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Abenteuerreise in die Ungewissheit

Wie ich als Angsthase zur überzeugten Alleinreisenden wurde

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TRAVELBOOK Redaktion

25. Juli 2016, 18:07 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Für viele ist es alles andere als selbstverständlich, allein loszuziehen und in ein fernes Land zu reisen. Auch unsere Autorin Maria Tzanova hatte Bedenken hinsichtlich eines Solo-Urlaubs. Dann entschied sie sich doch dafür – und würde es jederzeit wieder tun.

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Wenn mich jemand in der Vergangenheit gefragt hätte: „Maria, wie würdest du lieber reisen, in Gesellschaft oder alleine?“, hätte ich immer die Gesellschaft vorgezogen. Wer ohne Gesellschaft reist, so glaubte ich, hätte doch niemanden, um seine Eindrücke und Erlebnisse zu teilen. Man hätte es doch irgendwann satt, nur alleine unterwegs zu sein. Alle Bilder wären Selfies, denn man hätte irgendwann keine Lust mehr, der nervige Touri zu sein, der nach „Foto, Foto“ fragt, und wirre Selbstgespräche führt – wegen Mangel an Gesprächspartnern.

So dachte ich über das Alleinreisen, bevor ich gezwungen war, es selbst auszuprobieren. Ich sage gezwungen, denn es war nicht unbedingt geplant. So wie die gesamte Reise eigentlich nicht geplant war.

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Die Buchung fand an einem grauen Berliner Februar-Spätnachmittag statt. Genervt von der Arbeit, der Menschheit und dem schlechten Kaffee in meiner Tasse klickte ich mich wahllos durch Reiseportale im Internet. Da ploppte ein ziemlich gutes Flugangebot für Bali auf. Bali, da wollte ich schon immer mal hin!

Traumstrände, kristallklares Wasser, exotische Pflanzen, flauschige Äffchen ­­–  die Zusammenfassung meiner Google-Suche zum Thema Bali. Mit jedem weiteren Klick wurde der Gedanke an einer kleinen Realitätsflucht immer attraktiver.

So spontan verreist leider niemand

Ich fing an, nach potentiellen Reisepartnern zu suchen, denn alleine zu reisen ist ja doof.
Doch wenn du spontan in fünf Tagen für zwei Wochen wegfahren möchtest, Ende 20 und Single bist, stehst du ziemlich alleine da. Die meisten haben unflexible Jobs, Beziehungen, Kinder oder ganz andere Vorstellungen, wie ein Urlaub sein sollte. Überhaupt schien das Timing zwischen mir und potentiellen Reisebegleitern nie zu stimmen.

Und so buchte ich kurzentschlossen in einer „Ist mir doch egal“-Laune den Flug nach Bali – und zwar alleine. Selbst ist die Frau!

Fünf Minuten später fiel mir auf, was ich soeben getan hatte, und wurde panisch. Doch bald kam Trost: Wie sich herausstellte, werden zwei Pärchen aus dem Bekanntenkreis ebenfalls auf der Insel sein – zumindest die ersten drei Tage meiner Reise.

Ich bekam also einen weichen Start in dieses verrückte Abenteuer, das ich mir selbst zu verdanken hatte.

Ab Tag 3 war ich dann wirklich alleine

In Bali angekommen, verliefen die ersten Tage genau so, wie man es von Reisen mit Freunden kennt. Weil man es nicht geschafft hat, sich im Voraus auf ein gemeinsames Domizil zu einigen, wohnt jeder am anderen Ende der immerhin gleichen Stadt. Verabredungen laufen dank schlechtem WLAN-Empfang auch eher schlecht als recht, und am Ende möchte irgendwie doch jeder lieber was anderes machen. Nach mehrstündigen Diskussionen schafft man es gegen 16 Uhr – zwei Stunden vor Sonnenuntergang – dann doch zum Strand.

Obwohl es schön war, alle zu sehen, hatte ich nach drei Tagen irgendwie gar keine Angst mehr, die weitere Reise mit mir alleine zu verbringen. Und dann wurde es ernst – ich war wirklich alleine!

Es ging nach Ubud, dem kulturellen Zentrum Balis. Die Stadt, die für ihre Reisfelder, Affen und Künstler bekannt ist. Die Stadt, die Drehort von „Eat, pray, love“ war, der Bestseller-Verfilmung mit Julia Roberts.

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Im „Monkey Forest“ in Ubud gibt es viele freche Affen, die auch mal gerne die Touristen ärgern. Sicherheitsabstand wird empfohlen. Foto: Maria Tzanova

All das nicht wissend, nur mit meinem Rucksack ausgerüstet und der Adresse eines Hostels, kam ich in Ubud an.

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„Love is the goal“ – dieser Fußballplatz in Ubud bringt es auf dem Punkt. Foto: Katrien Bartholomeeusen

Homestay statt Hostel

Erste Negativ-Erfahrung: Mein Wunsch-Hostel war ausgebucht und jedes weitere, das ich aufsuchte, auch! Die Verzweiflung wuchs, und ich verabschiedete mich von der Vorstellung, schnell Leute kennenzulernen. In Hostels wäre das, so hab ich mal gelesen, besonders leicht gewesen.

Mit einem gefühlt 20 Kilogramm schwerem Rucksack machte ich mich bei 30 Grad Außentemperatur und den Tränen nahe auf die Suche nach einer anderen Übernachtungsmöglichkeit.

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In den Reisfeldern von Ubud kommt man in den Genuss vollkommener Ruhe und Entspannung. Foto: Maria Tzanova

Zu meiner Überraschung wurde ich sehr schnell fündig. Mein neues Zuhause für die nächsten paar Tage wurde ein sehr spartanisch eingerichtetes Zimmer für gerade mal 4 Euro die Nacht in einem „Homestay“. In Bali versteht man darunter kleine Bungalows, die auf dem Grundstück einer balinesischen Familie liegen.

Meist gibt es dort auch einen hinduistischen Schrein – die Balinesen sind sehr gläubig, und neben Hunden und Katzen haben viele Einheimische auch unzählige Singvögel, die sie in verzierten Käfigen halten.

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Ein typisches „Homestay“. Das war meine Bleibe auf Gili Air. Foto: Maria Tzanova

Alleinreisende finden sich

Obwohl nicht im Hostel untergekommen war, kam ich im ersten Café in Ubud mit den Leuten am Nebentisch ins Gespräch, und das obwohl ich eher der schüchterne Typ bin. Michael aus Tschechien, Simona aus Rumänien und Telka aus Deutschland waren eigentlich alle alleine unterwegs, so wie ich, und hatten sich hier gefunden. Und nun stieß ich zum Reise-Rudel hinzu.

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Banana Pancake, Litschis und Wassermelone – das typische Frühstück auf Bali. Foto: Maria Tzanova

Das Praktische daran war, dass ich jederzeit gehen konnte, wenn ich keine Lust mehr hatte. Meine Entscheidungen waren weder mit Dramen noch anstrengenden Diskussionen verbunden. Letztlich waren wir nicht gezwungen, die Gruppe unbedingt zusammenzuhalten. Denn wenn du alleine unterwegs bist, kannst du immer genau das machen, worauf DU Lust hast.

Ähnliches wiederholte sich wenige Tage später, als ich zu den Gili Islands fuhr. Die drei kleinen Trauminseln im Indischen Ozean gehören zur großen Insel Lombok, sind jedoch von Bali aus in wenigen Stunden mit einer Fähre, die an jeder Insel einmal Halt macht, zu erreichen.

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Auf Gili Trawangan kann man auf der sogenannten „Ombak Swing“ im Ozean schaukeln oder einfach in der Hängematte relaxen. Foto: Katrien Bartholomeeusen

Auf der Fähre lernte ich wieder eine Gruppe von „Alleinreisenden“ kennen, deren Wege sich irgendwo gekreuzt hatten. Und weil sie gut miteinander konnten, reisten sie einfach zusammen weiter.

So kam es, dass ich wegen der netten Gesellschaft auf einer ganz anderen Insel als geplant landete – mit einer Gruppe von zehn Menschen, Tendenz: wachsend.

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Unsere kleine Alleinreise-Gruppe auf Gili Trawangan. Foto: Maria Tzanova
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Eines der schönsten Erlebnisse meines Lebens

Aus meiner Solo-Reise wurde binnen weniger Minuten eine Gruppen-Reise, die kein Reiseunternehmen hätte besser planen können. Durchzechte Nächte, abenteuerliche Fahrradausflüge durch sinnflutartige Regenfälle, tiefgründige und nicht so tiefgründige Gespräche sowie neue Bekanntschaften inklusive, aus denen sich zum Teil sogar Freundschaften entwickelten.

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Der Hafen von Gili Trawangan bietet vor allem abends eine schöne Aussicht. Foto: Maria Tzanova

Aus meiner impulsiven Entscheidung, einen Bali-Flug zu buchen, wurde eines der schönsten Erlebnisse meines Lebens. Die Ängste, die ich hatte, erwiesen sich als unbegründet. Es ist weder langweilig noch gefährlich, als Frau alleine nach Bali zu reisen. Die einzige Gefahr besteht darin, dass man am Ende mit so vielen Menschen unterwegs sein könnte, dass es schwierig ist, sich alle Namen zu merken. Und dafür muss man nicht einmal besonders extrovertiert sein.

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Mit neuen Freunden am Strand von Gili Air. Foto: Maria Tzanova

Dass man auf einer solchen Reise die große Liebe findet wie Julia Roberts in „Eat, pray, love“, ist eher unwahrscheinlich, eine neue Sicht auf die vermeintlichen Probleme zu Hause bekommt man jedoch sehr schnell, wenn man so viel Zeit mit sich selbst verbringt und mit Menschen zusammen ist, die einen nicht kennen.

Ich würde jederzeit wieder alleine losziehen – und das nächste Mal ganz gewiss ohne Bedenken.

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