13. September 2024, 11:08 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Einen Zeitraum, der lang genug wäre, um schwanger zu werden und ein Kind zu bekommen, verbrachten Hunderte Passagiere der „Serenade of the Seas“ auf einer Weltreise zur See. Nach neun Monaten ist die Rekordkreuzfahrt der US-amerikanischen Reederei Royal Caribbean nun beendet. TRAVELBOOK blickt zurück auf das Treiben an Bord und das absolvierte Programm des Kreuzers, das sich Teilnehmer immerhin eine gute Stange Geld kosten ließen. Ob sie ihre Reise der Superlative auch wirklich so genießen konnten, wie sie es sich wohl erhofft hatten?
Im Oktober 2021 hatte Royal Caribbean seinen Mega-Turn angekündigt. Ihre „Serenade of the Seas“ würde rund zwei Jahre später zu ihrer „Ultimate World Cruise“ ablegen – mit Kurs auf 150 Häfen in 65 Ländern auf allen sieben Kontinenten. Ein großes Abenteuer! Mehr als 650 US-Amerikaner haben sich ihm gestellt, und mussten sich dafür nicht nur viel Zeit nehmen, sondern auch tief in die Tasche greifen. Einige von ihnen hätten sich das im Nachhinein wohl noch einmal überlegt… Doch dazu später mehr.
Das Programm der längsten Kreuzfahrt der Welt
Start war am 10. Dezember 2023 in Miami, wo die „Serenade of the Seas“ neun Monate später – am 10. September 2024 – wieder anlegte. In dieser Zeit reiste der Kreuzer um die ganze Welt. Zu den Highlights der Tour zählte laut Royal Caribbean der Besuch der Städte Casablanca in Marokko, Qaqortoq in Grönland und Shimizu in Japan. Es wurden Weltwunder besichtigt, darunter der Machu Picchu in Peru und der Taj Mahal in Indien. Teilnehmer hatten grundsätzlich die Möglichkeit, das gesamte Programm zu absolvieren. Doch sie konnten auch nur an einzelnen von vier Teilexpeditionen teilnehmen. Die kleinste davon (rund um Kap Hoorn, 36 Destinationen) dauerte bereits stolze zwei Monate. Angehörige oder auch einfach so Interessierte konnte via Schiffsradar zu jeder Zeit online verfolgen, wo sich das schwimmende Hotel aktuell befand.
Auf genanntem verbrachten die Teilnehmer der längsten Kreuzfahrt der Welt viel Zeit. Damit die nicht zu lang wird, verfügt das Schiff über verschiedene Einrichtungen zur Unterhaltung. Neben einem Kino und einer Spielhalle gibt es an Bord ein Fitnesscenter mit Spa, einen Minigolf-Platz, zahlreiche Pools und gar eine Kletterwand. Ein Haupttheater ist Schauplatz von Theateraufführungen, Musicals und weiteren Veranstaltungen. Für das leibliche Wohl wird auf der Serenade of the Seas in 11 verschiedenen Restaurants gesorgt, in einigen davon allerdings gegen Aufpreis. Auch gibt es 16 Bars und Lounges sowie eine Shopping-Meile.
Übrigens war das Schiff schon 20 Jahre alt, als es im Jahr 2022 noch einmal renoviert wurde. Zehn Jahre zuvor hatte die Reederei es für rund 26 Millionen Euro erst aufwändig umgebaut.
Kosten für die Teilnahme
Teilnehmer brauchten nicht bloß reichlich Zeit, in der sie etwa ihrer Arbeit oder anderen Verpflichtungen fernbleiben könnten, sondern auch viel Geld. Die Preise für die längste Kreuzfahrt der Welt begannen bei rund 61.000 Dollar, also umgerechnet mehr als 52.500 Euro. Für die komfortablere Junior-Suite müssten Gäste in etwa das Doppelte hinlegen. Dazu kommen noch rund 4000 Euro Hafengebühren (ebenfalls pro Person) und etwa 12 bis 14 Euro tägliches obligatorisches Trinkgeld für die Angestellten.
Wer war mit an Bord?
Die Teilnehmer waren eine bunt gemischte Gruppe. Noch lange vorm Ablegen berichtete 2021 ein Vertreter der Reederei, dass einige Teenager auf der längsten Kreuzfahrt der Welt dabei sein würden. Sie bekämen dafür Fernunterricht. Letztendlich tummelten sich auf der Serenade of the Seas von Familien mit Kindern über Angehörige der Gen Z bis hin zu Senioren unterschiedlichste Personengruppen. Viele davon gaben in den sozialen Medien Einblicke in ihr temporäres Leben auf See. Darunter die 26-jährige Amike Oosthuizen, die die Kreuzfahrt und deren Stationen in vollen Zügen genossen zu haben scheint. Am letzten Tag der Tour schwärmte sie auf Instagram davon, neue beste Freunde gefunden und insgesamt tolle Erfahrungen gesammelt zu haben.
Kreuzfahrt war gleichzeitig Reality-Show auf Social Media
Tatsächlich waren aber längst nicht alle Passagiere durchgehend happy. Es knallte mitunter auch mal – was wohl nicht allzu verwunderlich ist, wenn 650 Fremde auf relativ engem Raum zusammen um die Welt reisen. Eine sensationslüsterne Erwartung darauf, welche Dramen sich in einem solchen Setting ereignen könnten, veranlasste gar Influencer an Land, die gesammelten Social-Media-Updates zu verfolgen und selbst wiederum dokumentarisch zu begleiten. Das Futter kam. Nutzer von TikTok und Co. berichteten auf ihren Accounts von Faustkämpfen, bei denen eine ganze Gruppe Streithähne auseinandergehalten werden musste, und natürlich jeder für sich von den kleineren Aufregern des Schiffsalltags. Auch habe es im Verlauf der Reise mal einen Brand an Bord gegeben. Ein Ehepaar gründete sogar eigens für die Kreuzfahrt einen TikTok-Account, welcher inzwischen beachtliche 91.000 Follower zählt. Audrey und Joe Martucci sind ein gutes Beispiel dafür, dass die Geschichten der Serenade of the Seas auf öffentliches Interesse stießen.
Allgemeiner Tenor: Muss man nicht noch ein Mal haben
Die Martuccis machten in ihren Video-Updates ab einem gewissen Zeitpunkt keinen Hehl mehr daraus, dem Ende der Mammut-Tour entgegen zu fiebern. Recht konkret äußerten sie ausgeprägten Überdruss von der längsten Kreuzfahrt der Welt. „Neun Monate sind einfach zu lang“, konstatiert in einem davon der müde Ehemann. Dies scheint der allgemeine Tenor unter den Rückkehrern zu sein, wie ein Video-Bericht der „Tagesschau“ eindrücklich zusammenfasst. Auf die Frage, ob man das Ganze noch mal tun würde, schütteln die meisten Absolventen der „Ultimate World Cruise“ vehement den Kopf.
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Allerlängste Kreuzfahrt der Welt kommt nicht vom Fleck
Eine 9-monatige Kreuzfahrt ist sicherlich lang. Eine andere will aber noch länger können. Die „Villa Vie Odyssey“ der Reederei Villa Vie Residences sollte sogar dreieinhalb Jahre auf Tour gehen. Starttermin hierfür war eigentlich der vergangene Mai, doch das Schiff steckt in Belfast fest. Grund dafür ist laut Informationen von „BBC News“, dass der rund 30-Jahre alte Ozeanriese nun noch modernisiert werden muss. Das bemerkte man offenbar zu spät – die gebuchten Gäste sind bereits an Bord, und die meisten von ihnen offenbar noch guter Dinge. Dem Bericht zufolge macht der Großteil der Gäste das Beste aus der Situation und lebt nun eben auf einem Schiff – Verpflegung und Unterhaltung sind schließlich bereits bezahlt.