17. März 2020, 6:49 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Lange boomte die Kreuzfahrt scheinbar unaufhaltsam. Dann kam das neue Coronavirus. Seereisen werden nun zunehmend unmöglich. Wie reagieren die Reedereien – und was heißt das für Urlauber?
Kreuzfahrtpassagiere werden nach ihrer Ankunft im Hafen von Anwohnern mit Steinen beworfen – aus Angst vor dem neuen Coronavirus. So geschehen auf der Insel La Réunion im Indischen Ozean bei einem Anlauf der „Sun Princess“ Anfang März, wie verschiedene Medien berichteten. Das Beispiel zeigt: Das Virus Sars-CoV-2 hat die beliebte Reiseform Kreuzfahrt in eine tiefe Krise gestürzt.
Die Reederei Aida Cruises mit 14 Schiffen in der Flotte hat wegen des Coronavirus alle Kreuzfahrten zunächst bis Anfang April eingestellt. Auch die Reederei Costa kündigte an, bis zum 3. April ihre Fahrten weltweit einzustellen. Zuvor hatte schon die Reederei Princess Cruises ihre 18 Schiffe zählende Flotte für 60 Tage aus dem Verkehr gezogen. Auch Ocean Viking Cruises sagte vorerst alle Seereisen ab.
Die Reederei Hurtigruten zum Beispiel bietet dagegen nun für eine Weile kostenlose Umbuchungen an: Urlauber können ihre Reise verschieben auf einen Zeitpunkt später im Jahr und teils bis ins Jahr 2021 hinein. Tui Cruises und MSC haben zudem weitere Reisen abgesagt.
Kreuzfahrten sind zunehmend unmöglich
Ein normaler Schiffsbetrieb ist für die Anbieter derzeit zunehmend unmöglich: Durch den Notstand und die Einschränkung der Reisefreiheit in Italien fällt das Land mit seinen zahlreichen Kreuzfahrthäfen als Ziel aus. Die spanische Regierung hat Medienberichten zufolge für zwei Wochen alle Häfen für Kreuzfahrtschiffe geschlossen. In Norwegen müssen laut Auswärtigem Amt alle „aus nicht-nordischen Ländern“ Einreisenden damit rechnen, zurückgewiesen oder zu einer 14-tägigen Quarantäne verpflichtet zu werden. Zuvor hatten Länder wie Malaysia, Indien und die Seychellen einen Bann für Kreuzfahrtschiffe erklärt.
Urlauber, die gerne auf Kreuzfahrt gehen, fragen sich nun: Kann ich noch ohne Risiko eine Seereise buchen? „Im Moment erleben wir eine Abstimmung der Kundschaft mit den Füßen“, sagt Detlef Schäferjohann, Geschäftsführer des Buchungsportals E-hoi: Viele Kunden stornierten.
Wie hoch ist das Risiko?
Auf den großen Kreuzfahrtschiffen kommen mehrere Tausende Menschen auf engem Raum zusammen. Der Schiffsmediziner Christian Ottomann verweist hier auf die Absagen von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern in Deutschland – eine Kreuzfahrt ist letztlich nichts anderes. „Die großen Schiffe haben noch mehr Menschen an Bord“, betont der Leiter der Schiffsarztbörse.
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Abstand halten kann zwar Schutz vor einer Infektion bieten, am besten sind es zwei Meter. „Das schafft man auf einem Kreuzfahrtschiff aber nicht“, sagt Ottomann. „Das fängt ja schon beim Einschiffen an.“
Corona-Infizierte sind lange symptomfrei
Der Schiffsarzt sieht auch in Hygienemaßnahmen keinen endgültigen Schutz: „Bei Corona habe ich lange keine Symptome, das ist das Heimtückische und der Unterschied zum Norovirus.“ Die Inkubationszeit beträgt Experten zufolge bis zu 14 Tage. Deshalb seien Maßnahmen wie das Temperaturmessen bei der Einschiffung „reine Augenwischerei“: „Da kann ich schon längst infiziert sein.“ Einmal an Bord gebracht, kann sich das Coronavirus schnell und praktisch ungehindert ausbreiten.
Der Mediziner verweist darauf, dass die Schiffskliniken durchaus ausgezeichnet ausgestattet seien – bis hin zur Intensivstation. Dennoch rät er: „Menschen über 60 und mit Vorerkrankungen ist derzeit auf jeden Fall von einer Kreuzfahrt abzuraten.“
Preisminderung bei Routenänderung
Rechtlich gelten Änderungen einer versprochenen Kreuzfahrtroute als Reisemangel. „Das berichtigt zu einer Preisminderung“, erklärt Prof. Ernst Führich, Experte für Reiserecht. Und wenn schon vor einer Tour klar ist, dass ein Großteil der Häfen nicht angefahren werden kann, lasse sich der Reisevertrag kostenlos stornieren.
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Viele Reedereien zeigen sich derweil bei Neubuchungen großzügig: „Die Reedereien bieten jetzt besondere kulante Umbuchungs- und Stornierungsregeln“, sagt Detlef Schäferjohann vom Portal E-hoi. „Man wird jetzt nicht jeden, der jetzt bucht, auch am Ende zur Kreuzfahrt verpflichten.“ Das Motto sei „Buchen ohne Risiko“.
„Die Reedereien versuchen, nicht Hals über Kopf alles abzusagen, und freuen sich über jeden, der jetzt noch langfristig im Voraus zu den aktuell niedrigen Preisen bucht“, sagt der Branchenexperte. „Die Preise wurden kurzfristig erheblich reduziert, teils sogar halbiert.“
Ob das reicht, um Urlauber derzeit für eine Kreuzfahrt zu gewinnen, ist aber mindestens fraglich.
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Costa setzt Kreuzfahrten aus – Hurtigruten bietet Umbuchungen
Wegen des neuen Coronavirus ändern immer mehr Kreuzfahrtreedereien ihre Pläne. Die italienische Reederei Costa teilte am Freitag mit, ihre Reisen weltweit bis zum 3. April freiwillig einzustellen. Die norwegische Reederei Hurtigruten kündigte am Freitag kostenlose Umbuchungen von Kreuzfahrten an.
Costa-Schiffe, die derzeit unterwegs sind, sollen ihre Fahrten nur noch beenden, um die Gäste von Bord gehen zu lassen, erklärte das Unternehmen. Zuvor hatte es bereits mitgeteilt, dass Touren mit Abreisen bis 30. April einmalig und ohne Gebühren auf eine andere Seereise mit Abfahrt bis Februar 2021 umgebucht werden können.
Die Umbuchung muss spätestens bis 27. März 2020 erfolgen. Dabei gilt: Ist der Wert der neuen Reise höher als jener der ursprünglich gebuchten Kreuzfahrt, berechnet Costa die Preisdifferenz. Costa ist vom aktuellen Coronavirus-Notstand in Italien besonders betroffen.
Bei Hurtigruten können Kunden ihre bereits gebuchte Kreuzfahrt bis zum Sommer 2021 kostenfrei umbuchen, wie der Anbieter mitteilt. Das betrifft alle Reisen mit Abfahrt zwischen 12. März und 30. Juni 2020. Der Termin der neuen Reise muss zwischen 1. Juli 2020 und 1. Juli 2021 liegen. Außerdem gilt das Angebot für Neubuchungen bis Ende April 2020. Zudem müssen alle Umbuchungen bis zu dieser Frist erfolgen. Wer umbucht, erhält eine Gutschrift, die auch den Flug umfasst, sofern dieser über Hurtigruten gebucht wurde.
Hurtigruten ist vor allem für seine Postschiffreisen entlang der norwegischen Küste bekannt. Laut Auswärtigem Amt müssen alle „aus nicht-nordischen Ländern“ nach Norwegen Reisenden seit 12. März damit rechnen, zurückgewiesen oder zu einer 14-tägigen Quarantäne verpflichtet zu werden.