Grammerstorf gibt jedoch zu bedenken, dass es sich bei allen Zuwächsen um eine relativ kleine Nische handelt. Denn zum Beispiel in der Antarktis gibt es auf der Basis einer Selbstbeschränkung der Reedereien strenge Vorgaben, wie viele Passagiere dort maximal an Land gehen dürfen.
Wer unternimmt so eine besondere Kreuzfahrt?
Wegen des relativ hohen Reisepreises handelt es sich in aller Regel um wohlhabende Passagiere. Und aufgrund der längeren Reisedauer sind die Gäste im Durchschnitt etwas älter, so Susset. Skjeldam sieht auf den Hurtigruten-Schiffen vor allem zwei Zielgruppen: „Menschen, die schon sehr viel gesehen haben und jetzt noch das ganz Besondere haben wollen. Und Menschen, die sehr lang für eine solche Tour gespart haben und sich damit einen Lebenstraum erfüllen.“
Was bieten die Schiffe?
Einfacher lässt sich sagen, was die Schiffe nicht bieten: „Wir haben kein Kasino, wir haben keine Kletterwand, wir haben keine 15 Swimmingpools“, sagt Skjeldam. Wichtig ist dagegen eine gute Sicht auf alles, was sich draußen vor dem Schiff abspielt. So gibt es bei Hapag-Lloyd ausschließlich Außenkabinen. Und die Expeditionsschiffe sind relativ klein: Gerade einmal rund 180 Personen passen auf die „Hanseatic“ und „Bremen“. Bei Hurtigruten sind es 130 bis maximal 500 Gäste.
Welche Trends gibt es bei Expeditionskreuzfahrten?
„Früher ging es den Passagieren vor allem darum, beeindruckende Natur zu sehen“, sagt Skjeldam. Das reiche vielen aber nicht mehr: „Sie wollen selbst aktiv werden: bei Motorschlittenfahrten, Wanderungen oder ähnlichem.“ Reisen mit Verantwortung sieht der Hurtigruten-Chef als weiteren Trend. So gebe es mittlerweile Fahrten, bei denen die Passagiere zum Beispiel Strände auf Spitzbergen säubern.
Susset fällt beim Thema Trends vor allem eines ein: „Unsere Passagiere wollen Premieren – Reisen in Gebiete, die noch nie vorher jemand befahren hat, wie zum Beispiel die Marshallinseln.“ Als weiteren Trend hat sie „Expeditionen vor der Haustür“ ausgemacht. Das kann eine Garten- und Wanderreise nach England sein, Wale-Watching auf den Azoren oder eine Fahrt zu unbekannten kleinen Häfen im Nordland. „Da geht es darum, Altbekanntes neu zu erleben.“