5. Juni 2019, 7:30 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Die Kreuzfahrt kämpft gegen das Image als Umweltverschmutzer. Doch nicht nur Aida Cruises setzt künftig auf schadstoffärmeres LNG. Und eine andere Reederei will sogar unter anderem Fischabfälle verwenden.
Als im Dezember die „Aida Nova“ in See stach, war das eine Sensation – oder ein längst überfälliger Schritt. Das neue Flaggschiff in der Flotte von Aida Cruises ist das erste Kreuzfahrtschiff der Welt, das im Hafen und auch auf See hauptsächlich mit Flüssigerdgas (LNG) angetrieben wird.
Marinediesel kommt allenfalls unterstützend zum Einsatz. Der Urlauber soll das Gefühl haben, mit einem guten Gewissen an Bord zu kommen. Seit der Indienststellung laufe die „Aida Nova“ vollständig auf LNG, erklärt Aida Cruises. Die Versorgung läuft über ein LNG-Tankschiff, das selbst auch mit Erdgas aus Terminals in Barcelona und Teneriffa angetrieben wird. Es gibt eine Partnerschaft mit Shell Global für die Versorgung der Schiffe. „Die Infrastruktur ist derzeit noch eine Herausforderung“, sagt Aida-Präsident Felix Eichhorn.
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Aida Cruises trennt sich vom Schweröl
Der Treibstoff ist ein großer Schritt weg vom umweltschädlichen Schweröl. Der Ausstoß von Feinstaub und Schwefeloxiden wird beim LNG nahezu vollständig vermieden, die Stickoxidemissionen sind geringer. Das Klimagas CO2 lässt sich nicht vermeiden, wird aber zumindest reduziert. Aida Cruises ist in Deutschland Vorreiter. Die Reederei gehört zur US-amerikanischen Carnival Corporation und diese setzt in den kommenden Jahren verstärkt auf LNG.
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Die „Aida Nova“ machte Ende 2018 den Anfang. Im kommenden Herbst folgt die „Costa Smeralda“ von Costa Crociere, die als erstes LNG-Kreuzfahrtschiff in Hamburg anlegen wird. Aida bekommt 2021 und 2023 zwei Schwesterschiffe der „Nova“. Dann werden nach den Plänen der Reederei mehr als die Hälfte aller Aida-Passagiere auf LNG-Schiffen unterwegs sein.
Abgasreinigungssysteme bei Tui Cruises
Bis Kreuzfahrt-Urlauber beim Mitbewerber Tui Cruises auf Flüssigerdgas-Schiffen unterwegs sein können, dauert es noch: Die Hamburger Reederei hat im vergangenen Jahr zwei LNG-Schiffe bestellt, die allerdings erst 2024 und 2026 fertig sein sollen. Die Reederei setzt bislang vor allem auf den Einbau von Abgasreinigungssystemen an Bord.
Umweltschützer üben dennoch weiterhin Kritik an der Kreuzfahrt. „Die Vorzeigeschiffe sind an zwei Händen abzählbar“, sagt Sönke Diesener, Verkehrsexperte beim Nabu. „Das Gros der Kreuzfahrtschiffe, die heute unterwegs sind, fährt nach wie vor mit Schweröl.“ Beim jüngsten Kreuzfahrt-Ranking des Nabu 2018 landete die „Aida Nova“ wegen des LNG-Antriebs zwar auf Platz eins. Doch insgesamt waren laut Nabu immer noch zu viele der 76 untersuchten Schiffe ohne emissionsarmen Treibstoff oder zumindest moderne Abgastechnik unterwegs.
Strengere Umweltauflagen weltweit
In Nord- und Ostsee sind Schiffe, die den Schwefelanteil in den Abgasen durch entsprechende Filter nicht auf 0,1 Prozent reduzieren, schon längst verboten. Auch weltweit werden die Umweltauflagen strenger: Die internationale Schifffahrts-Organisation IMO hat beschlossen, dass ab 1. Januar 2020 weltweit nur noch ein Schwefelanteil von 0,5 Prozent erlaubt sein wird.
Entweder fahren Kreuzfahrtschiffe also künftig mit LNG, reinigen ihre Abgase an Bord mit sogenannten Scrubbern oder wechseln zu Schiffsdiesel. Hapag-Lloyd Cruises wird ab Juli 2020 auf allen Expeditionskreuzfahrten weltweit nur noch das schwefelärmere Marine Gasöl nutzen. Gerade auf Expeditionsschiffen fahren Urlauber in ökologisch sensible Gegenden wie die Antarktis.
Aida baut auf allen Schiffen, die nicht vollständig mit LNG betrieben werden können, spezielle Abgasreinigungssysteme ein. Acht von zwölf Schiffen seien schon damit ausgestattet, darunter „Aida Prima“ und „Aida Perla“. Diese Filter reduzieren laut Reederei neben dem Schwefeloxid-Ausstoß auch Feinstaub- und Stickstoffoxid-Emissionen. Und auch der Ausbau der Landstromversorgung wird vorangetrieben. In Hamburg ist die Technologie vorhanden, Kiel und Rostock sollen folgen.
Schutz für sensible Fjordlandschaft
Norwegen hat besonders strenge Umweltschutzgesetze beschlossen, die unter anderem die sensible Fjordlandschaft schützen sollen. Die norwegische Reederei Hurtigruten geht besonders weit, um ihre Schiffe sauberer zu machen. „Unsere Mitarbeiter sind in Gegenden unterwegs, wo wir die Folgen des Klimawandels ganz deutlich sehen“, sagt Hurtigruten-Chef Daniel Skjeldam.
Abgasfilter und Katalysatoren nachzurüsten, wie es einige Reedereien tun, um die Emissionen von Schwefel- und Stickoxiden zu senken, reicht Hurtigruten nicht aus. „Von Scrubber-Technologie sind wir nicht so überzeugt“, sagt Skjeldam. Mit der „Roald Amundsen“ geht in diesem Jahr das erste Hybrid-Expeditionsschiff an den Start. Es wird sowohl mit Dieselkraftstoff als auch Strom aus Batterien an Bord angetrieben. Zwei Schwesterschiffe folgen.
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Norweger setzen auf Gas-Hybrid-Antrieb
Außerdem rüsten die Norweger von Ende 2019 bis 2021 sechs ihrer Schiffe auf der klassischen Postschiffroute entlang der norwegischen Küste auf Gas-Hybrid-Antrieb um. Hurtigruten setzt dabei nicht nur auf LNG, sondern geht neue Wege – über Flüssigbiogas (LBG). Dieses soll aus organischen Abfällen aus der Fischindustrie gewonnen werden. Dafür arbeitet man mit dem Unternehmen Biokraft zusammen. Biogas sei der bislang einzige Kraftstoff, der als klimaneutral gelte, erklärt Skjeldam. Für den Anfang soll der Anteil im Energie-Mix bei mehr als zehn Prozent liegen, Hurtigruten plant eine schrittweise Erhöhung.
Der Nabu steht dem Einsatz von Biogas als Kraftstoff grundsätzlich kritisch gegenüber, insbesondere bei der Verwendung von Mais und Palmöl. „Biogas aus Fischabfällen einzusetzen, ist jedoch ein positiver Ansatz“, sagt Nabu-Verkehrsexperte Sönke Diesener auf Nachfrage von TRAVELBOOK. Allerdings könne dies aufgrund der Menge an Fischabfällen, die zur Gewinnung von Biogas benötigt würden, nur eine Lösung für einzelne Schiffe sein.
Auch LNG ist nach Ansicht des Nabu auf lange Sicht nicht die richtige Lösung. „LNG ist immer noch ein fossiler Kraftstoff“, sagt Diesener. „Wir glauben, dass man langfristig noch andere Antriebsformen finden kann und sind da auch beteiligt an Forschungsprojekten“, so Aida-Chef Eichhorn. In Zukunft sind auch Brennstoffzellen für den Antrieb mit Wasserstoff möglich. Auf der „Aida Nova“ ist dafür schon Platz. Wasserstoff hält auch Skjeldam für aussichtsreich. Man spreche hier aber von einem Zeithorizont von zehn Jahren.