23. November 2022, 17:39 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Gorch Fock war Schriftsteller, Otto von Bismarck Politiker sowie Staatsmann und Alexander von Humboldt einer der bedeutendsten Naturforscher seiner Zeit. Sind diese Männer jedoch Namensgeber für Schiffe, so spricht man von diesen in der weiblichen Form. Das gilt im deutsch- und englischsprachigen Raum und fast jeder macht es ganz automatisch. Doch woher kommt das eigentlich?
Die meisten Schiffe hierzulande bekommen heutzutage weibliche Namen. Aber selbst wenn Männer (oder Götter, wie aktuell bei der „Prometheus“ aus der Netflix-Erfolgsserie „1899“) Namensgeber für Schiffe sind, so bekommen diese Schiffe zumindest einen weiblichen Artikel: die „Bismarck“, die „Gorch Fock“, die „Humboldt“. Das gilt auch, wenn ein Schiff etwa nach einem Land, einer Stadt oder einem Tier benannt wurde, wie die „Bremen“, die „MS Deutschland“ oder die „Albatros“ eindrucksvoll verdeutlichen. Für diese Praxis gibt es mehrere Erklärungen respektive Theorien.
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Schiffe waren schon in der Antike weiblich
Laut „Merkur“ führt der Verfasser eines englischen Wörterbuchs über Schiffsausdrücke, John Rousmanière, den Ursprung der „weiblichen Schiffe“ auf den altägyptischen Glauben zurück. Demnach stellten Schiffe weibliche Wesen dar, die Glück bringen sollten. Auch in anderen Ländern würden Schiffe per se als weiblich wahrgenommen: Je nach Auslegung, weil sie schön oder launisch seien oder eben auch beides. Im US-Segelmagazin „Sailing“ erklärte man, Schiffe wie Frauen seien gleichermaßen eine „Symphonie der Kurven“, berichtete „Merkur“.
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Waren die Engländer Vorbild?
Lange war die englische Seefahrt tonangebend. Da in Deutschland viele Begriffe aus dem Englischen übernommen wurden, liegt die Vermutung nahe, dass auch die Geschlechterbestimmung von Schiffen aus dem Englischen übernommen wurde. Dass diese auch im Englischen weiblich sind, verwundert umso mehr, da eigentlich alles, das keinem Geschlecht zugeordnet werden kann, per se sachlich ist, also mit „it“-Wörtern beschrieben wird. Eine Erklärung, warum im englischsprachigen Raum Schiffe „she-Wörter“ sind, geht darauf zurück, dass die Crew ihr Schiff als etwas Weibliches empfunden habe:
„Die rundlichen Formen des Schiffsbauchs (die im Mittelalter noch stärker ausgeprägt waren als heute) mögen dazu beigetragen haben. In Ermangelung weiblicher Begleitung wurde das Schiff zu ihrer Geliebten: Es musste von ihnen auf Kurs gebracht, im Sturm gebändigt und täglich geschrubbt werden. Es musste rund um die Uhr bewacht und notfalls mit dem Leben verteidigt werden“, schrieb Bastian Sick in seiner Kolumne „Vom Weiblichen des Schiffs“.
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Eine weitere Erklärung liefert Marinehistoriker Dr. Pieter van der Merwedes, der von 1974 bis 2018 für das britische National Maritime Museum tätig gewesen ist, gegenüber „The Guardian“. So sei es wahrscheinlich ein Grund, dass lange Göttinnen und Mutterfiguren eine schützende Rolle für die Mannschaft der Schiffe spielten. Damit war auch die Praxis verbunden, Schiffen weibliche Galionsfiguren und Namen zu geben – oft nach den Gottheiten oder den Mitgliedern der Familie. So überquerte auch Christoph Kolumbus den Atlantik mit einem Schiff namens „La Santa Maria“, benannt nach der Jungfrau Maria.
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Der Vorteil des weiblichen Artikels
Egal, was genau der Grund war, etwa zu Zeiten von Kaiser Wilhelm II wurde laut „Merkur“ der englische Brauch der „weiblichen Schiffe“ auch in Deutschland übernommen. Und das hat auch einen Vorteil. Die „Gorch Fock“, die „Bremen“, die „MS Deutschland“: Sobald von diesen Namen und Orten in der weiblichen Form gesprochen wird, weiß man in der Regel, dass ein Schiff gemeint ist.