19. September 2013, 17:40 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ziegen melken an der Neiße, Mangos ernten in Thailand, Pferde pflegen in Südafrika: Wer von richtigem Landurlaub träumt, sollte „Wwoofing“ ausprobieren – für Kost und Logis auf Farmen in aller Welt arbeiten.
Endlich mal raus aus der Stadt. Mitten aufs Land, ohne Internet und Telefon, nicht erreichbar sein und den Kopf ausschalten. Sich mal handwerklich betätigen, richtig auspowern und dann viel und gut essen. Wer sich danach sehnt, sollte einen Reisetrend mit merkwürdigem Namen ausprobieren: Wwoofing.
Die Abkürzung steht für „World Wide Opportunities on Organic Farms“ und dahinter steht ein einfaches Prinzip – egal ob in Bangladesch, Brandenburg oder Brasilien, die Bedingungen sind überall gleich: Freiwillige helfen auf ökologischen Bauernhöfen und bekommen dafür Kost und Logis gratis.
Die Idee entstand 1971
Die Idee stammt von einer englischen Sekretärin. Sue Coppard wollte 1971 ein Wochenende raus aufs Land fahren und auf einem Biobauernhof mitarbeiten. Sie organisierte mehrere Helferurlaube für sich und Freunde auf einem Hof in Sussex. Schon bald wollten immer mehr Großstädter ursprüngliches Landleben erfahren und das auch länger als nur für ein Wochenende. Die Wwoof-Bewegung war geboren.
Inzwischen nehmen Dutzende Länder daran teil, allein in Deutschland haben sich mittlerweile über 500 Höfe auf der Seite der Organisation angemeldet. Wwoof will die internationale Bio-Bewegung promoten und Techniken nachhaltiger Landwirtschaft lehren. Die Teilnehmer wiederum können sehr günstig Urlaub machen und lernen Land und Leute richtig kennen. Für etwa 20 Euro im Jahr kann man Mitglied werden und ein Jahr lang die Adressen der teilnehmenden Höfe abrufen. Das Mindestalter beträgt 18 Jahre; die meisten Betriebe verlangen eine Arbeitszeit von fünf bis sechs Stunden, fünf Tage die Woche.
Für wen sich Wwoofing eignet
Wwoofing für jeden geeignet, der mal etwas Neues ausprobieren möchte: Ob man Abwechslung vom Büroalltag braucht, die ökologische Landwirtschaft kennenlernen möchte oder die freien Tage gerne dazu nutzt, nicht nur ein neues Land zu sehen, sondern sich auch mit den darin lebenden Menschen vertraut zu machen – Wwoofing eignet sich für jeden, der mal einen anderen Lifestyle erleben möchte.
Auch für potenzielle Aussteiger eignet sich das Konzept Wwoof. Denn unter den ökologischen Farmen befinden sich auch Selbstversorgerhöfe, auf denen die Freiwilligen sich mit dem Leben fernab von nine-to-five-Job und 2-Zimmer-Wohnung vertraut machen können. So kann aus einem Kurzurlaub der erste Schritt in ein neues Leben werden.
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Wie kann man sich einen Tag auf einer Wwoofing-Farm vorstellen?
Eine pauschale Aussage zu treffen, ist nicht einfach: Jede Farm handhabt das gemeinsame Arbeiten anders. Auf dem einen Hof arbeiten die Freiwilligen vier Stunden am Tag, stellen Zäune auf und reparieren kaputte Scheunen. Bei anderen Farmen arbeitet man ein-zwei Stunden mehr, übernimmt dafür aber körperlich weniger anstrengende Aufgaben wie das Füttern der Tiere oder das Bereiten von Pferden. Es lohnt sich vor dem Aufenthalt Gedanken zu machen, was man sich grob vorstellt und sich einen möglichst passenden Hof zu suchen. Wobei man aber unvoreingenommen an das Erlebnis herangehen sollte – auch unerwartete Aufgaben und Herausforderungen können den Aufenthalt positiv prägen.
Die Anreise muss bei einem Wwoof-Urlaub selbst organisiert werden. Die Organisation übernimmt hier keine Verantwortung und ist nur für die Vermittlung, nicht aber weitere Prozesse zuständig. Wie man zu besagtem Hof kommt und ob man eventuell von einem naheliegenden Bahnhof abgeholt wird, spricht man zuvor mit den Hofbesitzern ab.
Angekommen hat man meist erst mal Zeit, sich einzuleben – die Arbeit beginnt in der Regel erst am zweiten Tag. Dabei können die Aufgaben variieren und sind meist vielfältig: Von Reparaturarbeiten über Fruitpicking, Forst- und Gartenarbeit bis hin zu Tierpflege und -ausbildung, ist alles dabei. Wann der Arbeitstag beginnt, wie viele Tage man arbeitet und was für Arbeit anfällt, wird meist vom Farmer festgelegt.
Auf vielen Höfen verbringt man auch außerhalb der Arbeitsstunden Zeit mit der einheimischen Familie und nimmt am Hofalltag teil: Dazu gehört es auch, gemeinsam zu kochen, zu essen und sich auch mal einen Abend gemütlich zusammen zu gestalten. In der Regel teilt man einen gemeinsamen Alltag, übernimmt einen Teil der täglichen Pflichten und trägt dazu bei, den Hof am Laufen zu halten. Im Gegenzug erhält man, neben Kost und Logis, einen Einblick in ein anderes Leben. Oft bekommen die Freiwilligen auch die Möglichkeit, sich ihre Freizeit anderweitig zu gestalten: Fahrräder, Kanus und andere Angebote stehen den arbeitenden Urlaubern nicht selten zur Verfügung.
Wünscht man sich mehr Freizeit, fühlt man sich nicht in der Lage gewisse Aufgaben zu erledigen oder sollte es zu anderen Problemen während des Aufenthalts kommen, lohnt sich eine Aussprache mit dem Farmer: Oft regeln sich die vermeintlichen Schwierigkeiten nach ein paar Worten wie von selbst.
Eine länderübergreifende Internetseite gibt es nicht. Unter https://wwoofinternational.org/ gelangt man zu den einzelnen nationalen Wwoof-Homepages.