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Interview

Wie ist es eigentlich, auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten, Officer Phil?

Philip Lellau Kreuzfahrt-Offizier
Philip Lellau ist seit 2016 Kreuzfahrt-Offizier Foto: Philip Lellau
Larissa Königs
Larissa Königs Autorin

20. August 2019, 7:39 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Die Kreuzfahrtbranche boomt. Alleine im vergangenen Jahr entschieden sich laut internationalem Kreuzfahrtverband weltweit 28,5 Mio. Menschen (darunter 2,19 Mio. Deutsche) für einen Urlaub auf hoher See. Doch mit an Bord sind nicht nur Touristen, sondern natürlich auch die Crew. Dazu gehören Kreuzfahrtoffiziere wie Philip Lellau (29). Im TRAVELBOOK-Interview hat er uns erzählt, wie er zu seinem Job auf hoher See gekommen ist, welche Notfälle besonders häufig vorkommen und natürlich, wie er zu der schlechten Umweltbilanz der Kreuzfahrtschiffe steht.

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TRAVELBOOK: Philip, wie lange fährst du schon zur See?

Philip Lellau: „Ich habe in Bremen Nautik studiert und mein Studium Ende 2016 mit dem Diplom abgeschlossen. Drei Tage vor Weihnachten 2016 bin ich das erste Mal auf die alte Meinschiff 1 und seitdem fahre ich als ausgebildeter Nautiker zur See.“

Darf man, wenn man Nautik studiert hat, ohne jede Erfahrung auf einmal Schiffe lenken?

„Nein, denn ein wichtiger Bestandteil des Studiums ist Praxis. Insgesamt benötigt man mindestens ein Jahr Fahrtzeit, bei mir waren das zwei Praxissemester. Hinzu kommt, dass man die entsprechenden elektronischen Seekarten auf den Schiffen verstehen muss. Dafür muss man bei jedem Anbieter ein spezielles Training absolvieren. Das Training für die Karten sowie das Patent, das man mit Abschluss des Studiums bekommt, ist Voraussetzung, um an Bord zu arbeiten.“

Wie schnell wird man Kapitän, wenn man mit dem Studium fertig ist?

„Also zuerst mal durchläuft man verschiedene Positionen als nautischer Wachoffizier und arbeitet sich langsam hoch, so dass man irgendwann dann hoffentlich Kapitän wird. Ich arbeite zur Zeit als 1. Offizier an Bord.“

https://www.instagram.com/p/BuWuy9ABD7u/

»Realität und Vorstellung gehen oft auseinander

Wie viel hat deine Arbeit mit der klassischen „Traumschiff“-Vorstellung vieler Reisender zu tun?

„Wenn ich mit den Gästen an Bord spreche, merke ich schon, dass Realität und Vorstellung da oft auseinandergehen. Viele glauben, wir sitzen da oben, trinken Kaffee und fahren so nebenbei das Schiff. Letztendlich haben wir aber Schichten, wir sind immer zwei Mal vier Stunden an sieben Tagen die Woche im Einsatz. Also zum Beispiel von 4 Uhr morgens bis 8 Uhr morgens und dann wieder von 16 Uhr bis 20 Uhr. In dieser Zeit kümmern wir uns natürlich in erster Linie um die sichere Navigation des Schiffs. Außerdem sind wir auch die Sicherheitszentrale: Wenn irgendwo ein Alarm ist, müssen wir das überprüfen und uns kümmern.“

Das hört sich so an, als wäre es deutlich mehr als nur Kaffeetrinken…

„Genau. Die Sicherheit der Passagiere und der Crew liegt ja in unseren Händen. Das fängt damit an, dass wir die aktuelle Wetterlage im Blick haben und Risiken vermeiden – zum Beispiel mussten wir letztes Jahr wegen eines Hurricanes vor der Ostküste der USA die Route ändern. Solche extremen Wetterlagen haben wir aber selten. Was hingegen häufiger vorkommt, sind sogenannte Notausschiffungen. Dabei müssen Personen, Gäste oder Besatzungsmitglieder, wegen eines medizinischen Notfalls evakuiert werden. Wir müssen dann schauen, welche Notfallstation an Land am nächsten ist, wie schnell die Hubschrauber kommen können und natürlich an Bord die nötigen Vorkehrungen treffen.“

https://www.instagram.com/p/BqF0ZHMgU-b/

Man muss also stressresistent sein in dem Job. Was ist sonst noch wichtig?

„Man muss sich vorher schon im Klaren sein, auf was man sich einlässt. Für viele Leute klingt das theoretisch ganz toll, immer unterwegs zu sein und die Welt zu sehen, aber nicht für jeden ist das auch das Richtige. Auch für mich war es eine Herausforderung. Man ist sehr lange weg von zu Hause; Handy-Empfang und Internet gibt es nicht immer. Manchmal ist man einsam. Auch mit den vielen fremden Kulturen auf engstem Raum muss man umgehen können. Damit hatte ich allerdings nie ein Problem, das fand ich immer interessant. Es bleibt immer spannend.“

Ist das auch bei den Gästen so? Viele machen ja eine Kreuzfahrt nach der anderen…

„Ich finde das interessant, wenn ich mit Gästen spreche und die sagen dann, dass sie gerade ihre dreiunddreißigste Kreuzfahrt machen. Ich verstehe das auch, es ist natürlich viel langweiliger, zwei Wochen im All-Inclusive-Hotel nur am Pool zu liegen. Was meiner Meinung nach immer noch ein Vorurteil vieler junger Menschen ist, ist die Annahme, dass Kreuzfahrten nur etwas für Ältere seien. Das stimmt einfach überhaupt nicht.“

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„Wenn man einen grünen Urlaub machen will, dann soll man sich sein Fahrrad schnappen“

Viele, gerade auch jüngere Menschen, prangern Kreuzfahrten ja auch wegen der schlechten Umweltbilanz an. 

„Ich sag immer: Wenn man einen grünen Urlaub machen will, dann soll man sich sein Fahrrad schnappen und damit fahren. Man muss sich ja auch überlegen bei einem Kreuzfahrtschiff, wie viele Menschen da unterwegs sind. Und mit der aktuellen Technologie werden zum Beispiel auf der Mein Schiff, wo ich bin, die Abgase sehr gut aufbereitet. Dadurch wird der Schadstoffausstoß um ein Vielfaches reduziert.“

Was denkst du über Flüssiggas? 

„Der Flüssiggasantrieb ist natürlich sehr fortschrittlich. Aber man muss für LNG auch die Infrastruktur haben und die ist, Stand jetzt, einfach noch nicht ausreichend gegeben. Ich war letztens in Südamerika und in der Karibik unterwegs – da hat man gar nicht die Möglichkeit, diesen Treibstoff zu bunkern (Bunkern ist der Fachbegriff für Tanken, Anmerkung der Redaktion). Wenn man dann eh auf Schweröl zurückgreifen muss, ist es meiner Meinung nach sinnvoller, vorab auf eine gute Aufbereitungsanlage zu setzen. In fünf Jahren mag das wieder ganz anders aussehen, aber das ist dann eben auch erst in fünf Jahren.“

https://www.instagram.com/p/Bn1hkAXHsJS/

Du bist jetzt schon wieder unterwegs im Mittelmeer. Hast du eigentlich einen Lieblingshafen? 

„Es gibt viele Häfen, die etwas für sich haben. Ich war letztes Jahr das erste Mal an der Ostküste USA und Kanada und das war super interessant und super schön, aber ist eben auch nicht vergleichbar mit einem Karibikhafen mit weißem Sandstrand und tiefblauem Wasser. Manchmal ist die Stadt selbst auch besonders schön, zum Beispiel Valletta auf Malta, das ich auch ansteuern werde.“

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Eine Kreuzfahrt gehört, genau wie das Fliegen, zu den besonders umweltschädlichen Reisearten. Das zeigt auch das Kreuzfahrt-Ranking des Deutschen Naturschutzbundes NABU, bei dem regelmäßig etliche Schiffe durchfallen. Am besten man informiert sich vorab, wie sehr das anvisierte Schiff die Umwelt schädigt und wägt dann ab, ob man damit reisen möchte.

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