5. August 2019, 7:21 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Mancherorts ist Zugfahren nicht nur ein unvergessliches Erlebnis, sondern auch ein echtes Abenteuer. TRAVELBOOK zeigt 11 der weltweit spannendsten, abenteuerlichsten und skurrilsten Bahnstrecken.
Mit einem Zug in schwindelerregenden Höhen über den Wolken fahren, mitten durch ein Wohnhaus rauschen oder im Schritttempo durchs Getümmel eines Wochenmarkts ruckeln – all das ist auf Schienen möglich. Manche Bahnstrecken dieser Welt sind weit mehr als nur ein Transportweg; sie sind selbst das Ziel und lohnen auch weite Reisen.
1. Ecuador: Bahnstrecke an der „Teufelsnase“ („Nariz del Diablo“)
Die Bahnstrecke an der „Teufelsnase“ („Nariz del Diablo“), einem Berg in den ecuadorianischen Anden, ist nichts für Reisende mit schwachen Nerven. Auf dem abenteuerlichen, zwölf Kilometer langen Teilstück von Alausi nach Sibambe mit den fast übereinander liegenden und durch Spitzkehren verbundenen Gleisen dürfen sich die Zugführer beim Vor- und Rückwärtsrangieren und bei ihren Zickzack-Manövern keine Fehler erlauben. Andernfalls droht der Zug den Abhang runterzukrachen. Bei der spektakulären Bahnfahrt mit Panorama-Aussichten und Steigungen bis zu sechs Prozent werden 500 Höhenmeter überwunden.
Bis 2007 war es noch erlaubt, während der Fahrt auf dem Dach des Zuges zu sitzen. Als dabei jedoch zwei japanische Touristen wegen eines herabhängenden Kabels ihr Leben verloren, wurde das Dach für Touristen gesperrt.
Die Bauarbeiten an dem zwölf Kilometer langen Teilstück von Alausi nach Sibambe, das 1902 in Betrieb genommen wurde, kostete einst 2500 aus Jamaika angeworbene Arbeiter das Leben. Der tragischen Geschichte verdankt der Berg seinen heutigen Namen „Nariz del Diablo“ („Teufelsnase“).
2. Thailand: Maeklong Railway
Der Maeklong Railway ist eine beliebte Touristen-Attraktion in Thailand. Die Besonderheit ist, dass die Züge mitten durch einen Markt fahren, einen Finger breit an den Verkaufsständen vorbei. Und das geht so: Wenn sich ein Zug hupend dem Markt nähert, räumen die Händler blitzschnell ihre Waren beiseite und klappen die Sonnenplanen ein, um den Weg für den Zug freizugeben.
Auf dem Maeklong-Railway-Markt werden hauptsächlich Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Fleisch und Meeresfrüchte verkauft. Neben Einheimischen besuchen auch zahlreiche Touristen den Markt, um das Spektakel um die achtmal täglich durchfahrenden Züge hautnah mitzuerleben.
Der Maeklong-Railway-Markt befindet sich gut 80 Kilometer südwestlich von Bangkok. Der Markt kann von Bangkok aus im Rahmen einer organsierten Tour besucht werden oder aber man fährt idealerweise mit dem Zug hindurch.
Von Bangkok gibt es keine direkten Zugverbindungen nach Maeklong. Die Fahrt mit einmal Umsteigen und einer kurzen Fähr-Überfahrt dauert etwa drei Stunden. Los geht’s in West-Bangkok (Thonburi) an der Wongwian Yai Railway Station. Dort den Zug nach Maha Chai nehmen, anschließend mit der Fähre zum anderen Flussufer übersetzen und am Anschlussbahnhof in Baan Laem den Zug nach Samut Songkhram nehmen. Dieser passiert den Schienenmarkt.
3. China: Lhasa Bahn (Tibet Bahn)
Die Lhasa-Bahn, u. a. auch Tibet-Bahn genannt, ist eine Bahnstrecke der Superlative und kann gleich mehrere Weltrekorde für sich verbuchen: Mit einer Höhe bis zu 5072 Metern ist sie nicht nur die höchstgelegene Bahnstrecke der Welt, sondern wartet auch mit dem weltweit höchstgelegenen Bahnhof (Tanggula, 5068 m) und dem höchstgelegenen Tunnel (Fenghuo-Shan-Tunnel, 4905 m) auf.
Reisende, die die 17-stündige Bahnfahrt von Xining (Hauptstadt der chinesischen Provinz Qinghai) über Golmud nach Lhasa, der Hauptstadt Tibets, machen, müssen körperlich und psychisch gesund sein und dies vor der Abreise auch in einem entsprechenden Formular bestätigen. Da bei Höhen von mehr als 5000 Metern, die die Züge stellenweise passieren, die Gefahr der Höhenkrankheit sehr groß ist, wird bereits ab etwa 3000 Metern zusätzlicher Sauerstoff in die Züge geblasen. Im Krankheitsfall hilft an Bord auch medizinisches Personal.
Der Großteil der Bahnstrecke verläuft über Höhen von mehr als 4000 Metern. Aus diesem Grund werden gleich zwei Lokomotiven vor den Zug gespannt. Die Züge bestehen in der Regel aus mehreren Schlaf- und Sitzwagen sowie einem Speise- und Gepäckwagen.
4. China: Chongqing Train
Eine der skurrilsten Metro-Linien der Welt ist die Linie 2 in der chinesischen Millionenstadt Chongqing am Zusammenfluss des Jangtse und Jialing. Die Linie führt nämlich mitten durch ein 19-stöckiges Wohnhaus. Alle paar Minuten rattert ein Zug durchs Apartmenthaus beziehungsweise stoppt an der Haltestelle „Liziba“, die sich im sechsten bis achten Stock des Hauses befindet. Aufgrund von Lärmschutzvorkehrungen soll in den Wohnungen von den Zügen nichts oder kaum etwas zu hören sein, wie Bewohner behaupten.
Wer einmal mit einem Zug durch ein Wohnhaus fahren oder sich einen Eindruck davon verschaffen möchte, wie so etwas aussehen kann, muss allerdings nicht erst nach China reisen. Auch in Berlin steht so ein Haus: an der Dennewitzstraße 2 im Berliner Ortsteil Tiergarten zwischen den U-Bahnhöfen Gleisdreieck und Kurfürstenstraße. Wie in Chongqing fahren auch hier die Züge mitten durchs Haus hindurch.
5. Argentinien: „Zug in die Wolken“ („Tren a los Nubes“)
Mit dem „Tren a las Nubes“ geht es im bergigen Nordwesten Argentiniens hoch hinaus. Höhepunkt der insgesamt 434 Kilometer langen Fahrt, die in der Provinzhauptstadt Salta beginnt und dort auch wieder endet, ist die Überquerung des spektakulären Viadukts La Polvorilla (4188 m). Das Viadukt ist 224 Meter lang und rund 63 Meter hoch.
Für Reisende, die unter der Höhenkrankheit leiden, stehen im Zug Sauerstoffgeräte bereit. Eine Krankenstation befindet sich ebenfalls an Bord.
Auch interessant: Tren a las Nubes – eine der spektakulärsten Zugstrecken der Welt
6. Indien: Chennai-Rameswaram-Eisenbahn
Eine weitere spannende Eisenbahnstrecke befindet sich in Südindien und verbindet die beiden Städte Chennai und Rameswaram. Rameswaram liegt auf der Insel Pamban in der Meerenge zwischen Indien und Sri Lanka. Der abenteuerlichste und wegen der atemberaubenden Aussicht auf das Meer auch der schönste Streckenabschnitt ist das letzte Stück vom Festland über die gut zwei Kilometer lange Pamban-Brücke auf die Insel Pamban.
Bei der Fahrt über die 1914 erbaute Brücke kann sich jedoch insbesondere bei Wind und Wetter schon mal ein mulmiges Gefühl einstellen – und auch die Angst, samt Zug ins Meer geweht zu werden.
Die Bahnstrecke von Chennai nach Rameswaram ist etwas mehr als 650 Kilometer lang. Die Fahrt dauert knapp zwölf Stunden. Alternativ gelangt man auch in weniger als vier Stunden von der südindischen Stadt Madurai nach Rameswaram.
Die Wallfahrtsstadt Rameswaram gilt als einer der heiligsten Orte der Hindus und ist mit ihren alten Tempeln und Schreinen auch Ziel mancher Touristen.
7. Thailand: Todeseisenbahn (Death Railway)
Die Todeseisenbahn, eigentlich Thailand-Burma-Eisenbahn, führt in einen düsteren Teil der Geschichte. Denn der Bau der ursprünglich 415 Kilometer langen Strecke, die während des Zweiten Weltkriegs für kurze Zeit Thailand und Burma (heute Myanmar) verband, kostete je nach Schätzungen mehr als 12.000 japanische Kriegsgefangene (die meisten Australier, Holländer und Briten) und Zehntausende asiatische Arbeiter das Leben. Die meisten von ihnen starben aufgrund der unmenschlichen Arbeitsbedingungen sowie an Malaria und Cholera.
Nur wenige Jahre nach Kriegsende wurde die Todeseisenbahn (Death Railway) geschlossen, später in Teilen aber wieder in Betrieb genommen. Das touristisch interessanteste und auch spektakulärste Stück der heute gut 130 Kilometer langen Strecke von Bangkok nach Nam Tok ist der letzte Abschnitt zwischen Kanchanaburi und Nam Tok. Hier passiert der Zug zunächst die berühmte Brücke am Kwai und anschließend das beeindruckende, hölzerne Wampo-Viadukt mit atemberaubender Aussicht.
8. Peru: Peruanische Zentralbahn (Ferrocarril Central Andino)
Die Peruanische Zentralbahn (Ferrocarril Central Andino) von Lima nach Huancayo passiert Höhen von mehr als 4700 Metern und ist nach der Lhasa-Bahn in China die zweithöchste Bahnstrecke der Welt. Für (höhenerprobte) Peru-Reisende ist die Fahrt durch die imposante Anden-Landschaft mit spektakulären Aussichten ein krönendes Highlight. Daneben gilt die Strecke mit ihren 60 Brücken, mindestens ebenso vielen Tunneln und mehreren Spitzkehren als Meisterwerk der Ingenieurskunst.
Ursprünglich wurde die Bahnstrecke für den Abtransport von Erzen aus den Bergminen angelegt. Seit Jahrzehnten ist mit einigen Unterbrechungen jedoch auch ein Touristenzug im Einsatz. Gewöhnlich verkehrt dieser zweimal monatlich zwischen April und November. Die Fahrt von Lima nach Huancayo (332 Kilometer) dauert mindestens zehn Stunden, wegen Verzögerungen manchmal auch bis zu 14 Stunden.
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9. Myanmar: Gokteik-Viadukt
Zugfahren in Myanmar ist generell nicht nur abenteuerlich, sondern auch ein zeitaufwändiges Vergnügen. Bei der Überfahrt des Gokteik-Viadukts allerdings kommt das Schritttempo den meisten Reisenden sehr zupass. Denn das Viadukt, das zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung im Jahr 1901 das zweitgrößte Eisenbahnviadukt der Welt war und eine Meisterleistung des Brückenbaus ist, gehört zu den beliebtesten Fotomotiven in Myanmar.
Das rund 800 Meter lange und 110 Meter hohe Viadukt überspannt eine bewaldete Schlucht nahe der Ortschaft Nawnhkio (Shan-Staat) und liegt zwischen Pyin U Lwin und Hsipaw an der Bahnstrecke nach Lashio. Von Pyin U Lwin nach Hsipaw dauert die Zugfahrt rund sechs Stunden, von Mandalay zwei Stunden länger.
10. Schweiz: Pilatusbahn
Die Pilatusbahn in der Schweiz gilt als die steilste Zahnradbahn der Welt und windet sich bereits seit 1889 mit bis zu 48 Prozent Steigung den Pilatus (2132 m) hinauf. Die bei Touristen wie auch bei Einheimischen beliebte Fahrt von Alpnachstad nach Pilatus Kulm führt an steilen Felswänden und Alpenwiesen vorbei und dauert circa 30 Minuten. Bei gutem Wetter bieten sich sowohl vom Zug als auch vom Gipfel atemberaubende Panorama-Aussichten auf die umliegenden Berge.
Die Talstation Alpnachstad liegt etwa 14 Kilometer südlich von Luzern und ist von dort über die Autobahnen A2 und A8 zu erreichen.
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11. Schweiz: Gelmerbahn (steilste Standseilbahn)
Mindestens ebenso aufregend wie eine Fahrt mit der Achterbahn ist die Fast-Senkrecht-Fahrt mit der Gelmerbahn im Berner Haslital in der Schweiz. Die Bahn, die ursprünglich für den Transport von Baumaterial gebaut wurde, gilt als die steilste, offene Standseilbahn Europas. Sie fährt von Handegg hinauf zum Gelmersee (1850 m) und überwindet dabei Steigungen bis zu 106 Prozent. Adrenalin-Kick programmiert!
Für geübtere Wanderer lohnt am Ziel eine etwa zweistündige Rundwanderung um den schönen, türkisblauen Gelmersee.