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Hamburger Familie hat es getan

Wie man mit Schulkind auf Weltreise geht

Der Traum von der Weltreise: Spätestens wenn die Kinder in die Schule kommen, ist er für viele ausgeträumt.
Der Traum von der Weltreise: Spätestens wenn die Kinder in die Schule kommen, ist er für viele ausgeträumt. Foto: Getty Images
Gregor Thorand

27. September 2016, 11:11 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Der Traum von der Weltreise: Spätestens wenn die Kinder in die Schule kommen, ist er für viele ausgeträumt. Nicht so für die Hamburgerin Bettina Pohlmann. Gemeinsam mit Ehemann Frank und den Töchtern Helen (zur Reisezeit 4) und Antonia (zur Reisezeit 9) reiste sie fünf Monate lang um die Welt. Mit TRAVELBOOK sprach Pohlmann, die über ihre Erlebnisse ein Buch geschrieben hat, darüber, wie man es schafft, eine solche Reise mit Schulkind zu organisieren.

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Turbulenzen über dem Himmel Südafrikas. Schon wieder ein Luftloch. Die Maschine taumelt gefährlich. Bettina Pohlmann ist sich sicher: Jetzt stürzen wir ab! Mit ihr reisen Ehemann Frank und ihre beiden Töchter Helen und Antonia. Ist das nun das Ende vom Abenteuer „Weltreise mit Familie”? Später wird man ihr sagen, dass solche Turbulenzen auf dieser Strecke zwischen Johannesburg und Port Elizabeth ganz  normal sind. Eine von vielen Erfahrungen, von denen die Autorin und Mutter Bettina Pohlmann in ihrem neuen Buch „Frühstück mit Giraffen“ berichtet.

Fünf Monate reist die Familie um die Welt. Neuseeland, die USA, Südafrika und Indien sind einige ihrer Stationen. Die Besonderheit: Tochter Antonia müsste eigentlich gerade in Hamburg die Schulbank drücken, denn in Deutschland herrscht Schulpflicht, daher sind solche Weltreisen mit Schulkind theoretisch gar nicht möglich.

Problem Schulkind

Die Wohnung wird untervermietet. Versicherungen und Mitgliedsbeiträge soweit wie möglich heruntergefahren. Bleibt eigentlich nur ein Problem: Die neunjährige Tochter Antonia kommt gerade in die vierte Klasse. Ein bedeutendes Jahr für ihre Zukunft. Jetzt entscheidet sich, ob sie danach ins Gymnasium kommt oder nicht.

„So einen Fall hatten wir noch nicht“, bekommt Bettina sowohl von der Hamburger Schulbehörde, als auch an Antonias Schule selbst zu hören, als sie die geplante Weltreise anspricht. Allgemein akzeptiert werden Modelle, bei denen man ein Jahr ins Ausland geht und das Kind dann dort die Schule besucht. Doch trotz des Sonderfalls wollen sowohl Schulbehörde als auch die Lehrer an Antonias Schule der Reise eine Chance geben. Bedingung: Der komplette Lehrstoff soll in der Zeit vermittelt werden.

„Ich dachte, wir nehmen zwei Hefte mit und vielleicht ein oder zwei Bücher“, erinnert sich Bettina im Interview mit TRAVELBOOK. Doch es wird mehr als gedacht: „Irgendwann hatten wir sogar einen extra Rucksack für das Schulmaterial.“ Schularbeiten kamen per E-Mail und mussten, nachdem sie von Antonia ausgefüllt wurden, abfotografiert und wieder zurückgeschickt werden, was besonders bei schwachen Internetverbindungen zum Problem werden konnte und Bettina kreative Lösungen abverlangte: „Das führte sogar dazu, dass wir Mitglied in einem Bingo-Club für Ältere wurden, nur um Antonias Arbeiten zu verschicken und Kontakt mit den Lehrern zu halten, während die anderen Bingo spielten.”

Lernen an allen Ecken der Erde

Die Eltern teilen sich den Unterricht. Frank übernimmt Mathe, Bettina kümmert sich um Deutsch und Englisch. „Das war nicht immer leicht. Wir sind ja keine Lehrer”, erinnert sie sich. Der ursprüngliche Plan sah so aus, jeden Tag ein bis zwei Stunden zu unterrichten. Doch Lehrplan und Reiseplan lassen sich oft nur schwer zusammenbringen. Zum Leidwesen von Antonia kommt der Stoff oft sehr geballt, und während Schwester Helen spielen darf, muss Antonia lernen. „Sie hat einfach überall gelernt. Ob in der Wüste, im afrikanischen Zelt, im Himalaja, auf dem Bootssteg am See in Kanada, im Central Park in New York oder vor der Hütte in Indien”, erinnert sich Bettina und ergänzt: “Antonia meinte danach, dass sie sich wieder sehr auf die Schule gefreut hat.“

Dank Antonias Ehrgeiz glückt das Experiment „Homeschooling“.

Noch etwas gelingt trotz Weltreise: Auch dafür war es gut, dass sie schon vorab mit dem Gymnasium in Kontakt waren.

Was, wenn die Kinder auf der Reise krank werden?

In Asien zieht sich die kleine Tochter Helen eine leichte Infektion im Gesicht zu. Bettina erinnert sich an „kleine wunde Stellen, die sich vermehrten”. Daher geht es direkt nach Ankunft in Sydney an einem Sonntag zum medizinischen Notfalldienst. Helen bekommt ein Antibiotikum, welches kurzfristig hilft. Als die Infektion zurückkommt, geht die Familie, die von Australien inzwischen nach Neuseeland weiter gereist ist, erneut zum Arzt. Das zweite Antibiotikum besiegt die Stellen dann gänzlich. Generell haben die Pohlmanns  Glück mit der Gesundheit. Vorab hatten sie sich vom Kinderarzt beraten lassen. Neben den üblichen Impfungen lassen sie die beiden Mädchen auch gegen Tollwut impfen. Malaria-Gebiete werden gemieden und die Reiseapotheke ist gut gefüllt – ohne angerührt zu werden.

Eigenheim oder Weltreise?

Insgesamt 50.000 Euro wird die Reise am Ende kosten, inklusive Around-the-World-Ticket und allen Unterkünften für die vierköpfige Familie. Reich sind Bettina und Frank Pohlmann nicht. „Wir verdienen als Freiberufler sehr unregelmäßig und müssen gucken, woher das Geld kommt“, sagt die Autorin. Eine Erbschaft stellt Bettina vor die Frage, ob sie das Geld in den Kauf einer Wohnung investieren sollte. „Die Kaufpreise sind in unserem Viertel so stark gestiegen, das ich hätte abbezahlen müssen, bis ich 85 bin“, sagt sie. Also nutzt sie einen Teil des Geldes, um sich und ihrer Familie den Traum von der Weltreise zu ermöglichen.

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„Da wussten wir, wir müssen zurück“

Am Ende der fünf Monate ist es Helen, die kleine Schwester von Antonia, die, auf dem Rockefeller Center in New York City stehend, keine Augen für die Schönheit des Big Apple hat. Sie ist gedanklich schon zu Hause und freut sich auf ein für Hamburg typisches Franz-Brötchen. Bettina und Frank hätten sicher noch weiter reisen können, vielleicht sogar eine Weile in New York leben wollen. „Aber da wussten wir, wir müssen zurück.” Antonia  und Helen hatten auf der Reise viele andere Erwachsene kennengelernt, aber kaum andere Kinder. Sie haben viel miteinander gespielt. Trotzdem vermissten sie ihre Freunde. Nachdem sie dann zu Hause waren und alle ihre Freunde gesehen haben, sagten Antonia und Helen: „Ach, jetzt könnten wir auch mal wieder los.“

Die Kinder haben andere Kulturen kennengelernt und gesehen, wie andere Menschen zusammenleben. Sie haben Armut gesehen, genauso wie die Schönheiten der Natur. Mit ihrem Buch „Frühstück mit Giraffen“ will Bettina andere ermutigen, auch ungewöhnliche Reisen gemeinsam mit Kindern zu unternehmen und dem Nachwuchs mehr zuzutrauen.

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