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Kaliningrad

5 bizarre Theorien, warum dieser Wald an der Ostsee „tanzt“

Als wären sie betrunken, oder würden tanzen: die Bäume des „Tanzenden Wald“ in Kaliningrad
Als wären sie betrunken, oder würden tanzen: die Bäume des „Tanzenden Wald“ in Kaliningrad Foto: Getty Images
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Maike Grunwald, TRAVELBOOK Redaktion

29. Dezember 2015, 15:16 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Oblast Kaliningrad – früher ein Teil von Ostpreußen, nach dem Zweiten Weltkrieg militärisches Sowjet-Sperrgebiet, heute kuriose russische Exklave und beliebtes Ostsee-Strandparadies. Hier wächst der „Wald der tanzenden Bäume“: ein mysteriöser Ort, der Wissenschaftlern Rätsel aufgibt.

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Feine weiße Sandstrände, duftende Kiefern, die sanften, glitzernden Wellen der Ostsee: Die Kurische Nehrung – früher Teil von Ostpreußen und populärer Badeort der Königsberger – ist heute wieder ein beliebtes Reiseziel. Und das nicht nur dank seiner herrlichen Strände, sondern auch wegen seiner spektakulären Natur.

Sie tanzen wie Betrunkene

Hier, inmitten einer ebenso zauberhaften wie rätselhaften Landschaft liegt der bizarre „Wald der tanzenden Bäume“. Es sind Kiefern, deren Stämme sich wie Betrunkene um die eigene Achse winden, seltsame Bögen und Schleifen schlagen, Spiralen, Herzen oder andere skurrile Formen bilden und in verrückten Windungen in alle Himmelsrichtungen wachsen. 

 

Im Volksmund nennt man ihn auch den „Wald der betrunkenen Bäume“, schreibt die örtliche deutschsprachige Zeitung „Königsberger Express“ in einem Artikel über das kuriose Phänomen. Demnach sind die verkrümmten Bäume erst in der Nachkriegszeit gewachsen. Zuvor habe es an dieser Stelle nur eine Sanddüne gegeben, von der die Segelflieger eines deutschen Fliegerklubs starteten.

Von Menschen verursacht?

Warum verhalten sich die Bäume so seltsam? Unheimlich wirken ihre Krümmungen, wenn man die Geschichte dieses Bodens kennt. Im Jahr 1946, als Stalin die ostpreußische Stadt Königsberg und die umliegende Gegend in „Kaliningrad“ umtaufte, wurde die gesamte Exklave zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Bis 1969 durften noch nicht einmal Sowjetbürger ohne Sondergenehmigung in die Zone einreisen, in der auch Kernwaffen gelagert wurden.

So ist es nicht verwunderlich, dass auch nukleare Verstrahlung eine der vielen Vermutungen für die Ursachen der „betrunkenen Bäume“ ist, aufgelistet zum Beispiel von der englischsprachigen Wissens-Plattform „Nerdfghteria“. Eine andere sei, dass Menschen die Bäume mit Absicht manipuliert hätten, damit sie in seltsamen Formen wachsen.

Allerdings scheinen beide nicht zu den Theorien der Experten zu gehören, die bis heute über die Ursachen rätseln. „Es gibt verschiedene Hypothesen über die Entstehung dieses derart krummen Waldes“, zitiert der „Königsberger Express“ den Vizedirektor des Nationalpark Kurische Nehrung, Alexander Salichow. „Die Wissenschaftler und Heimatkundler sind sich nur in einem Punkt einig: Es muss eine Naturabnormität dahinter stecken.“

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Larven, Aliens, geheime Quellen?

So vermuten Biologen, dass eine bestimmte Larvenart dafür verantwortlich sei, dass sich die Baumwipfel nach unten neigen und die Bäume entsprechend krümmen, so der Nationalpark-Sprecher gegenüber der Zeitung. Tatsächlich gibt es Insekten wie den Kieferntriebwickler, der auf diese Bäume spezialisiert ist. Dass sie den „Tanzenden Wald“ geschaffen haben, ist jedoch nicht zweifelsfrei bestätigt.

„Wieder andere Naturforscher meinen, das ungewohnte Erscheinungsbild der Kiefern könnte durch das Vorhandensein von Grundwasserquellen bedingt sein. Doch jegliche Versuche, die besagten Quellen zu orten, blieben bis jetzt erfolglos“, so der Nationalparksprecher zum „Königsberger Express“. Und so regt der Wald weiter zu wilden Spekulationen an. „UFO-Forscher schwören auf elektromagnetische Strahlen“, ergänzt Alexander Salichow.

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Erbaut von einer Riesin

Die Kurische Nehrung, auf der der Wald liegt, ist ohnehin von Sagen umwoben. Der Legende nach soll der 98 Kilometer lange Sandstreifen, der die Ostsee vom stillen Wasser des Kurischen Haffs trennt, von einer freundlichen Riesin gebaut worden sein – als Schutzwall, um die Fischer vor den Fluten der Ostsee zu schützen.

An der breitesten Stelle misst die Nehrung 3,8 Kilometer, an der schmalsten weniger als 400 Meter. Auf der Küstenseite liegen die weißen Strände der Ostsee. Auf der anderen das stille Wasser des Kurischen Haffs, abgetrennt vom Salzwasser des Meeres durch die Nehrung mit ihren Wäldern und mehr als 60 Meter hohen Wanderdünen. Sie ist ein einzigartiges Naturparadies, Sammelplatz für Zugvögel und andere Tiere. Hier liegt „Rybachy“, früher „Rositten“, die älteste Vogelwarte der Welt.

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Bedichtet und gemalt

Einst dichtete man Lieder über das spiegelnde Wasser und die hohen Dünen, zwischen denen abends Elche ihre stolzen Köpfe hoben, „leise in des Sommerwindes Weh’n“. Berühmte Künstler, angezogen von der malerischen Natur, gründeten auf der schmalen, langen Sandzunge in der Ostsee eine Künstlerkolonie, darunter Lovis Corinth, Max Pechstein und Ernst Mollenhauer. Auch der Schriftsteller Thomas Mann hatte hier ein Sommerhaus.

Doch es gab auch düstere Geschichten. Die ostpreußische Dichterin Agnes Miegel beschrieb in ihrem Gedicht „Die Frauen von Nidden“ den grauenhaften Untergang des Ortes bei der großen Pest. Nidden und etliche weitere Dörfer wurden in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder von wandernden Sanddünen verschlungen, bis die gefährlichsten Dünen mit Bepflanzungen gezähmt werden konnten.

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Russische Exklave in Europa

Es gibt auch einen ganz praktischen Grund, warum die Kurische Nehrung ein eigenartiges Urlaubsziel ist: Ungefähr auf der Hälfte der Länge wird sie von einer EU-Grenze durchtrennt, die zwischen den Dünen verläuft. Der 52 Kilometer lange nördliche Abschnitt, in dem unter anderem das Thomas-Mann-Haus liegt, gehört zu Litauen, ist für EU-Bürger also leicht zu besuchen und erfreut sich als Urlaubsziel wachsender Beliebtheit.

Der südliche Abschnitt der Kurischen Nehrung, in dem auch der „Tanzende Wald“ liegt, ist hingegen Bestandteil der „Oblast Kaliningrad“, einer russische Exklave. Das ehemalige Sperrgebiet war jahrzehntelang für Westeuropäer unzugänglich. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion können EU-Bürger einreisen, allerdings nur mit einem kostenpflichtigen und aufwändig zu beschaffenden Visum für die Russische Föderation. Daher ist es hierzulande bis heute ein Geheimtipp.

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Den tanzenden Wald selbst erleben

Auch wenn es umständlich ist, dort hinzureisen: Der „Tanzende Wald“, die spektakulären Dünen, die Vogelwarte, die Touristen auch besichtigen und dabei selbst Vögel beringen können, und natürlich die traumhaften Strände mit dem feinen Sand machen die Kaliningrader Seite der Kurischen Nehrung zu einem lohnenswerten Urlaubsziel.

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Wer kein russisch spricht und die Formalitäten des Visumsantrags meiden will, kann mit einem Reiseveranstalter fahren, der dann auch das Visum beschafft. Beliebt sind Schienenkreuzfahrten (z.B. von DNV-Touristik) durch Masuren bis nach Königsberg, bei denen auch Ausflüge auf die Kurische Nehrung angeboten werden.

Individualreisende, die nicht in der Gruppe unterwegs sein wollen, können einen Reiseunternehmer nur für sich buchen. Der deutschsprachige Reiseführer, Dolmetscher und Fahrer Boris Vorobyev betreut seit mehr als 20 Jahren Urlauber in seiner Kaliningrader Heimat und hilft auch bei der Beschaffung von Unterkunft und Visum (Infos direkt per Mail Boris-tour[at]gazinter.net, Kontakt auch über das Deutsche Generalkonsulat in Kaliningrad oder den Verein der Freunde Kants und Königsbergs).

Themen Ostsee-Reisetipps
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