13. Juni 2025, 12:39 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bislang mussten Eltern mit zwei Kindern bei der Deutschen Bahn 10,40 Euro für eine gemeinsame Sitzplatzreservierung zahlen. Damit soll nun Schluss sein: Ab dem 15. Juni soll es die sogenannte Familienreservierung nicht mehr geben. Die Beispielfamilie müsste dann für alle Mitglieder einzeln bezahlen und käme pro Fahrt auf rund 22 Euro. Zusätzlich zum Fahrpreis, versteht sich, und gegebenenfalls zuzüglich einer Rückfahrt. Warum das nicht nur die direkt Betroffenen problematisch finden, erfahren Sie bei TRAVELBOOK.
Unsere Autorin kam kürzlich am Bahnsteig, wo mal wieder ein verspäteter Zug der Deutschen Bahn auf sich warten ließ, mit einem Herren ins Gespräch. Aus gegebenem Anlass zierte er sich, seinen Arbeitgeber preiszugeben: die DB. Er ernte dafür häufig Kritik – auch aus dem Freundeskreis. Und so dürfte es auch diese Woche gewesen sein. Denn die Bahn plant im Zuge ihres jüngsten Fahrplanwechsels unter anderem, die Familienreservierung abzuschaffen. Die Reaktionen sind laut – auch seitens der Politik. Die Maßnahme könnte weitreichende Folgen haben.
Bahn wegen gestrichener Familienreservierung in der Kritik
Die Deutsche Bahn führt zweimal im Jahr einen Fahrplanwechsel durch. Neben geänderten Verbindungen, Fahrzeiten und Streckenführungen gehen damit häufig auch preisliche Anpassungen einher. In diesem Sommer sind davon die Sitzplatzreservierungen betroffen. So sollen Alleinreisende in der 2. Klasse fortan 5,50 Euro (statt ehemals 5,20 Euro) und in der 1. Klasse 6,90 Euro (statt 6,50 Euro) bezahlen. Noch härter trifft es Familien, die bislang den vergleichsweise günstigen Paketpreis von 10,40 Euro für das gemeinsame Sitzen zahlen mussten. Nun kommt auf sie für jedes Familienmitglied der angepasste Einzelpreis zu.
„Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage, in der wir uns aktuell befinden, müssen wir unsere Angebote wirtschaftlich tragbar gestalten“, so die Bahn zur Begründung. Doch für Familien ist selbige im Zweifelsfall nicht weniger angespannt. Wie unter anderem „Tagesschau“ berichtet, fordern Politiker verschiedener Parteien die DB auf, den Schritt zu überdenken und an den Familienreservierungen festzuhalten. „Gerade für Familien mit Kindern wird der Sommerurlaub in Zeiten hoher Preise zunehmend zum Luxus“, so demnach die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge.
So folgenschwer könnte die Maßnahme sein
Für Alleinreisende macht die Preiserhöhung auf Sitzplatzreservierungen den Kohl vielleicht nicht fett. Zumal man als Einzelperson auch mal Glück haben und einen freien Platz finden kann, ohne sich vorher mit einer Reservierung abgesichert zu haben. Zu dritt, zu viert oder zu fünft wäre das natürlich deutlich schwieriger. Mit der Bahn reisende Familien sind auf fest zugewiesene Plätze angewiesen. Ohne diese wären sie womöglich gezwungen, in verschiedenen Waggons getrennt voneinander zu sitzen. Mit kleinen Kindern ist das nicht wirklich praktikabel. Angesichts der abgeschafften Familienreservierung werden es sich viele Deutsche fortan womöglich genau überlegen, ob sie sich diesen teuren Spaß leisten wollen.
„Insbesondere bei Reisen mit Familie sind die Kosten gegenüber dem Auto ein wichtiges Entscheidungskriterium“, heißt es dazu treffend in einer Pressemitteilung des Fahrgastverbands Pro Bahn. Die Befürchtung liegt nahe, dass aufgrund der immer höheren Preise – bei nicht unbedingt steigender Zuverlässigkeit – von Reisen mit der Deutschen Bahn Abstand genommen und vermehrt das Auto genutzt wird. Im Sinne der Umwelt ist das nicht.

„Das macht Autofahren wieder attraktiver“
„Als Vater von zwei kleinen Kindern fahre ich gerne Bahn, doch die wenigen Sitzplätze im Kleinkindabteil sind oft lange im Voraus ausgebucht. Ohne Reservierung geht da nichts. Dass die Bahn nun die Familienreservierungen abschafft und damit die Preise für uns Familien deutlich erhöht, macht mich sehr ärgerlich. Die Großeltern mit der Bahn zu besuchen, kostet ohnehin schon mehrere hundert Euro. Dann noch extra für jedes Kind zahlen? Das macht Autofahren wieder attraktiver. Ich werde mir in Zukunft jedenfalls zweimal überlegen, ob ich wirklich Bahn fahre.“
Auf TRAVELBOOK-Nachfrage argumentiert die Bahn hingegen, dass lediglich fünf Prozent der Fernverkehrsreisenden die Familienreservierung bislang überhaupt genutzt hätten. „Die Familienreservierung wird zu einem großen Teil von Reisendenkonstellationen bestehend aus einem Erwachsenem mit einem Kind gebucht. Diese Reisendenkonstellation hat auch bislang nicht von der Familienreservierung profitiert, da diese erst ab drei gemeinsam reisenden Personen günstiger ist als die Buchung einzelner Sitzplatzreservierungen“, erklärte ein DB-Sprecher.

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Die Hoffnung auf ein Umschwenken bleibt
Die Bahn hält noch an ihrer Entscheidung fest, die Familienreservierung abzuschaffen. Doch womöglich ist diese noch nicht in Stein gemeißelt. Pro Bahn erinnert daran, dass der Konzern eine kurzzeitig eingeführte Neuregelung zur Stornierung von Flexpreistickets wieder zurückgenommen hat. Diese hatte für Kunden verschlechterte Konditionen bedeutet – und hier hat die massive Kritik von außen offenbar etwas bewirkt. Neben dem Fahrgastverband und der Politik haben sich auch Greenpeace und der Sozialverband Deutschland zu der jüngsten Maßnahme geäußert.
Die TRAVELBOOK-Community hat für den neuesten Streich der Deutschen Bahn offenbar nur noch Sarkasmus übrig. Ein Nutzer schreibt mit Verweis auf einen jüngeren Zwischenfall – nachdem ein ICE zwischen Dortmund und München auf einer Brücke stecken geblieben war, konnten Fahrgäste erst nach rund fünf Stunden evakuiert werden –, dafür könne man bei der Bahn immerhin auch etwas erleben. „So eine lange Zugfahrt will bezahlt sein!“