1. Mai 2024, 9:28 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Camping im eigenen Auto klingt für viele nach Abenteuer und naturnaher Romantik. Unsere Autorin Anna Wengel (jetzt Chiodo) hat einige Campingtrips in Auto und Van in Europa und Neuseeland gemacht und gibt Tipps für die Vorbereitung.
Geht es ums Reisen, bin ich eher von der ungeplanten, spontanen Sorte. In Neuseeland habe ich von einem auf den anderen Tag einen Van gekauft und bin erst einmal losgefahren. Unterwegs habe ich dann festgestellt, was fehlt und mich Stück für Stück eingerichtet (mehr dazu auf TRAVELBOOK). Anders ein Roadtrip mit Mann und Baby im zum fahrbaren Schlafzimmer umfunktionierten Minivan nach Portugal. Der war gefühlt besser vorbereitet. So entspannt und romantisch, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, war er aber dennoch nicht (mehr dazu auf TRAVELBOOK). Diese und andere Roadtrips und Varianten des Campings im Auto führen an dieser Stelle zu einer Sammlung an selbst getesteten Tipps, die vielleicht helfen können, Ihren Roadtrip so romantisch-entspannt wie in Ihrer Vorstellung zu gestalten, anstatt dabei komplett im Chaos zu versinken.
Das Fahrzeug für den Roadtrip
Camping im Auto funktioniert, je nach Personenanzahl, in den meisten Autos. Ich habe in meinen Zwanzigern zum Beispiel diverse Nächte in Portugal allein in meinem kleinen 1992-er VW Polo geschlafen. Im fast gleichen Modell einige Jahre zuvor auch bei einem Roadtrip durch Schweden gemeinsam mit einer Freundin. Geht es nur ums Schlafen und hat man nicht allzu viel Gepäck, geht das. Besonders dann, wenn man tendenziell nicht so viel Wert auf Luxus legt. Heute mit 36 behaupte ich allerdings, dass die Komfortansprüche mit zunehmendem Alter ebenfalls wachsen – aber das mag auch meine alleinige Erfahrung sein. Was ich aber damit sagen möchte ist, dass auch Kleinwagen zum Camping im Auto geeignet sind.
Kann ich es mir aussuchen, würde ich jedoch immer den Van vor dem Kleinwagen wählen. Denn: Je größer das Auto, desto mehr Platz und Komfort ist da natürlich. Und im Van ist es nicht nur am bequemsten, man hat auch Platz für diverse Lebensannehmlichkeiten wie Miniküche und Co. Außerdem hält man es darin im Regenfall vermutlich ein bisschen länger aus. Zwei Beispiele: Ich kam in Neuseeland einmal dank sturzflutartigen Regens auf unbefestigtem Parkplatz nicht so richtig gut weg und habe es mir stattdessen zwei Tage in meinem Van mit Büchern und Co. ziemlich gemütlich machen können. Auf unserem Familien-Roadtrip nach Portugal regnete es auch – und wir waren schon nach einem Abend unterm Regenschirm kochend und schließlich mit klammer Kleidung auf der Matratze sitzend froh, schnell zu schlafen und am nächsten Tag in sonnigere Orte weiterzuziehen.
Camping im Auto – die Vorbereitung
Schlafen
Verdunklung und Mückenschutz
Auf meinen ersten Roadtrips haben wir Handtücher ins Fenster gestopft und halbaufgeblasene Luftmatratzen auf umgeklappte, ungerade Rückbänke gequetscht. Wir hatten Spaß und das war das Wichtigste. Die Luft wurde allerdings ein bisschen knapp und für meinen Geschmack kamen ein paar zu viele Mücken zu Besuch. Und so richtig bequem ist auch was anderes. Dadurch sind diese ersten Tipps entstanden.
Sorgen Sie für eine vernünftige Verdunklungsmöglichkeit. Das können richtige Vorhänge oder Gardinen sein oder aber auch zweckentfremdete Tücher. Es sollte sich definitiv leicht befestigen lassen und blickdicht sein. Vor allem wer lichtempfindlich ist, sollte auf eine richtige Verdunklung achten. Leichte Gardinen können zum Beispiel direkt an der Scheibe oder Vorhänge mit Seilen befestigt werden. Es gibt auch Magnet-, Haken- und Klettverschlussvarianten. Je nach Auto braucht es ein bisschen Kreativität.
Ganz wichtig ist außerdem ein Mückennetz. Es gibt diverse Gittervarianten für die Scheiben. Ich persönlich halte davon nicht so viel und empfehle eher, ein ganzes Mückennetz aufzuspannen und rund um die Matratze zu befestigen.
Matratze
Mindestens genauso wichtig ist die Unterlage. Bei manchen Autos funktioniert es, die Sitze umzuklappen und eine gerade Fläche mit der Kofferraumablage zu schaffen. Geht das nicht, kann improvisiert werden. Im Van beispielsweise lohnt es sich, eine richtige Holzkonstruktion als Matratzenunterlage zu bauen, dann ist gleich für Stauraum gesorgt. Luftmatratzen funktionieren beim Camping im Auto und sind platzsparender, denn man kann sie einfach wieder verstauen. Sehr viel bequemer ist aber eine richtige Matratze.
Ist man allein oder zu zweit unterwegs, kann das Bett bleiben und muss nicht täglich abgebaut werden. Für alle, die zu dritt unterwegs sind oder aus Staugründen einen Sitz der Rückbank freihalten wollen, lohnt sich vielleicht die Anschaffung einer entsprechend geschnittenen Autoluftmatratze. Zum Beispiel einer, die sich über zwei der drei Rückbanksitze und den Kofferraum legen lässt. Wir überlegen für unseren kommenden Schottland-England-Roadtrip zusätzlich ein Heckzelt anzuschaffen, so dass der Schlafbereich quasi nach hinten verlängert werden kann. Alternativen sind auch Dach- oder normale Wurfzelte als Zusatz zum Autobett.
Je nach Bequemlichkeitswunsch kommen Decken und Kissen oder einfach Schlafsäcke dazu. Hier kommt es allerdings auf den Ort an. Wer in heißen Ländern im Auto campen will, braucht vielleicht nur ein Tuch oder nichts.
Kühlen und kochen
Mindestens eine Kühlbox gehört mit ins Gepäck. Die kann man ganz altmodisch mit Kühlakkus kühl halten (für die dann allerdings immer wieder irgendwo eine Kühlungsmöglichkeit gefunden werden muss). Oder man kauft sich gleich einen Minikühlschrank, der zum Beispiel über die Autobatterie kühlgehalten werden kann. Alle nicht verderblichen Lebensmittel können in einer Box zum Beispiel unterhalb der Matratze verstaut werden.
Zum Kochen reicht in der Regel ein Campingkocher. Ich persönlich mag die flachen rechteckigen mit zwei Flammen lieber, weil sie nicht so schnell umfallen und tendenziell nicht beide Gasflaschen gleichzeitig leer sind. Aber natürlich funktioniert auch ein einfacher Gaskocher, dann muss man einfach direkt genug Gasfalschen einpacken. Nichts ist ärgerlicher, als wenn mitten im morgendlichen Kaffeekochen die Gasflasche plötzlich leer ist. Zusätzlich brauchen Sie ein Minimum an Geschirr, das heißt Topf und/ oder Pfanne, plus Teller, Gläser, Tassen, Besteck. Am besten alles aus Hartplastik und Co. und leicht.
Wer nur auf Campingplätzen übernachtet, braucht nicht unbedingt einen eigenen Kocher, denn man kann man in der Regel die Küche vor Ort benutzen. Wer hingegen wenig bis keine Zeit auf einem Campingplatz verbringen möchte, sollte sich zusätzlich eine Möglichkeit zum Abwaschen überlegen. Die einfachste Variante ist eine Waschschüssel mitsamt Dreckwasserkanister, damit das Wasser nach dem Abwasch nicht in der Natur entsorgt wird.
Strom
Den mittels Autobatterie kühlenden Kühlschrank habe ich schon angesprochen. Das ist ein Gerät, für das Sie Strom brauchen werden. Und das ist vermutlich nicht das einzige. Auf meiner ersten Auto-Camping-Reise mit 18 war es gerade mal das alte Nokia, das hin und wieder aufgeladen werden sollte. Mittlerweile braucht gefühlt alles immer Strom. Daher ein Tipp: Sorgen Sie für eine vernünftige Stromquelle, die auch dann funktioniert, wenn das Auto nicht fährt. Das können während der Fahrt aufladbare Powerbanks sein oder auch eine zweite Autobatterie. Informieren Sie sich im Fachhandel, was für Ihre Bedürfnisse passend sein könnte. Mindestens einen USB-Adapter für den Zigarettenanzünder sollte man jedoch dabei haben.
Kleidung und Co.
Richtige Gepäckstücke sind beim Camping im Auto tendenziell das Unhandlichste. Für mich haben in der Regel Kisten am besten funktioniert, die ich einfach unterhalb der Matratze verstauen und bei Bedarf rausziehen konnte. Andere empfehlen auch knautschbare Reisetaschen, weil diese sich besser überall hinquetschen lassen. Gut ist auch eine Kombination aus beidem.
Dusche, Klo und Camper-Apps
Wer keine Lust hat, auf Campingplätzen zu übernachten, kann sich mit Campingklo und Solardusche ausstatten. Je nach Reiseziel gibt es vielleicht auch die Möglichkeit, öffentliche Toiletten und Duschen zu nutzen. Um diese zu finden gibt es diverse Apps, die neben öffentlichen Sanitäranlagen auch über Tankstellen, (kostenlose) Stellplätze und Co. informieren. In Neuseeland und Australien ist zum Beispiel „Campermate“ beliebt. In Deutschland gibt es unter anderem „park4night“. Eine beliebte und weltweite Wildcamping-App ist zum Beispiel „iOverlander“. Es gibt eine riesige Auswahl an Camping-Apps, die auf die verschiedenen Bedürfnisse und Regionen zugeschnitten sind.
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Camping im Auto – eine kurze Packliste
- Schlafsack, Decke oder Tuch sowie Kissen und Bettlaken
- Campingkocher, Kochutensilien, Schneidebrett, Espressokocher und Co., Feuerzeug
- Teller, Tassen, Besteck, scharfe Messer
- Nahrungsmittel und Boxen zum Verstauen
- zwei Wasserkanister (Frisch- und Abwasser)
- Waschutensilien wie Schwämme, Waschschüssel, Wasch- und Spülmittel
- Müllbeutel
- Wäscheleine
- Taschenlampe
- Picknickdecke
- evtl. Klappstühle und Tisch
- evtl. Hängematte
- (Reise-) Handtücher
- Toilettenpapier
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Reisevorbereitung: Stellplätze, Route und Co.
Einfach losfahren und schauen, wo man hinwill. Das ist für viele sicherlich die Idee, die sie mit dem Camping im Auto verbinden. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass es meine ist. Ich habe meine Roadtrips nie durchgeplant, sondern immer Tag für Tag geschaut, wo ich hin- und was ich machen will. Und das würde ich auch immer empfehlen. Allerdings funktioniert diese Art des Reisens nicht unbedingt immer und überall.
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Seit das Camping im Auto und Van zum beliebten Reisetrend geworden ist, machen es nicht nur viel mehr Menschen. Es gibt auch vielerorts mehr Beschränkungen. So konnte ich zum Beispiel in Neuseeland 2008 noch fast überall in der Natur mit meinem Van übernachten. 2018 ging das nur noch mit einem Van, der über diverse Dinge wie Klo, Dusche, Abwasserlösung etc. verfügte und einen blauen self-contained-Sticker besaß (was meiner nicht tat). Das Wildcampen wird in Neuseeland stärker eingeschränkt, geht aber noch. In Deutschland ist das Übernachten im Auto eine rechtliche Grauzone, solange man sich nicht mit Kocher und Co. häuslich einrichtet. Das Wildcampen ist in den meisten Fällen jedoch verboten, ebenso wie in vielen anderen europäischen Ländern. Skandinavien bildet hier mit seinem Jedermannsrecht nach wie vor eine Ausnahme. Eine wichtige Vorbereitung der Reise ist es also, sich einmal genau über das Reiseland zu informieren, in dem man mit dem Auto campen möchte.
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Wer feststellt, dass der Roadtrip nun doch diverse Campingplätze beinhalten wird oder das ohnehin vorhatte, kann sich je nach Reisezeit vermutlich ein bisschen von der spontanen Reise verabschieden. Da Camping so beliebt ist, sind auch beliebte Campingplätze häufig ausgebucht. Hier lohnt sich also auch ein bisschen Recherche und mitunter frühzeitiges Buchen.