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Sonderregelungen für „hochgestellte Persönlichkeiten”

Meinung: »Die Bahn will VIP-Service abschaffen – das ist auch höchste Zeit!

Die Deutsche Bahn hat nicht nur ein Zwei-Klassen-System – auch für VIPs gab es bislang eine Sonderbehandlung
Die Deutsche Bahn hat nicht nur ein Zwei-Klassen-System – auch für VIPs gab es bislang eine Sonderbehandlung Foto: picture alliance/dpa | Marijan Murat
Larissa Königs
Larissa Königs Autorin

18. Oktober 2022, 10:42 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Wer mit der Deutschen Bahn reist, sieht sich nicht selten mit mangelhaftem Wlan, defekter Klimaanlage oder Heizung und sich minütlich aufbauenden Verspätungen konfrontiert. Es sei denn natürlich, man ist eine „hochgestellte Persönlichkeit“. Denn für diese greift scheinbar derzeit noch ein VIP-Service. Unsere Redakteurin gehört leider nicht zu dieser Gruppe –und wundert sich, dass man so einen Service je für eine gute Idee hielt.

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Es fällt oft leicht, über die Deutsche Bahn zu schimpfen. Nicht alles läuft glatt, vieles ist zu teuer, auch ich habe mich schon mehrfach über das Zugunternehmen ausgelassen. Doch wie das immer so ist: Man regt sich nur über die Dinge auf, die einem etwas bedeuten. Umso mehr traf es mich zu erfahren, dass ich der Deutschen Bahn scheinbar als Kundin gar nichts bedeute. Denn vom sogenannten VIP-Service der Deutschen Bahn hatte ich noch nie gehört, geschweige denn konnte ich je seinen Nutzen erfahren.

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Worum geht’s überhaupt?

Wie der „Spiegel“ vor wenigen Tagen exklusiv berichtete, gibt es seit dem 1. Februar 2020 die „Konzernrichtlinie 199.0001, Reisen nach Sondervorschrift, Version 5.0“. Laut internen Dokumenten, die dem „Spiegel“ vorliegen, heißt es dort: „Der VIP-Reiseservice der Deutschen Bahn AG ist exklusiv verantwortlich, dass Reisen mit hochgestellten Persönlichkeiten und öffentlichkeitswirksame Zugfahrten mit den Konzernvorständen besonders präzise geplant und erfolgreich durchgeführt werden.“

Außerdem sollen, so Paragraf 2, Artikel 1, die Züge „in bestem Zustand sein“ und gründlich gereinigt sein. Weiter wolle man, dass für das VIP-Personal die Züge nur „mit funktionierenden technischen Komponenten“ sowie „in korrekter Wagenreihung“ fahren. Aber Moment: Das sind doch gar keine VIP-Leistungen? Das ist doch eigentlich meine Erwartungshaltung beim Kauf eines Zugtickets.

Doch es geht noch weiter. Ihren Premium-Kunden, zu denen neben Promis laut „Spiegel“ vor allem Spitzenpolitiker gehören, sichert die Bahn zu, dass die Züge ohne größere Verspätungen durchkommen. Folge für den Rest der Bevölkerung: Verzögerungen des eigenen Zugs, der im Zweifelfsall auf der Strecke warten muss. Jeder Bahnreisende hat schon die Durchsage gehört: „Wir sind hier zum Halten gekommen, um einem anderen Fernverkehrszug die Vorfahrt zu gewähren.“ Der VIP-Kunde erfährt von solcherlei Misslichkeiten im Zweifelsfall nichts, denn nervige Lautsprecherdurchsagen über ausgefallene oder verspätete Züge werden einfach ausgeschaltet.

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Die Existenz VIP-Service zeigt das Grundproblem der Bahn

Es versteht sich von selbst, dass dieses System so schnell wie möglich abgeschafft werden sollte: Es ist elitär, es ist unfair, es ist den „normalen“, gut zahlenden Kunden gegenüber eine Unverschämtheit. Das Problem ist in diesem Fall so offensichtlich, dass man es mittlerweile sogar bei der Deutschen Bahn selbst erkannt hat. „Sondervorschriften für Prominente sind aus der Zeit gefallen. Das ist schlicht nicht vermittelbar“, sagte Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen und Mitglied im Bahn-Aufsichtsrat. Doch selbst wenn der Service nun abgeschafft wird, bleibt ein fader, wenn nicht sogar fauliger Beigeschmack.

Denn warum hat man überhaupt diesen Service im Februar 2020 eingeführt? Die Antwort: Man wollte „das Image der Deutschen Bahn AG als Verkehrsunternehmen“ stärken. Konkret heißt das: Man will den Leuten, die Macht und/oder eine große Reichweite haben, vorgaukeln, alles liefe super. Damit nachher bloß niemand meckert, wie schlecht die DB doch ist und sagt, was man ändern müsste.

Die Bahn agiert hier wie ein Kind, das sein Zimmer aufräumt, indem es alles immer weiter unter das Bett schiebt und schlechte Noten von der Schule nicht vorlegt, sondern stattdessen die blauen Briefe aus dem Briefkasten klaubt und um den Anrufen der Schulleitung bei den Eltern zu entgehen, die Telefonleitung kappt. Doch wie bei dem Kind ist es auch bei der Deutschen Bahn: Irgendwann fällt die Täuschung auf. Und gelöst sind die Probleme dann noch lange nicht. Deswegen, liebe DB, hier ein Vorschlag: Statt eines Scheinbilds für Promis und Politiker, versucht doch einfach, ALLEN Kunden das Reiseerlebnis zu ermöglichen, für das sie zahlen.

Themen Deutsche Bahn Deutschland
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