18. Februar 2018, 8:49 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Kaffeehaus, Donau, Kaiserschmarrn und eine Kutschfahrt. Wer Wien besucht, der reist meist vorbelastet und wenig experimentierfreudig in die österreichische Hauptstadt. Schuld ist vermutlich eine jahrzehntelange „Sissi-fizierung“ und der Glaube, der grantelnde Wiener stehe vorrangig für gemütliche Nostalgie, altbackenen Opernball und süße Mehlspeisen. Doch Wien gibt mehr her. TRAVELBOOK-Autor Tomas Spohn verrät, was man sehen muss, essen kann, kaufen sollte und ausprobieren darf.
Niemand sollte bei einem Kurztrip ins Nachbarland die touristischen Sehenswürdigkeiten komplett ignorieren. Wer die Stadt noch nicht kennt und nur wenig Zeit hat, der mag ruhig die klassischen Hotspots besuchen – und wird nebenbei sicherlich den ein oder anderen Geheimtipp gleich miterleben.
Verzichten Sie auf den City Airport Train (CAT)
Wer mit dem Flugzeug anreist, der gelangt vom Airport in Windeseile in die Innenstadt. Und zwar mit der Regional- oder S-Bahn nach Wien Mitte oder mit dem ÖBB Railjet zum Wiener Hauptbahnhof für günstige 4,10 Euro. Das dauert nur wenige Minuten länger als eine Fahrt mit dem City Airport Train – der mit 11 Euro fast dreimal so viel kostet. Innerhalb Wiens sind Fahrten mit dem ÖPNV problemlos zu bewerkstelligen, Fahrräder sind ebenfalls ein optimales Fortbewegungsmittel.
Kaffeehaus und Mehlspeise müssen sein
Kommt man einfach nicht drum herum, weil ganz besonders köstlich. Das hat auch einen Grund: In Wien soll das Wasser sehr weich sein und zudem wird der Kaffee für den österreichischen Markt anders geröstet als für den deutschen. Und einen „großen Braunen“ zu bestellen, dass klingt auch gleich viel besser als ein schnödes „Kaffee mit Extra-Milch“. Palatschinken, Topfen- oder Kaiserschmarren sind zudem gehaltvolle und adäquate Mittagsmahlzeiten.
Im burg.ring1 gibt es all das plus roh verputzte Wände, ein launiges, jüngeres Publikum, Frühstück, Kaffeespezialitäten, saisonale Speisen und Gluckigluck, der glucksende Wasserkrug in Form eines Fisches. Generell bietet der 1. Bezirk eine Unmenge an Caféhäusern, von denen kaum eins nicht gemütlich, pittoresk, opulent oder bräsig-edel daherkommt. Aber Obacht: Das beliebte Café Hawelka ist zwar eins der schönsten, aber recht klein, konsequent überfüllt und daher zu umgehen.
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Wiener Schnitzel und mehr sollte sein
Kulinarisch hat Wien natürlich wesentlich mehr zu bieten als das vielgerühmte Wiener Schnitzel, Palatschinken oder die Sacher-Torte in Kombination mit der Kaffeespezialität Melange (wahlweise Einspänner, Verlängerter, usw.). Doch es wäre wahrlich eine Schmach, die typisch österreichischen Köstlichkeiten gänzlich zu meiden – nur sollte man darauf achten, nicht auf jedes ‚Original österreichische Küche‘-Türschild hereinzufallen. Es lohnt sich, eine Mischung aus Tradition und Moderne auszuprobieren.
Das Buxbaum Restaurant, idyllisch gelegen im altehrwürdigen Heiligenkreuzer Hof in City-Lage, scheut sich nicht, das Wiener Schnitzel oder die Rinderkraftsuppe mit Frittaten anzubieten. Aber auch eine Bouillabaisse mit Pak Choi oder Mangalitza an Schwarzwurzel finden sich dort. Schiefervertäfelte Rundbögen, fellbezogenen Stühle und üppige Kronleuchter; Barock und ein bisschen hip, das zeigt sich hier, kann durchaus funktionieren. Alternative, aber etwas abseits: das Concordia Schlössl am Wiener Zentralfriedhof.
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Original-Naschmarkt ist Pflicht
Der bekannte Wiener Naschmarkt im 6. Bezirk ist nicht unbedingt eine Offenbarung, eher klassische Touristen-Anlaufstelle und oftmals ziemlich überteuert. Und doch sollte man sich nicht zieren, an den Marktständen vorbei zu flanieren und lukullische Köstlichkeiten aus aller Welt zu probieren. Kostproben werden einem ohne Ende gereicht.
Sicher, das hat was von City-Basar oder Multi-Kulti-Wochenmarkt, birgt wenig Überraschendes, und der angeschlossene Flohmarkt (nur samstags) ist weniger Vintage-Oase als Kuriosum zwischen schlecht erhaltenen Türklinken, alten Pelzen und Unmengen vergilbter Gemälde. Trotzdem, das hat Charme, wird er doch auch von echten Wienern wahrgenommen und mit ein, zwei Gläsern Wein lässt sich auch die hingebungsvoll feilschende Touristenschar und (da sind sie doch noch) arg grantelnden Stammkunden gut ertragen.
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Hop on, Hop off darf man machen
Bei einem Kurztrip ist man meist schon früh auf den Beinen, klappert Denkmäler, Bauwerke & Co. brav und wenig entspannt ab, hat immer die Zeit im Nacken und fühlt sich irgendwie gehetzt. Eine unaufgeregte Stadtrundfahrt mit einem Hop on, Hop off-Bus bietet sich da geradezu an. Ja, das ist der Inbegriff der touristischen Konformität, der blecherne Audioguide via Ohrstöpsel schmerzt in den Ohren, an heißen Sonnentagen wird das Glasdach zur Hitzefalle und an nasskalten Tagen kondensieren die Scheiben bei einem vollbesetztem Bus Richtung blickdichtes Milchglas. Und doch: In Wien kann man für relativ geringes Geld nach Gusto alle Routen abfahren, jederzeit ein- und aussteigen und WLAN nutzen.
In kurzer Zeit lässt sich somit Prater inklusive Riesenrad, Donauturm, Parlament, Hofburg und Sissi-Museum, Hundertwasserhaus und, wem das noch nicht reicht, eine Schifffahrt auf dem Donaukanal bestens abhaken. Das schont die Füße, das Gemüt und gesehen hat man dann wirklich alles. Am Ende reicht die Zeit noch für einen Shopping-Bummel durchs Museumsquartier und mal ehrlich — der exklusive Geheimtipp, der hippe Shop oder die unbekannte Abzweigung ist doch eh meist nur von angeblichen Individual-Reisenden mit kundiger Smartphone-App bereits enttarnt worden.
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Auf den Wegen der Lust im Alten Wien
Den „Wiens älteste Puffmuddi geht immer“-Hinweis gab mir eine Freundin mit auf den Weg und lag goldrichtig. Denn wer es doch mal etwas abseits vom touristischen-Einerlei mag und keine Angst vor Frivolitäten hat, sollte sich einen Rundgang durch das sündige Wien gönnen und nebenbei allerlei Wissenswertes rund um das Wirken und Schaffen der bekannten verstorbenen Wiener Dirne Josefine Mutzenbacher erfahren. Das steht dann auch im krassen Widerspruch zu der herkömmlichen Sightseeing-Tour und bietet für jedermann wunderbare Fotogelegenheiten. Die angeleitete Führung lockt mit der Aussicht, zum echten „Sexperten“ zu werden, Einblick in Luderhäuser inklusive. Gut als Vorab-Info: Für Kinder unter 14 Jahren ungeeignet!
Tanz in die Nacht ausprobieren
Wien bietet verschiedene Ausgehmöglichkeiten für Freunde von House-, Electro-, Hip-Hop- und Techno-Musik. In so illustren Läden wie Grelle Forelle (direkt am Donaukanal gelegen), der Pratersauna, dem SASS (laut Eigenauskunft „Wiens Musikclub für Freunde elektronischer Clubmusik mit Anspruch“) oder dem Urgestein Flex (1990 gegründet und klassischer Livemusikclub). Selbst im Volkstheater finden regelmäßig Partys/Events statt. Nur sollte der Großstädter bedenken: In Wien feiert man nicht open end, quasi bis in den nächsten Tag hinein. Irgendwann ist dann eben doch auch mal Schluss.
Angesagte Adressen
Adressen:
- burg.ring1, Burgring 1/1, 1010 Wien
- Café Hawelka, Dorotheergasse 6, 1010 Wien
- Wiener Naschmarkt, Wienzeile, 1060 Wien (zwischen Getreidemarkt und Kettenbrücke)
- Buxbaum Restaurant, Grashofgasse 3, im Heiligenkreuzerhof, 1010 Wien
- Concordia Schlössl, Simmeringer Hauptstraße 283, 1110 Wien
- Hop On, Hop Off via Vienna Sightseeing App (oder nach den diversen Haltestellen in der Stadt Ausschau halten)
- Club/Bar Grelle Forelle, Spittelauer Lände 12, 1090 Wien
- SASS Music Club, Karlsplatz 1, 1010 Wien
- Flex, Augartenbrücke 1, 1010 Wien
Diese 7 Gebäude sollten sie bei ihrem Wien-Besuch gesehen haben:
Das Rathaus
Das Wiener Rathaus ist von 1872 bis 1883 im Stil der Neugotik erbaut worden. Vor dem Gebäude liegt der große Rathausplatz, auf dem eigentlich immer ein Festival oder Markt stattfindet. Vom Filmfestival mit Steet Food Markt im Sommer, über Steiermarkdorf in Tracht und Weihnachtsmarkt ist hier ständig was Neues los. Gegenüber des Rathaus liegt das Burgtheater, was auch nicht schlecht anzusehen ist.
Die Staatsoper
Die Wiener Staatsoper ist eins der bedeutendsten Opernhäuser der Welt und muss natürlich auch als solches zu erkennen sein. Die Fassade beeindruckt im Renaissance-Bogenstil mit zahlreichen Statuen. Jeder Zentimeter dieses Gebäudes ist sehenswert. Gehen Sie einmal drum herum und schauen es sich von allen Ecken an. Und dann am Besten nochmal Abends, wenn die Staatsoper beleuchtet wird. Es lohnt sich, die Staatsoper auch zu betreten – oft gibt es Restkarten für Vorstellungen und alleine um das Innere des Gebäudes zu sehen, lohnt sich ein Ticket.
Das Schloss Schönbrunn
Das Schloss Schönbrunn ist nicht umsonst die beliebteste Sehenswürdigkeit Wiens. Ein Schönbrunn-Besuch gehört zum Pflichtprogramm jedes Wien-Besuchs und ist sicherlich kein Geheimtipp. Aber einfach weil Schönbrunn zum UNESCO Weltkulturerbe und zu Österreichs bedeutendsten Kulturgütern zählt, hat es sich einen Platz auf dieser Liste verdient. Bei Führungen durch das Schloss, dass als Sommerresidenz der Kaiserin Maria Theresia genutzt wurde, kann man Imperialismus am eigenen Leib erleben und sich vorstellen, wie die Kaiserfamilie in dem barocken Schloss gewohnt hat.
Die Hofburg
Die ehemaligen Kaiser sind in Wien überall präsent. Auch die Hofburg diente als Kaiserresidenz. Heute wohnt der österreichische Bundespräsident da, wo eins die Habsburger lebten. Außerdem beheimatet das Gebäude die österreichische Nationalbibliothek und einige Museen, manchmal finden hier sogar Bälle statt. Besonders schön ist der Heldenplatz vor der Hofburg, auf dessen Rasen man sich mit einem Buch oder seinen Freunden niederlassen kann.
Das Kunsthistorische und Naturhistorische Museum
Ein weiterer guter Ort, um sich beim entspannen so zu fühlen, wie einst die Kaiser, ist „ZwideMu“. Die Abkürzung steht ganz simpel für „zwischen den Museen“ und meint den Garten zwischen dem Natur- und dem Kunsthistorischen Museum. Die beiden Gebäude sehen ident aus, was sie noch beeindruckender werden lässt. Die Zwillingsmuseen zählen zu den größten und bedeutendsten der Welt.
Das mumok
Ein Gebäude der etwas anderen Art. Ja, Wien kann auch Modern. Aus dem ehemaligen Österreich-Pavillon der Weltausstellung 1958 in Brüssel entstand das „größte Museum im Zentrum Europas für die Kunst seit der Moderne“, wie es auf der Website des Museums heißt. Auf den ersten Blick wirkt das Gebäude wie ein kalter grauer Block. Aber um die Frage, ob das Gebäude schön ist, geht es hier nicht – sehenswert ist das mumok auf jeden Fall.
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Die Karlskirche
Die römisch-katholische Kirche mag vielleicht weniger berühmt sein als der Stephansdom, ist aber die wahre Lieblingskirche einiger Wiener. Der Sakralbau mit mächtiger Kuppel mutet wie der kleine Bruder des Petersdoms an. Es ist das letzte große Werk des barocken Stararchitekten Johann Bernhard Fischer von Erlach. Auch hier ist nicht nur das Gebäude, sondern der Platz davor, der Karlsplatz, eine Sehenswürdigkeit. Direkt vor der Kirche liegt ein riesiges Wasserbecken, in dem sich die Kirche spiegelt.