15. April 2016, 10:17 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Die Brennerautobahn ist seit mehr als 50 Jahren eine der wichtigsten Urlauber-Routen über die Alpen. Doch nun hat Österreich angekündigt, verstärkte Grenzkontrollen wegen der Flüchtlingsströme aus dem Süden einzuführen – die Bauarbeiten zur Errichtung der Grenzzäune haben bereits begonnen. Droht nun ein Stau-Chaos im Sommer – und ist es das Ende des Mythos Brenner?
Fast 53 Jahre ist es her, dass die Europabrücke am Brenner eingeweiht wurde – das Kernstück der heutigen Brennerautobahn. Für den Transitverkehr über die Alpen war dieser Tag ein Meilenstein, die Wirtschaft und der Tourismus in ganz Europa profitierten. Für Urlauber aus dem Norden war die Eröffnung der Autobahn der Startschuss für eine neue Reisefreiheit. Nie war es einfacher, mit dem Auto oder Wohnmobil die italienischen Seen und Strände zu erreichen.
Heute passieren jedes Jahr im Schnitt 13 Millionen Fahrzeuge den Brenner, darunter auch viele, die es nach Kroatien zieht. Die Spitzenzeiten liegen im Hochsommer, wenn die Urlauber in Richtung Süden und zurück wollen: „Die Rekordtage sind die Samstage im August“, sagt Alfred Obermayr vom Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touringclub (ÖAMTC) auf Nachfrage von TRAVELBOOK. „Im Jahr 2015 hatten wir an an diesen Wochenendtagen im Schnitt 39.216 Fahrzeuge auf dem Brenner.“
Dass der Verkehr sich an solchen Tagen am Brenner staut, ist kaum vermeidbar. Aber insgesamt sind die Staus seit dem EU- und Schengen-Beitritt Österreichs im Jahr 1995 und der Grenzöffnung im Jahr 1998 viel weniger geworden. Man braucht keinen Reisepass mehr, die Kontrollen wurden nach und nach eingestellt.
Doch ausgerechnet das soll sich schon bald wieder ändern: Österreich will in Kürze wieder Grenzkontrollen am Brenner einführen, sowohl an der Autobahn, als auch an der Zugstrecke und der alten Brenner-Bundesstraße. Es geht darum, die Flüchtlingsströme aus dem Süden in den Griff zu bekommen, „Grenzkontroll-Management“ nennt die österreichische Regierung das bei vielen umstrittene Vorhaben.
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Die Bauarbeiten am Brenner haben bereits begonnen. Italienischen Medienberichten zufolge soll die neue Grenzanlage, die 250 Meter breit werden soll, noch im Mai betriebsbereit sein – also noch vor den großen Sommerferien. Die Fahrt über die symbolträchtige Route zwischen Italien und Deutschland könnte für Urlauber dann zur Zerreißprobe werden. Aller Voraussicht nach müssen sie auf ihrer Heimreise mit kilometerlangen Staus am Brenner rechnen.
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ÖAMTC-Sprecher Alfred Obermayr zufolge sollten Reisende, die den Brenner vermeiden wollen, auf eine Route weiter östlich ausweichen, die von Udine über die A10 und den Tauerntunnel Richtung Salzburg führt. Eine weitere Strecke führt westlich über die Schweiz und Liechtenstein bis zum Bodensee.
Während Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer die Pläne für den Grenzzaun auf der österreichischen Seite des Brenners unterstützt, kommt vor allem aus Italien Kritik. Gianni Pittella, der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende im Europäischen Parlament, kritisierte das Vorhaben etwa als „völlig inakzeptabel“, weil sie das Schengen-Abkommen verletzten. Anstatt sich „in kleinen nationalen Festungen einzuschließen“, müsse die Flüchtlingskrise endlich auf EU-Ebene angepackt werden.