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Von Tirana über die Alpen bis in den Süden

Mit dem Auto durch Albanien – so war mein Roadtrip

Albanien Roadtrip
Auf ihrer Solo-Albanien-Reise hat sich unsere Redakteurin vor allem in das Dorf Theth in den Albanischen Alpen verliebt. Foto: Getty Images / Susanne Resch / Collage: TRAVELBOOK
Susanne Resch
Susanne Resch

14. Juli 2023, 17:03 Uhr | Lesezeit: 17 Minuten

Schon seit einigen Jahren gilt Albanien als Trendziel und das kleine Balkanland rührt weiter ordentlich die Tourismus-Werbetrommel. Denn obwohl Albanien viel zu bieten hat, ist es für viele Reisende noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Unsere Redakteurin wollte das ändern und hat einen 6-tägigen Mini-Roadtrip durch Albanien gemacht. Für TRAVELBOOK hat sie aufgeschrieben, welche Erfahrungen sie bei ihrer Solo-Reise durch eines der noch unberührtesten und gleichzeitig noch am schlechtesten entwickelten Länder in Europa gemacht hat.

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Traum-Strände und einsame Buchten mit kristallklarem Wasser, urige Dörfer entlang des letzten Wildflusses Europas, ein phänomenales Alpen-Panorama, in Blau- und Türkistönen schimmernde Bergseen, antike Ruinen, geschichtsträchtige Orte, eine pulsierende Hauptstadt und gastfreundliche Menschen: Das alles liegt, (noch) vom Massentourismus verschont, nicht einmal drei Flugstunden von Deutschland entfernt. Mit jeder Recherche werde ich immer neugieriger auf Albanien, das lange Zeit für Urlauber gar nicht zu erreichen war. Denn Albanien schottete sich zwischen 1944 und 1990 aufgrund des brutalen kommunistischen Regimes unter Diktator Enver Hoxha hermetisch von der Außenwelt ab. Nun ist es nicht einmal eine Woche her, dass ich einen Mini-Roadtrip durch das Balkan-Land gemacht habe, das fast ein halbes Jahrhundert abgeschottet war. Durch ein Land, das nach dem „Bertelsmann Transformationsindex 2022“ zu den 10 Ländern in Europa mit dem niedrigsten Entwicklungsstand von Demokratie und Marktwirtschaft gehört und das nun – verhältnismäßig – einen Tourismus-Boom erlebt.

Dass ein 6-Tages-Roadtrip nicht reichen würde, um das vielseitige Albanien zu erkunden, wusste ich vorher. Aber ich wollte aus meiner kurzen Auszeit so viel wie möglich herausholen, um danach entscheiden zu können, ob und wohin ich zukünftig noch einmal in aller Ruhe zurückkehren werde. Ob mich mein Mini-Roadtrip durch Albanien überzeugen konnte?

Mein Albanien-Roadtrip im Schnelldurchlauf

Meine Albanien-Rundreise startet in der Hauptstadt Tirana und folgt einem ziemlich straffen Zeitplan. Nach knappen 1,5 Tagen in Tirana fahre ich in den Norden, genauer in das nahe der Grenze zu Montenegro liegende Shkodra. Auf einen Nachmittag und Abend in der bereits im 4. Jahrhundert vor Christus erwähnten Stadt zwischen dem Skutarisee und den Flüssen Kir, Drin und Buna folgt mein Albanien-Highlight: der Ausflug in die Albanischen Alpen. 1,5 Tage lang erkunde ich die Gegend um das malerische Berg-Dörfchen Theth, das in einem Tal, eingebettet zwischen den höchsten Gipfeln des Gebirges liegt, darunter gleich mehrere Zweitausender.

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Theth, das Herz der Albanischen Alpen, liegt direkt am eiskalten Shala-Fluss Foto: Susanne Resch

Danach geht es für mich die Küste runter in den Süden. Ich fahre über die Hafenstadt Durrës an der Adria und über die Hafenstadt Vlora am Übergang zwischen Adria und Ionischem Meer sowie über die traumhaften Küstenorte Himare, Dhërmi, Saranda bis nach Ksamil, Albaniens berühmten Badeort am Ufer des Ionischen Meeres, den nur etwa 17 Kilometer vom klar sichtbaren Korfu trennen. Von dem Badeparadies geht es über die seit 2005 zum Unesco-Weltkulturerbe gehörende „Stadt der tausend Stufen“ Gjirokastra zurück nach Tirana und schließlich zurück nach Deutschland.

Die Strecke meines Albanien-Roadtrips im Überblick:

Der Auftakt am Flughafen von Tirana – eine Herausforderung

Der Auftakt meines Albanien-Roadtrips war eine ziemliche Herausforderung. Denn in Tirana gelandet, ist zunächst mein Koffer weg. Ziemlich aufgeregt mache ich mich auf die Suche. Vor und in einem Raum stehen zahlreiche gestrandete Koffer, doch meinen erspähe ich nicht. Nervös bitte ich den Mann, der offensichtlich in dem Raum voller Gepäck, Gürtel und Handtaschen arbeitet, mir zu helfen. „Sie sind nicht die einzige, die hier Hilfe braucht“, raunt er mich an.

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Da es vorab bereits Probleme mit den gebuchten Hotels gab und mein erstes Hotel in Tirana kurz vor Abflug in Berlin stornierte, weil es die virtuelle Kreditkarte nicht akzeptieren konnte, bin ich nun offensichtlich ziemlich gestresst, woraufhin mich ein Mann anspricht: Er arbeite zwar nicht hier, aber würde mir gerne helfen. Das kurze Gespräch auf Englisch mit dem jungen Albaner, der mittlerweile in Italien lebt und der auch auf der Suche nach verlorenem Gepäck war, entspannt mich etwas. Seine Einladung, mir Tirana zu zeigen, lehne ich dankend ab, was er sofort akzeptiert. Als mir dann doch noch der Mitarbeiter des „Lost and Found“-Büros helfen möchte, entdecke ich gerade meinen Koffer. Wenn ich nicht zu spät am Gepäckband gewesen wäre, hätte es keine Probleme gegeben, erklärt mir der Mitarbeiter. Ich lasse mich auf keine Diskussion ein und mache mich auf, meinen Mietwagen abzuholen.

Bei der Mietwagenabholung klappt alles ohne Probleme. In perfektem Englisch gibt man mir Tipps wie etwa unbedingt die Offline-Karte „Maps.me“ als Navigations-App herunterzuladen (absolut empfehlenswert – es sind sogar alle kleinen Wanderwege in den Alpen verzeichnet und die Navigation klappt bis auf ein paar Zeitabweichungen hervorragend). Auch das Auto ist in einem hervorragenden Zustand.

Auch interessant: Albaniens Tourismusministerin Mirela Kumbaro: »Wir wollen nicht für Billig-Tourismus stehen

Mit dem Auto vom Flughafen nach Tirana – ein Augenöffner

Die Fahrt vom Flughafen zu meinem Hotel dauert etwa 30 Minuten. Auf der Strecke sehe ich drei Unfälle und viele Autos schneiden mich in einem Affentempo. In Tirana lerne ich schnell, dass es zwar überall Fußgängerüberwege gibt, die aber keiner beachtet. Mache ich das, löse ich ein Hupkonzert aus. Ich halte trotzdem an den Zebrastreifen. Im Hotel angekommen, höre ich eine Sprachnachricht einer Freundin ab, die im Kosovo lebt und oft in Albanien unterwegs ist. „Mir tut es gerade total leid, dass ich dich nicht vor dem Autofahren gewarnt habe. Das mache ich eigentlich immer, habe aber vergessen, dass du mit einem Mietwagen unterwegs bist. Die Regeln sind: Es gibt keine! Also fahr wirklich, wirklich, wirklich vorsichtig. Du musst immer davon ausgehen, dass die am Handy sind. Guck für die dreimal mit – es ist einfach wirklich super gefährlich. Ich würde es mich nicht trauen“, warnt sie mich.

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Nach meinem Check-in – es ist inzwischen 23:00 Uhr – gehe ich noch etwas in der Nähe vom Hotel essen. In den umliegenden Bars und Restaurants sitzen fast ausschließlich Männer. Ich komme mit fünf albanischen jungen Männern im Alter von 20 bis 22 Jahren ins Gespräch. Sie sind unzufrieden mit Edi Rama und wollen einen neuen Ministerpräsidenten, der nicht nur in touristischen Gegenden investieren will. Dass ich als Frau alleine einen Mini-Roadtrip durch Albanien mache, beeindruckt und erfreut sie. Als ich über das Verkehrschaos staune, „prahlt“ einer von ihnen, dass er heute etwa fünf Nahtoderfahrungen beim Fahren hatte – das reiche für heute. Zum Abschluss schenken sie mir Schokolade und wünschen mir eine tolle Reise.

Ein Tag in Tirana

Hauptstadt der Kontraste

Am nächsten Tag erkunde ich Tirana bei 34 Grad im Schnelldurchlauf und trage, wie viele Albanerinnen auch, kurze Shorts und ein Top. Was mir sofort auffällt, ist die facettenreiche Architektur. So sind viele der gigantischen und einst grauen Plattenbauten heute bunt – eine Reaktion auf das Ende der kommunistischen Ära. Dazwischen mischen sich traditionelle Balkan-Gebäude, neoklassizistische Bauten und viele moderne Bauwerke.

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Die orthodoxe Auferstehungskathedrale und der nahegelegene Uhrenturm im Zentrum von Tirana Foto: Getty Images

Am neuen Bazar, dem Pazar I Ri l, angekommen, setze ich mich in ein hippes, zu allen Seiten offenes Café mit Urban Gardening und albanischem Deep House, in dem man die Menükarte nur scannen kann und in dem die Kellner perfekt Englisch sprechen. Auch hier tauche ich in eine Welt der Kontraste ein. Während kalter Wasserdampf und Ventilatoren das Café runterkühlen, füllen Obdachlose neben der Moschee Wasser in PET-Flaschen ab. Der Muezzin ruft zum Gebet und auf dem Bazar verkaufen alte Männer Tabak und Tee und alte Frauen in Kittel bieten etwa Obst und Nüsse feil. Die wenigen jungen Frauen in dem männerlastigen Café tragen Hotpants und bauchfreie Shirts. Erste Organic-Shops entstehen neben Läden, in denen es handgeknüpfte Teppiche zu kaufen gibt.

Die albanische Hauptstadt im Schnelldurchlauf

Als kulturelles wie politisches Zentrum des Landes ist Tirana Heimat zahlreicher Galerien, Theater und Museen, teils in unterirdischen Bunkern. In den berühmten Museen Bunk’Art 1 und Bunk’Art 2 wird ebenso eindrucksvoll wie bedrückend über die Zeit der Diktatur aufgeklärt. Da ich nur einen Tag in Tirana habe, versuche ich, so viel wie möglich zu sehen. Vom Skanderberg-Platz mit dem gleichnamigen Reiterstandbild zu Ehren des albanischen Fürsten und Nationalhelden laufe ich zur Großen Moschee. Die Namazgah-Moschee wurde erst im Juni 2022 eröffnet und bietet Platz für 4500 Gläubige. Unweit von hier stehen die Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts erbaute Et’hem-Bey-Moschee und der Uhrturm, allesamt Überbleibsel aus der osmanischen Zeit.

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Die Namazgah-Moschee ist die größte Moschee des Balkans Foto: Getty Images

Weiter geht es in das etwa 15 Minuten entfernte gehobene Ausgeh- und Einkaufsviertel Blloku mit zahlreichen Bars und Cafés, internationalen Restaurants und Luxusboutiquen auf der anderen Seite des Lana-Flusses. Das Blloku-Viertel zeigt eindrucksvoll, wie sich die Hauptstadt wandelt(e). Denn unter der kommunistischen Herrschaft war das Gebiet abgeriegelt und der korrupten Parteielite vorbehalten. Heute offen, ist es ein Elite-Spielplatz für die junge albanische Upperclass, wie man unschwer an den vielen Luxusautos erkennen kann. Auch Urlauber stoßen hier gerne mit für sie vergleichsweise günstigem Champagner in klimatisierten Bars oder auf trendigen Dachterrassen an. Da sich so aber so ziemlich das ganze Nachtleben von Tirana im Blloku-Viertel abspielt, gibt es hier auch günstigere Alternativen.

Von hier spaziere ich etwa eine Stunde zum Großen Park von Tirana, in dem der See von Tirana, liegt. Ich schlängele mich an zahlreichen Besuchern, Popcorn- oder Eisverkäufern, Cafés, Bars und Ständen vorbei und suche mir ein ruhiges Plätzchen an der künstlich angelegten Wasserstelle. Mit Blick auf den See, eine Enten-Familie und die umliegenden Berge lasse ich den Abend in Ruhe ausklingen und genieße es, zu entschleunigen.

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Blick auf den See von Tirana Foto: Susanne Resch

Die Fahrt von Tirana nach Shkodra – nichts für schwache Nerven

Am nächsten Morgen geht es für mich von Tirana nach Shkodra, dem Tor zu den Albanischen Alpen. Die Fahrt ist ähnlich herausfordernd und chaotisch wie meine erste Autofahrt vom Flughafen in die Hauptstadt. Mit lauten Sirenen rast eine Ambulanz an mir vorbei. Bei dieser Fahrweise braucht es mit Sicherheit bald den nächsten Notarzt, schießt es mir in den Kopf. Je weiter ich aus Tirana herausfahre, desto unfertiger und einfacher wird es. Überall wird gebaut, die Häuser sind sichtlich in die Jahre gekommen und zwischen den ganzen Baustellen gibt es etwa einen Fleischer neben einem Brautmoden-Laden. Waren wie Blumen, Kleidung oder Obst werden teils vom Boden aus verkauft und überall liegt Müll.

An unzähligen Leitplanken und Schildern sind Blumen angebunden. Die vielen Gedenktafeln mit den Fotos und Namen der tödlich Verunglückten kenne ich bereits aus Kroatien, jedoch scheint es hier noch einmal mehr davon zu geben. Oft weine ich, weil mir die Einzelschicksale sinnlos erscheinen oder weil ich an die Familienmitglieder der Toten denken muss. Die Autos sind teilweise in einem katastrophalen Zustand. Ebenso haarsträubend ist der extrem schlechte Hygiene-Standard der sanitären Anlagen der zwei Rasthöfe, an denen ich halte. Die Mitarbeiter sind dafür umso freundlicher und auch die Verständigung mit ihnen klappt gut, obwohl sie oft kein Wort Englisch sprechen.

Die Straßenverhältnisse auf der Strecke nach Shkodra sind hingegen super und die unzähligen Raser überraschen mich angesichts der vielen Polizeikontrollen. Tankstellen gibt es, wie auch Supermärkte, überall. Genau wie Fußgänger, Esel oder Fahrradfahrer, die plötzlich und überall die Straßen kreuzen. Vereinzelt kommen mir auch Urlauber aus Deutschland auf ihrem Albanien-Roadtrip entgegen.

Shkodra – das malerische Tor zu den Alpen

Nachmittags erreiche ich Shkodra und erkunde erst einmal die faszinierende Altstadt der ältesten Stadt Albaniens mit pastellfarbenen hergerichteten Häuschen und zahlreichen Cafés. Außerhalb der Stadt, hoch oben und am südlichen Ende, thront die Festung Rozafa. Sie gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der malerisch gelegenen Stadt zwischen dem Skutarisee und den Flüssen Kir, Drin und Buna. Abends gehe ich in der Altstadt alleine auf ein Rock-Konzert und lasse mich zu Musik und zwei Gin Tonics treiben. Ein paar Mal werde ich von albanischen Männern angesprochen – respektvoll und in keinster Weise aufdringlich. Als ich nachts alleine zurück zum Hotel gehe, fühle ich mich in keiner Sekunde unsicher und freue mich auf meinen morgigen Ausflug in die Albanischen Alpen.

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Viele Cafés und Restaurants zieren das Stadtbild von Shkodra Foto: Susanne Resch

Die Albanischen Alpen

Den vierten Tag und den Vormittag des fünften Tages verbringe ich in der Umgebung rund um das Alpen-Berg-Dorf Theth – eines der schönsten Fleckchen Erde, das ich bisher sehen durfte. Im Bus nach Theth lerne ich Debbi aus den Niederlanden kennen, die insgesamt drei Monate durch den Balkan reist. Dass sie hier öfter auch trampt, erzählt sie ihrer Mutter nicht. Da sie wie ich zur berühmten Karlsquelle Blue Eye und zu den Grunas-Wasserfällen wandern will, schließen wir uns zusammen. Nach der Fahrt über den spektakulären und extrem kurvenreichen Thore Pass – ich bereue die beiden Gin Tonics vom Vorabend – geht es für uns auch gleich los.

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Das berühmte „Blaue Auge“ bei Theth ist eine überirdische Wasserquelle. Das Wasser ist eiskalt und kühlt sogar die Umgebung spürbar ab. Foto: Getty Images

Von Theth wandern wir in etwa 4 Stunden, umgeben von gleich mehreren Zweitausendern, zum Blue Eye und ich bin froh, nicht alleine unterwegs zu sein. Denn einige Abschnitte sind anspruchsvoll und mitunter kommt uns über längere Zeit niemand entgegen – ungünstig, selbst, wenn man sich hier „nur“ den Knöchel verstaucht oder Kreislauf-Probleme wegen der Hitze bekommt. Dass es hier auch Bären gibt, hätte mir auch ein mulmiges Gefühl gegeben, wenn ich hier alleine gewandert wäre.

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Kaum gehe ich ins Wasser, zieht ein starkes Gewitter auf. Zum Glück war ich nicht alleine in den Albanischen Alpen unterwegs. Foto: Susanne Resch

Albanien-Roadtrip Richtung Süden

Am Nachmittag des fünften Tages geht es zurück über Shkodra in die Hafenstadt Vlora. Beim Verlassen der Stadt Shkodra erlebe ich zum ersten Mal bettelnde Roma-Kinder, die sich im dichten Verkehr durch die Autos schlängeln und ziemlich aggressiv gegen die Scheiben klopfen. Auch wenn es fragwürdig ist, ihnen Geld zu geben, kann ich nicht anders. Fragwürdig ist auch, was sich teilweise auf dem Seitenstreifen der Autobahn – der vielmehr nur ein halber Meter breiter Schotterstreifen ist – abspielt. Fahrräder, Menschen, die auf Eseln reiten oder gegrillte Maiskolben verkaufen, lassen mich oft schmunzeln und staunen.

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Die Hafenstadt Vlora liegt am Übergang zwischen Adria und Ionischem Meer – in der Nähe der Stadt gibt es viele beliebte Strände Foto: Getty Images

Unterwegs Richtung Süden bis nach Ksamil halte ich in an wundervollen Stränden in Himare, Dhërmi, Saranda und an unzähligen traumhaften Panorama-Stellen direkt an der Straße. Am liebsten würde ich alle fünf Minuten das Auto parken, so unglaublich schön ist die Strecke über die Pässe und entlang der teils von Palmen, Oliven- und Zitronenbäumen gesäumten Küstenstraße. Ich genieße den Blick auf einsame Buchten, das Meer und die Berge im Hinterland.

In Ksamil angekommen, checke ich im modernen Gasthaus ein und gehe an den Strand, von wo aus man gegenüber Korfu sehen kann. Fällt mir abseits der touristischen Gegenden und der Strände wieder einmal das Müllproblem auf, kriege ich kurz darauf gar nicht genug von dem glasklaren Wasser und den Buchten, die einen Hauch von Karibik-Flair versprühen. Daher bleibe ich bis weit nach Sonnenuntergang, obwohl ich in wenigen Stunden wieder nach Tirana fahren und zurück nach Deutschland fliegen werde.

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Der Badeort Ksamil im Süden an der Albanischen Riviera ist für sein kristallklares Wasser und die kleinen vorgelagerten Inseln bekannt. Außerdem liegt er unweit der zum Unesco-Welterbe gehörenden antiken Stätte Butrint. Foto: Getty Images

Meine letzten Stunden in Albanien – zwischen Himmel und Hölle

Auf meiner Fahrt von Ksamil zum Flughafen von Tirana fahre ich zunächst am Butrint-See entlang, einer 13 Quadratkilometer großen Salz-Lagune. „Hier kommen die besten Muscheln des Landes her“, verriet mir ein Mitarbeiter der Lekursi Burg von Saranda, die ich am Vortag besichtigt habe. Das Licht der aufgehenden Sonne, der See umgeben von Bergen, Zitrus- und Olivenhainen und eine Straße, die sich in schier endlosen Kurven oberhalb der Küste entlang schlängelt: Besonnen und dankbar genieße ich die letzte Etappe meines Albanien-Roadtrips. Kurz darauf halte ich für nicht einmal eine halbe Stunde in der magischen Stein-Stadt Gjirokaster, die ebenfalls zum Unsesco-Welterbe gehört. Wie gerne würde ich länger in der sogenannten „Stadt der 1000 Stufen bleiben“ – doch der Flieger wartet leider nicht.

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Girokaster wurde erstmals 1336 erwähnt – damals als Teil des byzantinischen Reiches Foto: Getty Images

Ich fahre weiter durch Traum-Landschaften und über faszinierende Bergpässe. Mehr als die Hälfte Albaniens besteht aus Bergland mit Gipfeln, die höher als 600 Meter sind. Um das Städtchen Tepelana finde ich mich auf einmal im Vjosa-Tal wieder. Genauer gesagt dort, wo der letzte Wildfluss Europas den Drino aufnimmt, der von Gjirokastra hierher herabfließt. Oh, wie gerne würde ich bleiben und das Landesinnere dort erkunden, wo der Wildfluss malerische Dörfer mit fruchtbarem Land für landwirtschaftliche Aktivitäten wie Ackerbau und Viehzucht versorgt.

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Am Flughafen angekommen, klappt mit der Mietwagenrückgabe alles hervorragend – was man von meinem Check-in leider gar nicht behaupten kann. Nachdem ich eine Stunde am Check-in-Schalter angestanden habe, erklärt man mir, dass ich keinen Airport-Check-In gebucht habe. Obwohl ich belegen konnte, diesen gebucht zu haben – bei WizzAir kostet dieser extra – musste ich zu einem anderen Schalter, um diesen noch einmal zu „erwerben“. Dort stehe ich fast eine Stunde an und werde immer nervöser. Denn die Zeit für die Sicherheits- und Passkontrolle wird immer knapper. Endlich an der Reihe gibt es einen Systemfehler. „Wir können Sie nicht einchecken“: Die Worte der Mitarbeiterin kann ich kaum glauben. Als das System dann doch wieder geht, zahle ich 50 Euro, um mich nun wieder beim Check-in anstellen zu dürfen. Der hat aber bereits geschlossen. Ich kriege Panik, denn der Flieger hebt in etwa 20 Minuten ab. Meinen Koffer gibt man kurzerhand einem Flughafen-Mitarbeiter in die Hand, der damit losrennt. Letztlich bringt mich eine Polizistin nach einem kurzen Sicherheits-Check zum Bus und ich steige in letzter Minute in den Flieger.

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Ob ich wiederkommen werde?

Obwohl touristisch und vor allem am Flughafen und beim Verkehr noch vieles ausbaufähig ist, habe ich mich so sehr in Albanien verliebt, dass ich auf jeden Fall wiederkommen will. Nicht zuletzt auch wegen der herzlichen Gastfreundschaft, die ich überall erleben durfte. Ich habe mir sogar fest vorgenommen, dass bereits mein nächster Urlaub wieder ein Albanien-Roadtrip sein wird. Nur dann mit etwa zwei Wochen im Gepäck, damit ich dieses tolle Land noch mehr und vor allem auch noch so ursprünglich wie möglich kennenlernen kann.

Dazu kommt natürlich auch, dass ein Roadtrip in Albanien auch etwas für den kleinen Geldbeutel ist. Für ein Top-Abendessen inklusive Getränke habe ich nie mehr als 8 Euro bezahlt. Übernachtungen in modernen und mit Liebe eingerichteten Gasthäusern haben mich jeweils um die 40 Euro gekostet. Das geht natürlich noch viel günstiger und authentischer – auch etwas, das ich für meinen nächsten Albanien-Trip beherzigen werde.

Die schönsten Perlen Albaniens muss man sich allerdings immer auch ein wenig verdienen. Vor einem klaren Bergsee oder einer einsamen Bucht liegt immer auch eine – manchmal kleine, manchmal anstrengende – Wanderung. Und vor dem nächsten Highlight braucht es immer auch eine intensive Recherche, ein offenes Gespräch mit Locals oder Backpackern. Wer sich dazu aber trotz des chaotischen Verkehrs einen Roadtrip in Albanien zutraut, wird es wohl auf keinen Fall bereuen.

Themen Albanien Europa
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