1. Dezember 2018, 8:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Zur Weihnachtszeit zieht es viele in die allseits bekannten Ziele wie Prag, Wien oder Budapest. Aber warum eigentlich nicht mal nach Kroatien fahren? Die kroatische Hauptstadt Zagreb ist im Vergleich zu den anderen Destinationen (noch) nicht überlaufen und hat vor allem zur Adventszeit einiges zu bieten.
Zum Germknödelessen auf dem Weihnachtsmarkt nach Kroatien? Bei diesem Ziel denken die meisten doch nur an Strände und Camping. Doch das Land hat noch mehr zu bieten – auch zur Weihnachtszeit. Der „Lonely Planet“ hat Zagreb 2017 zur Nummer eins seiner „Best of Europe“-Ziele gewählt. Und für ihren Weihnachtsmarkt ist die Stadt von einem Reiseportal gleich dreimal in Folge ausgezeichnet worden. Wer Wien, Prag oder Budapest schon kennt, für den ist Zagreb eine gute Alternative.
Ostblock-Architektur und Jugendstilhäuser
In der Vorweihnachtszeit dürfen Urlauber in Zagreb nicht schreckhaft sein. Jeden Tag um 12.00 Uhr mittags gibt die Kanone auf dem Altstadthügel der kroatischen Hauptstadt einen lauten Knall ab, und das schon seit über hundert Jahren, erklärt die Stadtführerin Maja Halvaks. Der Hallo-wach-Effekt funktioniert nach wie vor. Zehn Minuten später beim Aufstieg auf den Turm riecht es immer noch nach Schwarzpulver. Von der Spitze aus geht der Blick weit über die Stadt. Auf der einen Seite der schneebedeckte Bärenberg, auf der anderen das Häusermeer, an dessen Ende die Reise am Tag zuvor begann.
Auf dem Weg vom Flughafen geht es erst lange durch die graue Vorstadt. Dann weicht die Ostblock-Architektur den Prachtbauten der Altstadt. Wien lässt hier an vielen Ecken grüßen: Jugendstilhäuser erinnern an die Zeit, als die im 11. Jahrhundert gegründete Stadt unter den Habsburgern noch Agram hieß.
Gleich unterhalb vom Lotrščak Turm liegt die blaue Mini-Seilbahn, mit der Touristen von der neueren Unter- in die alte Oberstadt fahren können. Die Fahrt dauert nur eine knappe Minute, 30 Höhenmeter geht es hinauf. Kann man nicht zu Fuß gehen? Wahrscheinlich sollte man das kroatische Essen und den Schnaps nicht unterschätzen.
Deftige Balkanküche mit viel Fleisch
Runter vom Turm und rein ins Getümmel. Unten riecht es nach Zimt, Gebackenem und Gebratenem. Dampf von Glühwein. Und dort hinten? Würste! Berge von Würsten, die sich in einer riesigen Pfanne türmen. Zwölf Variationen gibt es allein hier am Stand. Wurst vom Hirsch, Wurst mit Knoblauch, Wurst mit Käse. Die Balkanküche war schon immer eher fleischlastig und für Cevapcici und Co bekannt.
Sie können aber auch anders als bloß herzhaft und deftig. Auf der Vranyczany-Wiese gibt es Streetfood: Hotdogs mit rosafarbigem oder schwarzem Brot und Rotkohl. Das sieht exotisch aus und schmeckt raffiniert. Daneben gibt es manches, was für deutsche Urlauber vertraut klingen und schmecken dürfte: Germknedla etwa.
Im Herzen der Altstadt
Erste Anlaufstelle in der Oberstadt ist die Kathedrale. Rund um die Weihnachtstage gibt es dort ein lebendiges Krippenspiel zu sehen. Ganz so gern gesehen war das Christkind hier zu Zeiten des jugoslawischen Sozialismus unter Tito nicht, erzählt die Führerin. Doch das ist vorbei. Nur wenige Straßen weiter liegt die St.-Markus-Kirche mit ihrem weiß-roten-Ziegeldach, auf dem das Stadtwappen abgebildet ist. Schon ist man im Herzen der Altstadt.
Gleich unterhalb der alten Stadtmauern und unweit der Kathedrale liegt der Dolac, der „Bauch von Zagreb“. Die roten Sonnenschirme bieten im Winter ein gutes Dach gegen Schneeregen. Hier liegen auch im Dezember Oliven sowie Weintrauben in den Auslagen und natürlich: Würste.
Lebkuchenhandwerk und zerbrochene Herzen
Daneben werden Licitars als Souvenir angeboten, rot-weiße Lebkuchenherzen mit kleinem Spiegel in der Mitte. Männer geben sie ihrer Angebeteten und sagen: „Schau in den Spiegel und du wirst sehen, wen ich auf der Welt am meisten liebe.“ Das Lebkuchenhandwerk in Nordkroatien gehört sogar zum Unesco-Weltkulturerbe.
Eine Sehenswürdigkeit ist auch das Museum der zerbrochenen Beziehungen. „Erst geht es ins Rathaus zum Standesamt, dann in die Kirche – und später finden sie sich hier im Museum wieder“, scherzt die Führerin. Es zeigt viele Dinge, hinter denen oft herzzerreißende Anekdoten stecken. Ein kleiner Champagnerdeckel etwa erzählt die traurige Weihnachtsgeschichte von zwei Menschen, die an den Feiertagen eine Affäre miteinander beginnen. Beide sind verheiratet. Er verlässt seine Familie. Sie nicht. So bleibt er am Ende gänzlich verlassen und muss am nächsten Heiligabend wohl allein feiern.
Nach so vielen Geschichten über zerbrochene Beziehungen tun einem die ganzen Pärchen fast ein bisschen leid, die hier überall Selfies von sich machen, etwa auf der Strossmayer-Promenade, dem perfekten Spazierweg für Verliebte mit Aussicht auf die Stadt. Es gibt Selfiestände mit Sesseln, Sofas oder Bilderrahmen. Hinstellen, umarmen, lächeln, so geht das im Sekundentakt.
Lichtermeer im Zrinjevac-Park
Und wo bleibt jetzt die Romantik? Endlich: Am Abend geht im Zrinjevac-Park die Weihnachtsbeleuchtung an, die sich an den Platanen hochrankt. Das schneeweiße Lichtermeer macht aus der Allee ein Winterwunderland. In einem alten Musikpavillon singt ein Chor Weihnachtslieder, an kleinen Holzbuden werden Engelsfiguren verkauft. Besucher lauschen mit Glühwein in der Hand, es duftet nach Germknedla. Keine Kanone unterbricht die Besinnlichkeit, die Herzschmerzgeschichten sind vergessen. Nach dem Konzert beginnen die Popklassiker zu dudeln, süßer Kitsch zu süßem Wein. Aber ist es nicht genau das, was man sich zu Weihnachten wünscht?
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So reisen Sie nach Zagreb
Für die Einreise nach Kroatien benötigen deutsche Urlauber einen gültigen Personalausweis. Direktflüge gibt es von mehreren deutschen Flughäfen aus. Mit dem Auto dauert die Fahrt etwa von München aus rund sechs Stunden, von dort aus fährt auch ein Nachtzug.
Währung: Ein Euro entspricht etwa 7,4 Kuna (Stand: Oktober 2018).