13. April 2023, 11:30 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Selbst passionierten Autofahrern dürfte es bekannt sein, dass Züge in Deutschland oft später als geplant losfahren. Doch gelegentlich gibt es auch den umgekehrten Fall und der Zug fährt eher ab, als auf dem gebuchten Ticket steht. Das geschah kürzlich auch TRAVELBOOK-Redakteurin Larissa Königs. Was die Ursachen für verfrühte Abfahrten bei der Deutschen Bahn sind und welche Rechte man in einem solchen Fall hat: ein Überblick.
Als Vielfahrerin bin ich Elend mit der Deutschen Bahn gewohnt – stundenlange Verspätungen muss ich mindestens einmal pro Quartal ertragen. Insofern bin ich mittlerweile vorsichtig geworden und überprüfe vor Abfahrt stets noch einmal, ob mein Zug auch wirklich pünktlich ist oder ob sich das Gleis geändert hat oder ob es einen Ersatzzug gibt… Die Liste könnte ich noch länger fortsetzen. Doch vergangenen Donnerstag, bei meinem regulären Vor-der-Fahrt-Check, stellte ich verblüffendes fest: Mein Zug sollte nicht zu spät, sondern zu früh fahren. Bitte?!
Mehrmals lud ich mein Handyticket und die Fahrplanauskunft neu und überprüfte die Zeiten – auf meinem gebuchten Ticket stand 18.46 Uhr, die Bahn terminierte die Abfahrt jedoch auf 18.33 Uhr. Ein Unterschied von 15 Minuten, der bei meiner recht kurzen Anreise zum Bahnhof doch recht dramatisch war. Ich entschied mich, kein Risiko einzugehen, packte eilig und raste zum Hauptbahnhof. Und tatsächlich, „pünktlich“ um 18:31 fuhr der ICE nach Köln ein. Dass besagter dann letztlich wegen technischer Pannen doch erst um kurz vor 19 Uhr abfuhr, ist übrigens wieder typisch für die Bahn. Doch während ich nun in meinem ICE, den ich fast verpasst hatte, saß, fragte ich mich: Wie kann es sein, dass mein Zug auf einmal zu früh fährt? Und welche Rechte habe ich dann eigentlich?
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Zug fährt zu früh – das sind Ihre Rechte
Wenn ein Zug früher abfährt als geplant, gibt es dafür in der Regel eine Ursache: Bauarbeiten an der Strecke. Das bestätigt eine Bahn-Mitarbeiterin TRAVELBOOK. „Diese Baustellen sind zwar in der Regel lange im Voraus geplant und in den Auskunftsmedien entsprechend berücksichtigt, aber manchmal ergeben sie sich auch erst im Laufe des Vorbuchungszeitraumes.“ In meinem konkreten Fall war der ICE von einer Baustelle zwischen Hannover und Berlin betroffen, die es vom 28. März bis zum 5. Mai gibt. Da ich mein Ticket aber schon zuvor gebucht hatte, fehlte dort diese Information. Im Normalfall hätte es sich zwar aktualisiert und ich wäre über die Abweichung per Mail oder Push-Nachricht informiert worden – doch bei mir griff keine dieser Optionen. Wie kann das sein? „In Einzelfällen kann es dazu kommen, dass der Reiseplan für das gebuchte Ticket nicht aktualisiert wird“, so die DB-Sprecherin. Man arbeite aktuell an der Behebung dieses technischen Fehlers.
Derweil könnte auch für andere Fahrgäste interessant sein, welche Rechte man hat, wenn ein Zug früher abfährt als geplant. Denn die können sich sogar als recht nützlich erweisen. Denn: Wenn der Zug früher abfährt als geplant, ist in jedem Fall die Zugbindung aufgehoben. Das heißt, Sie können jeden beliebigen Zug an dem Tag nehmen. Wer mag, kann also schon statt am Abend am Mittag oder sogar morgens fahren. Tritt das Gegenteil ein, und man nimmt einen deutlich späteren Zug, kann man eine entsprechende Entschädigung geltend machen. Das sind regulär bei Verspätung am Zielbahnhof von 60 Minuten 25 Prozent des gezahlten Fahrpreises und ab 120 Minuten Verspätung 50 Prozent. Und wer nun gar nicht mehr reisen möchte, kann komplett von der Reise zurückzutreten und sich den vollen Fahrpreis erstatten lassen.
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Die Grenzen der Erstattung
Von dieser großzügigen Regelung sind auch jene Verbindungen betroffen, bei denen ein Regionalzug zu früh abfährt und dadurch der ICE verpasst wird – unter der Voraussetzung, dass beide Strecken in einem Ticket gebucht wurden. Wer etwa ein Ticket von Potsdam nach Hamburg bucht und dabei mit dem Regio nach Berlin und dann weiter mit dem ICE fahren würde, hätte im Fall eines zu früh fahrenden und deshalb verpassten Regionalexpresses Anspruch auf die oben beschriebenen Rechte. Fährt man hingegen mit einem Abo, etwa dem Deutschlandticket, von Potsdam nach Berlin, handelt es sich nicht mehr um eine zusammenhängende Reisekette. Der Anspruch auf den möglicherweise verpassten ICE erlischt.
Auch wer glaubt, bei einem zu früh abfahrenden ICE schnell mit dem Taxi zum Bahnhof fahren zu können und sich diese Kosten ersetzen zu lassen, irrt. Denn „die fahrgastrechtlichen Regelungen gelten ausschließlich für Entschädigungen im Bereich der Eisenbahnverkehrsleistungen“, so die DB-Sprecherin. Das heißt konkret: Kosten für Taxis, Uber, Roller, Mieträder oder alternative Fortbewegungsmittel werden nicht erstattet. Gut, dass ich in meinem Fall tatsächlich nur gerannt bin. Denn das ist immerhin kostenlos.